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Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Titel: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Zöller
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du dazu nicht?«
    »Ach Papa, das ist ganz harmlos.«
    »Ich finde, Paula hat es verdient.« Mama zwinkert mir zu. »Meinst du nicht auch, Erich?«
    »Na ja. Gegen diesen Werner ist nun wirklich nichts einzuwenden. Aber ich bestehe darauf, dass er dich nach dem Kino sofort nach Hause bringt.« Papa faltet die Zeitung zusammen. »Ich habe sowieso noch ein Wörtchen mit ihm zu reden. Wann soll es denn losgehen?«
    »Morgen. Wir gehen in
Auf Wiedersehen, Franziska

    Hans prustet los: »Ausgerechnet. Das ist doch bestimmt eine Schnulze. Werner muss dich ja richtig gernhaben.«
    Papa klatscht seine gefaltete Zeitung Hans um die Ohren. Dabei schmunzelt er. »Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich gern habe, wenn du heute den Garten in der Sonnenstraße herrichtest, damit dort jemand einziehen kann. Kinnebrock erwartet dich, mein Sohn.« Hans geht in Deckung, taucht ab wie ein Boxer und lacht.
     
    Wir verbringen den Vormittag damit, unser Haus einzuräumen. Papa hat jetzt ein großes Arbeitszimmer, und sein wuchtiger Schreibtisch hat einen Platz vor der hohen Bücherwand. Auf der blankpolierten Tischplatte stehen ein Telefon und die Tischleuchte mit dem grünen Schirm. Von der Straße dringt Sonnenlicht herein und wirft den Schatten einer großblättrigen Zimmerpflanze über die dunklen Eichenmöbel, die Tapeten und Teppiche. In einer Ecke am Fenster stehen zwei bequeme Sessel an einem Schachtisch. Der Raum ist ruhig, warm und eindrucksvoll. Papa steht auf der Leiter und mustert die vielen fremden Bücher.
    Eine Schiebetür trennt den Raum vom Wohnzimmer. Mama räumt ihr gutes Porzellan in eine Glasvitrine, während ich den Flügel poliere. Stolz betrachtet sie die Tapeten des Salons, wie sie das Wohnzimmer jetzt nennt. Sie sind aus feinstem Stoff und tragen ein bordeauxfarbenes Rosenmuster auf beige-goldenem Untergrund. Wir sind jetzt vornehm!
    Dann darf ich endlich meine Kisten auspacken. Gertrud ist gekommen und hilft mir. Durch das geöffnete Fenster weht der modrige Geruch verbrannter Blätter. Die Luft ist lau. Ausgelassene Stimmen dringen in mein Zimmer. Wenn ich mich weit genug hinauslehne und nach rechts schaue, kann ich hinter einer Häuserecke den Feuerlöschteich erahnen. Über der Promenade wölbt sich dort eine wuchtige Baumkrone. Ich bilde mir ein, dass das der Baum mit unserm Geheimbriefkasten ist.
    Im ganzen Haus rumort es. Kisten werden geschoben und Möbel umgestellt. Frauen aus unserer Nachbarschaft in der Sonnenstraße sind gekommen und helfen Mama, Gardinen aufzuhängen, Tischwäsche zu stapeln, Handtücher zu falten. Aufgeregte Stimmen schwirren durchs Haus.
Herrlich, diese Stuckdecken. Großartig, diese Aussicht. Und die Tapeten sind ja ein Gedicht!
    Frau Weber, Gertruds Mutter, ist eine Spur aufgeregter als die anderen Nachbarinnen. Zwischen duftendem Bohnenkaffee und Sekt erzählt Mama mir, dass die Webers in unser Häuschen an der Sonnenstraße einziehen werden. Mein Vater hat das so eingefädelt. Gertrud soll jetzt mein früheres Zimmer bekommen. Gertruds Vater ist in Polen in einem Polizeibataillon in der Nähe von Warschau. Als Gertrud mit ihrer Familie im Sommer ausgebombt wurde, hatte ihr Vater Urlaub, Fronturlaub. Ich fand ihn recht gut gelaunt für einen Mann, der aus dem Krieg kam und jetzt in den Trümmern seines Hauses nach letzten Habseligkeiten suchen musste.
    Mein Vater half ihm damals, und dann saßen sie in der Küche und tranken Bier aus der Flasche. Sie unterhielten sich leise. Hans verscheuchten sie mehr als einmal. Sie wollten keine neugierigen Zuhörer. Auf mich machten sie den Eindruck von Männern, die etwas von ihrer Arbeit verstehen. Worte fielen: »Maßnahmen«, »Aktionen«, »Sonderbehandlung«. Papa sprach von der Schwere der Aufgabe, die die Männer in Polen zu erfüllen hätten. Und er sagte, dass man den Kameraden den Rücken freihalten müsse. Die beiden verstanden sich. Das sah ich sofort. Herr Weber rauchte. Seine linke Hand spielte mit dem Bügelverschluss der Bierflasche.
Pinkus Mueller
stand auf dem Etikett.
    Schreiner Heitkamp hat heute einen Helfer mitgebracht. Es ist ein französischer Kriegsgefangener, der, so sagt Herr Heitkamp mit einem gewissen Stolz in der Stimme, ein wahrer Künstler in seinem Fach sei. Sie bauen Regale in unseren Keller. Herr Kinnebrock und Papa laden die letzten Kisten vom Laster. Herr Kinnebrock ist jetzt auch bei der Polizei. Sie haben eine Kompanie zusammengestellt, die ausschließlich aus Gastwirten und Weltkriegsveteranen

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