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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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noch nie meine starke Seite, meine Ehre zu verteidigen. Ich persönlich weiß gar nicht, wie jemand das Wort »Ehre« aussprechen und dabei ernst bleiben kann. Ich frage Sie: Was ist der Unterschied zwischen »befleckter Ehre« und »angeknackstem Ego«? Glaubt irgendwer wirklich noch an diesen Scheiß? Nein, ich wollte mich einfach rächen, weil die Medien wiederholt mein Ego verletzt hatten, und mein Es und mein Über-Ich dazu, den ganzen Verein. Und ich würde es ihnen so richtig zeigen.
    Ich lieh mir Geld von Caroline und behauptete, es sei für die Verfahrenskosten. Dann rief ich einen Privatdetektiv namens Andrew Smith an. Er arbeitete von zu Hause aus, wo er mit Frau und Pudel lebte, und sah aus wie ein Buchhalter, nicht wie ein Privatermittler. Tatsächlich wirkte er so, als würde er privat überhaupt nichts tun. Als ich in seinem Büro Platz nahm und Kapuze und Sonnenbrille absetzte, fragte er mich, was er für mich tun könne. Ich legte ihm alles dar. Als waschechter Profi dachte er nicht daran, mich meines böswilligen, hasserfüllten kleinen Plans wegen zu verurteilen. Er hörte schweigend zu, schenkte mir am Schluss ein schmallippiges kurzes Grinsen, bei dem sich nur ein Mundwinkel hob, und sagte: »Ich leg sofort los.«
     
    Nur zwei Wochen später stand Andrew Smith mit seinem Quasilächeln vor mir. Er war seine Mission so gründlich angegangen, wie ich erhofft hatte - er hatte, ich weiß nicht wie viele, Persönlichkeitsrechte verletzt und präsentierte mir nun ein Dossier. Während er seinen Hund fütterte, ging ich kichernd, prustend und den Mund vor Verblüffung weit offen die Unterlagen durch. Es war ein unglaubliches Dossier, und hätte ich nicht andere Pläne damit gehabt, hätte ich es als Roman veröffentlichen können und wäre damit auf der Bestsellerliste gelandet. Nun musste ich mir nur noch alles einprägen.
    Und dann machte ich mich an das einzig Hässliche, das ich je getan habe.
    Die live übertragene Pressekonferenz fand ohne vernünftigen Grund auf der Eingangstreppe des Opernhauses statt. Der Gestank des Hafens mischte sich mit dem des Medienabschaums in der kalten Morgenluft. Sämtliche Reporter, Nachrichtensprecher, sensationsgeile Radiomoderatoren und andere Medienschweine aus Sydney hatten sich eingefunden, und wir alle standen dort wie die Zwerge im Schatten der bizarren Geometrie dieser Architekturikone. Diese Wiedervereinigung, die hatte schon was. Ich und die Medien, wie ein geschiedenes Ehepaar, das sich bei der Beerdigung seines einzigen Kindes zum ersten Mal seit Jahren wiedersieht.
    Kaum war ich großspurig aufs Podium stolziert, schossen sie ihre Suggestivfragen ab, als verteidigten sie ein hehres Ideal. Ich fuhr ihnen über den Mund.
    »Hermaphroditen der Presse. Ich habe ein kurzes Statement vorbereitet: Ihr würdet Anstand nicht einmal erkennen, wenn er herkäme und euch ins Gesicht scheißen würde. Das war's. Ich sagte ja, es sei kurz. Aber ich bin nicht hier, um euch darüber aufzuklären, warum ihr nur noch Parodien eurer einstigen Größe seid, ich bin hier, um eure Fragen zu beantworten. Und da ich weiß, dass ihr dazu neigt, eure Fragen alle gleichzeitig abzufeuern, ohne Rücksicht auf jene Kollegen, die vielleicht leisere, zartere Stimmen haben, werde ich jeden von euch persönlich ansprechen, und jeder kann seine Fragen stellen, einer nach dem anderen.«
    Ich winkte dem Journalisten zu, der direkt neben mir stand. »Ah, Mr. Hardy, ich freue mich, dass Sie hier sind und nicht wie dienstags, donnerstags und samstags in der Therapie gegen Ihre Spielsucht. Wie lautet Ihre Frage? Keine? Keine Frage?«
    Die Medienfritzen schauten einander verwirrt an.
    »Na schön. Wie steht es mit Ihnen, Mr. Hackerman? Ich hoffe, Sie sind nicht zu müde - immerhin muss ein Mann mit Ehefrau und zwei Geliebten viel Energie haben. Eileen Bailey, die vierundzwanzigjährige Journalistikstudentin, und Ihre andere Geliebte, June, die Schwester Ihrer Frau, nehmen Sie wohl nicht so sehr in Anspruch, wie man meinen sollte.
    Was ist denn los? Wo bleiben die Fragen? Was ist mit Ihnen, Mr. Loader? Ich hoffe, Sie hauen mir Ihre Frage nicht so brutal um die Ohren, wie Sie Ihre Frau verprügeln - fünf Vorfälle, einmal mit Einschreiten der Polizei. Hat Ihre Frau die Anzeigen widerrufen, weil sie Sie liebt oder weil sie Angst vor Ihnen hat? Wie dem auch sei, was möchten Sie wissen? Nichts?«
    Ich war unnachsichtig. Ich zog vom Leder. Gleich welche Katze in welchem Sack, ich ließ sie alle

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