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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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hingen Drucke von Thoraks Skulpturen. Herkulische G e stalten mit gargantuanischen Torsi rollten zur Feier des Baus der Autobahnen Felsen steile Hänge empor; Walk ü ren bekämpften die drei Dämonen Dummheit, Bolsch e wismus und Slawentum. Die ungeheuren Ausmaße der Thorakschen Statuen boten Anlaß zu geflüsterten Witzen. »Thorax« nannte man ihn: »Der Herr Professor empfängt heute keine Besucherer arbeitet im linken Ohr des Pfe r des.« Nebes Adjutant Otto Beck, ein glattgesichtiger A b solvent von Heidelberg und Oxford, blickte auf, als März ins Vorzimmer kam. März sagte: »Ich muß den Obers t gruppenführer sprechen.« »Er empfängt niemanden.« »Mich wird er empfangen.« »Wird er nicht«
    März lehnte sich vornüber, sehr nahe an Becks Gesicht heran, die Fäuste auf dem Schreibtisch. »Fragen Sie.« Hi n ter sich hörte er Nebes Sekretärin fragen: »Soll ich die W a che rufen?«
    »Einen Augenblick, Ingrid.« Unter den Absolventen der SS-Akademie in Oxford galt es als schick, sich englischer Kühle zu befleißigen. Beck schnipste sich ein unsichtbares Stäubchen vom Ärmel seiner Uniformjacke. »Und wie he i ßen Sie?« »März.«
    »Aha. Der berühmte März ist gekommen, Beck nahm den Hörer ab. »Sturmbannführer März bittet darum, Sie zu sprechen, Herr Oberstgruppenführer.« Er sah März an und nickte. »In Ordrung.«
    Beck drückte auf einen unter dem Schreibtisch verbo r genen Knopf, der die elektronischen Riegel löste. »Fünf Minuten, März. Er hat eine Verabredung mit dem Reich s führer.«
    Die Tür zum inneren Büro bestand aus massiver Eiche, sechs Zentimeter dick. Im Inneren waren die Jalousien g e gen das Tageslicht fest geschlossen. Nebe krümmte sich über seinen Schreibtisch in eine Pfütze gelben Lichtes und studierte durch ein Vergrößerungsglas eine getippte Liste. Er wandte seinem Besucher ein großes und verschwomm e nes Fischauge zu. »Und was haben wir hier ... « Er senkte das Glas. »Sturmbannführer März. Mit leeren Händen, nehme ich an?« »Leider ja.«
    Nebe nickte. »Ich habe vom diensthabenden Büro erfa h ren, daß die Polizeistationen des Reichs schon jetzt bis zum Platzen mit ältlichen Bettlern gefüllt sind, mit alten Sä u fern, die ihre Papiere verloren haben, mit ausgerissenen Insassen von Altersheimen ... Genug, um Globus bis Weihnachten auf Trab zu halten, Er lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Wie ich Luther kenne, ist er viel zu geri s sen, um sich jetzt schon zu zeigen. Er wird noch ein paar Tage abwarten. Darauf werden Sie Ihre Hoffnung gesetzt haben.« »Ich möchte um eine Vergünstigung bitten« »Fa h ren Sie fort.« »Ich möchte das Land verlassen«
    Nebe stieß ein Lachen aus. Er trommelte mit beiden Händen auf den Schreibtisch.- Ihre Akte ist ganz schön umfangreich, März, aber nirgendwo wird da Ihr Sinn für Humor erwähnt. Ausgezeichnet! Wer weiß? Vielleicht werden Sie doch noch überleben. Irgendein KZ-Kommandant könnte Sie als sein Spielzeug adopti e ren.« »Ich möchte in die Schweiz fahren.« »Aber gewiß doch. Die Landschaft ist aufregend.«
    »Ich habe einen Anruf von der Lufthansa erhalten. L u ther ist am Sonntag nachmittag nach Zürich geflogen und mit dem letzten Flug Montag abend nach Berlin zurückg e kommen. Ich glaube, er hat Zugang zu einem Nummer n konto.« Nebes Gelächter war auf ein gelegentliches Schnauben geschrumpft. »Beweise?«
    März legte den Umschlag auf Nebes Schreibtisch. »Ich habe gestern abend das hier aus Stuckarts Wohnung mitg e nommen.« Nebe öffnete ihn und untersuchte den Brief durch sein Vergrößerungsglas. Er blickte auf. »Gibt es d a zu nicht auch einen Schlüssel?« März starrte auf die G e mälde hinter Nebes Kopf - von Schmutzler Bauernmä d chen kehren vom Feld heim, von Padua Der Führer spricht - scheußlicher orthodoxer Mist.
    »Aha. Ich verstehe« Nebe lehnte sich wieder zurück und strich sich mit dem Glas über die Wange. »Wenn ich Ihnen nicht gestatte zu fliegen, bekomme ich den Schlüssel nicht. Ich könnte Sie natürlich der Gestapo übergeben, und die könnten Sie überreden, den Schlüssel auszuspucken - ve r mutlich ziemlich schnell. Aber dann würden Globus und Heydrich vor mir vom Inhalt des Schließfachs erfahren.«
    Er schwieg eine Weile. Dann zog er sich auf die Füße und hinkte zu den Jalousien. Er öffnete die Schlitze einen Bruchteil und blickte hinaus. März konnte sehen, wie sich seine Augen langsam von einer Seite zur anderen bewe g ten.
    Schließlich sagte

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