Vaters böser Schatten
eine Absage erteilen.“
Das Thema wurde zwar nicht mehr angesprochen, doch Ryan spürte deutlich, dass seine Mutter extrem unzufrieden mit seiner Entscheidung war. Wie konnte ihr Sohn sich diese Chance entgehen lassen?
Ryan war irgendwann nur noch genervt. Eileen sagte nichts mehr, doch seine Lehrer konnten und wollten anscheinend seine Entscheidung so nicht hinnehmen.
Mrs. Beader redete mit Engelszungen auf ihn ein, bis ihm beinahe der Kragen platzte.
„Ich will da nicht hin. Ich scheiße auf Harvard!“, knurrte er tief.
„Ryan, los, komm mit!“ Rick lachte leise und zog Ryan aus dem Raum, denn Mrs. Beader war kreidebleich geworden. „Jetzt hast du ihr Weltbild zerstört.“
„Ist mir doch egal. Sag mal, rede ich so undeutlich? Ich will da nicht hin. Warum versteht das keiner?“
„Naja, du bist ein Streber“, gab Rick lapidar zurück. „Dir würde Harvard vermutlich genauso in den Schoß fallen, wie das hier. Sie sehen ein unglaubliches Talent davonschwimmen und Lehrer können das nicht, das ist gegen ihre Natur.“
Leise lachte Ryan und musterte dann Rick. „Was ist mit dir?“
„Ich geh nach Florida. Ich hab zwar noch keinen Plan, was ich studieren will, aber Dakota ist da, also was soll ich woanders?“
„Ist doch meine Rede. Halt die Kleine fest, ihr passt gut zusammen.“
„Was ist mit Michelle?“ Rick war bei den Fahrrädern stehen geblieben und musterte Ryan neugierig.
Der seufzte leise. „Sie geht nach Atlanta. Das ist … unglaublich. Einmal quer durch die Staaten.“ Er schaute zu Boden und stieß mit dem Fuß immer wieder gegen das Metall des Fahrradständers.
„Ryan, ihr zwei habt eine so tiefe und enge Freundschaft, das kann euch nichts anhaben. Vertrau drauf.“
Vertrauen … ja, Ryan vertraute auch darauf. Traurig machte ihn das dennoch.
In der letzten Stunde bekamen sie die Unterlagen für ihr Semesterpraktikum, welches in zwei Wochen starten sollte.
„Das Praktikum dauert zwei Wochen. Überlegen Sie sich, wo Sie es absolvieren wollen. Vielleicht hat ja der eine oder andere die Möglichkeit, in seinen zukünftigen Beruf hinein zu schnuppern.“
Auf dem Heimweg grinste Leon. „Sag mal, kann ich gleich mal einen Termin beim Chef bekommen?“
Verwirrt blinzelte Ryan. „Bitte?“
„Naja, ich möchte mein Praktikum auf dem Hof machen. Das ist doch lustig. Füllst du dann meine Beurteilung aus?“
Kaum hatte Ryan geparkt, drehte er sich zu Leon um. „Das wäre keine gute Idee. Zum einen bin ich vermutlich der letzte, der objektiv schreiben kann und zum anderen, ich würde da ganz andere Dinge bewerten … deine Reitkunst zum Beispiel.“ Er biss seinem Freund frech in den Hals.
„Oh ja, reiten kann ich gut, was?“ Leon dachte an den vorletzten Abend zurück, wo er auf Ryan einen Ritt der Extraklasse hingelegt hatte – einmal Hölle und zurück. „Hm … naja, dann eben Eileen oder Julius. Aber im Ernst, ich würde es gern hier machen.“
„Na, ich denke, das lässt sich einrichten. Ich teile dich einfach jemandem zu.“ Sie stiegen aus, und Ryan schlenderte zum Anbinder, wo Snoopy gerade an einer Möhre aus Jareds Hand fraß. „Eine Woche Julius und eine Woche Toby … oder so.“
„Ja, find ich gut. Hey, mein Süßer.“ Leon setzte sich auf das Geländer.
Für Leon ließ Snoopy alles stehen und liegen - sogar die Möhre. Er kam sofort zu ihm und legte seinen Kopf auf Leons Beine. „Wie geht es dir, hm?“
Ryan betrachtete diese Tierliebe mit wahnsinnig viel Stolz. Leon war der perfekte Besitzer für das Pferd.
„Was ist mit mir?“ Toby hatte seinen Namen gehört und schaute abwechselnd zwischen dem Boss und dessen Freund hin und her.
„Leon macht sein Schulpraktikum hier. Eine Woche bei Julius und eine Woche bei dir. Das heißt, er weicht euch nicht von der Pelle, und ihr seid für ihn zuständig. Ich denke, Mum wird dann seine Beurteilung schreiben, mit euch zusammen.“
„Alles klar. Hey, das wird lustig, Leon.“ Toby strahlte regelrecht.
„Okay, ich hab nen Platz. Und was ist mit dir?“
Ryan grinste fröhlich, schnappte sich sein Handy und wählte eine Nummer, sah Leon herausfordernd an. „Hey, ich bin’s. Ist deine Mum zu Hause? … Oh fein, gib sie mir mal … Hey, du sag mal, wir groß ist meine Chance, mein Schulpraktikum bei dir zu machen? … Klar bin ich fleißig und charmant … Und pünktlich und alles, was du willst … Ja? Super, ich danke dir.“ Ryan legte auf und kicherte.
„Mit wem, zum Teufel, hast du
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