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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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doch das ist schwierig wenn man die stumpfe Waffe ist die bei jedem Krieg zu Hause geblieben ist. Hoffe, ich werde dieselben Probleme nicht auch in der Zukunft haben, kann mir nichts Schlimmeres vorstellen. (Nicht dass ich irgendwas gegen Probleme hätte, das nicht - werd sie auch lebenslang haben - es sollen nur nicht immer dieselben sein. Hoffe dass jedes Jahr neues schreckliches Leid für mich bereithält.) Ich glaube, die frühen Zwanziger sind das Alter, in dem sich Verhaltensmuster einschleichen, die einem das Leben kaputt machen werden.
     
     
    Ein Donnerstag
    Wenn man von flüchtigen Verbindungen spricht nun haben sich Lust & Einsamkeit auf so unerträgliche quälende Weise verbunden dass mein Körper wie meine Seele danach schreit berührt zu werden um mich herum sind zahllose perfekt geformte & makellose Paare die aussehen als wollten sie eine neue unerträgliche Rasse von Exsoapstars begründen irgendwo muss doch auch jemand für mich sein.
     
    2 Uhr 30 - Mitte der Woche?
    Wie jeder Tag - dasselbe Cafe anderes Buch. Ich spreche mit niemandem und richte meine Augen auf seltsame Punkte wenn ich meinen Kaffee bestelle aber sie kennen mein Gesicht hier. Die Stammgäste rauchen alles was brennbar ist & der Kellner fragt dich was du trinken willst als wärst du sein alter Peiniger aus Schulzeiten aber er ist sich nicht sicher & ich sitze an einem kleinen Tisch neben dem Heizkörper ich denke da sitz ich wieder und wünschte unsichtbar zu sein werde aber wild wenn man mich ignoriert.
    Durch das große Fenster betrachte ich das Leben. Was für ein Gewimmel von Zweifüßern! Australien - Zweifüßer feiern eine Party! Paris - Zweifüßer in Rollkragenpullovern. Pessoa nannte Menschheit »veränderbar aber nicht verbesserbar« - eine bessere Beschreibung lässt sich kaum finden. Der Kellner kommt mit der Rechnung. Streite m. ihm & ziehe schnell den Kürzeren. Kein Wunder dass die wichtigsten Existenzialisten Franzosen waren. Es ist normal Entsetzen vor der Existenz zu empfinden wenn man vier Dollars für einen Kaffee zahlen muss.
     
     
    Undatiert
    Ich stelle mir vor, dass Gott einen am Tag des Jüngsten Gerichts in einen kleinen weißen Raum m. einem unbequemen Stuhl bittet auf dem man sitzen muss & sich Splitter einzieht wenn man ängstlich hin- und herrutscht. Er kommt grinsend herein wie ein Zugschaffner der weiß dass du keinen Fahrschein hast & sagt Mir ist egal ob du Gutes getan hast oder Böses & mir ist egal ob du an mich oder meinen Sohn oder irgendein anderes Mitglied meiner Großfamilie geglaubt hast & mir ist egal ob du den Armen großzügig gespendet hast oder knauserig mit geballten Fäusten aber hier ist eine minutiöse Aufstellung deiner Taten auf Erden. Dann zieht er einen zehntausend Kilometer langen Streifen Papier hervor & sagt Lies das & rechtfertige dich. Meiner läse sich so:
    14- Juni
    9.00    aufgewacht
    9.01    im Bett gelegen, an Decke gestarrt
    9.02    im Bett gelegen, an Decke gestarrt
    9.03    im Bett gelegen, an Decke gestarrt
    9.04    im Bett gelegen, an Decke gestarrt
    9.05    im Bett gelegen, an Decke gestarrt
     
    Daraufhin würde Gott sagen das Leben ist ein Geschenk & du hast dir nicht mal die Mühe gemacht es auszupacken. Dann würde er mich strafen.
     
     
    Silvester
    Dass ganz Paris das die Tage bis Weihnachten gezählt hat nun aufs neue Jahr runterzählt beweist nicht nur dass wir von der Zeit besessener sind denn je sondern auch dass wir nicht aufhören können zu zählen. Entsprechend unserer Wahrnehmung schreitet die Zeit voran doch die Wissenschaftler sagen uns dass wir da falsch falsch falschliegen sie sagen sogar dass wir so falschliegen dass sie sich ein wenig für uns schämen.
    Es ist Silvester & ich habe nichts zu tun niemanden den ich berühren kann & niemanden zum Küssen.
     
     
    1. Januar
    Was für eine Nacht! Falls jemand plötzlich heftige Erdstöße spüren sollte - ich habe sie ausgelöst, weil ich endlich in die wohlriechende, behaarte Tasche des anderen Geschlechts reingerutscht bin. Nun ist es amtlich - ich habe Unzucht begangen!
    Saß auf dem Friedhof Montmartre gegenüber von Nijinskys Grab auf Bank & machte Liste mit Entschlüssen. Der übliche Unsinn Rauchen aufhören & glücklich sein mit dem was man hat & anderen geben aber wem - Bettlern ja Bittstellern nein? & nicht kuschen nicht mal vor sich selbst & Wein pissen & Gold scheißen blablabla. Banale Liste mit Versprechen an mich selbst summierte sich auf genau fünfzig & als

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