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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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Ihres hatte eine vollkommen andere Beschaffenheit als meines. Es besaß den satten Ton eines Weizenfelds im Sommer und fiel ihr in leichten Locken bis zur Taille. Ich kämmte ihr Haar, flocht es zu einem Zopf und freute mich daran, wie hübsch sie war. Lisette plapperte wie schon in der Gaststube munter forthin. Wie froh sie sei, dass sie dem alten Mann entgangen war. Dass sie nur den heiraten wolle, den sie auch liebte. Dass sie das Leben lang mit mir zusammenbleiben wolle. Ob Salvador wohl jüngere Brüder hätte, die als Heiratskandidaten infrage kämen und noch manches kindliche Geschwätz. Als sie mir das Haar hätte kämmen sollen, gähnte sie ausgiebig, ließ sich aufs Bett sinken und war im nächsten Augenblick eingeschlafen. Zunächst blickte ich entgeistert auf sie hinab, dann musste ich lachen, nahm ihr den Kamm aus der Hand und fing den Kampf mit meiner widerspenstigen Haarpracht an.
    Es klopfte leise. Auf meinen Zuruf trat Salvador ins Zimmer, um zu fragen, ob er uns noch etwas bringen könne. Als er mich im Kampf mit meinen Haaren sah, kam er auf mich zu und nahm mir den Kamm ab. Wie selbstverständlich fuhr er mit ruhigen Bewegungen durch meinen Schopf. Wohlige Schauder rannen mir den Rücken hinab. Mein Haar, dunkel und dick wie das eines Pferdes, war eine Herausforderung. Er gewann den Kampf mit meinen Haaren und ich flocht mir einen Zopf. Doch er blieb hinter mir sitzen und küsste mich auf die Schulter, die durch das Hantieren entblößt war. Ich drehte mich zu ihm um und wir küssten uns das erste Mal wirklich. Der Himmel möge uns verzeihen, dass wir unsere Ehe bereits in dieser Nacht vollzogen, aber wir waren uns sicher, dass wir in ein paar Tagen mit Gottes Segen verheiratet wären.
     
    *
     
    Pater Comitti lächelte. Er hätte den beiden verziehen. Als er aufsah, erkannte er, dass es seinem Gegenüber nicht anders ging.
    »Schade, dass ihr Glück nicht von Dauer sein wird«, sagte Arconoskij und erwiderte das Lächeln.
    »Meinen Sie? Ich habe ein gutes Gefühl. Salvador hat viel auf sich genommen, um die Mädchen zu retten. Diese Lucienne scheint eine außergewöhnliche Person zu sein. Allein, wie sie sich um ihre Schwester sorgt, ist geradezu rührend.«
    »Das meine ich doch gar nicht. Selbstverständlich sind diese Personen alle außerordentlich rührend.« Leiser Sarkasmus schwang in Arconoskijs Stimme. »Kennen Sie das Spiel Mensch ärgere dich nicht ?«
    Comitti runzelte die Stirn. »Natürlich kenne ich das, nur verstehe ich Ihre Frage nicht. Was hat dieses Spiel mit der Geschichte zu tun?« Er schüttelte ungehalten den Kopf und streckte den Arm nach seinem Weinglas aus. Nach einem ordentlichen Schluck beachtete er den Sicherheitschef nicht weiter, der ihn mit seinen, wie er meinte, unqualifizierten Reden aus dem Konzept zu bringen versuchte. Er rückte seine Lesebrille zurecht und las weiter.
     
    *
     
    Nachdem Salvador gegangen war, lag ich noch lange wach und träumte vor mich hin. Ich wollte mindestens zehn Kinder und ein Leben lang mit ihm zusammenbleiben, ihn lieben und ehren. Unsere Hochzeit malte ich mir aus – welches Kleid und welche Frisur ich trüge. Ich versuchte, mir Salvadors Vater vorzustellen, und kam zu dem Schluss, dass er ein guter Mensch sein musste. Für Lisette wünschte ich mir gleichaltrige Mädchen, mit denen sie spielen konnte. Ich durchlebte Salvadors Berührungen erneut und schlief mit einem Lächeln ein.
    Am Morgen trafen wir uns in der Gaststube. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich Salvador erblickte. Er begrüßte eine jede von uns mit einem Kuss und geleitete uns an einen gedeckten Tisch. Dabei richtete er es so ein, dass ich neben ihm saß. Ich genoss seine heimlichen Berührungen unter dem Tisch mehr als den würzigen Wein oder das ofenwarme Brot. Wir aßen schweigend. Lisette träumte morgens immer und wir erfreuten uns an unserer Nähe und hingen unseren Gedanken nach.
    »Ich werde allein weiterreiten«, sagte Salvador in die Stille. Mir fiel fast der Becher aus der Hand.
    »Ich hole euch mit ein paar Männern und einer Kutsche ab«, sagte er schnell, als er das Erschrecken am Tisch merkte. Ich öffnete den Mund und wollte widersprechen, doch er ließ mich nicht zu Wort kommen. Seine Hand umfasste die meine und drückte sie leicht. Er lächelte uns aufmunternd an. »Die Wirtsleute haben nur ein Pferd. Allein bin ich schneller. Schneller bei meinem Vater und schneller wieder bei euch. Ihr bleibt hier und erholt euch.« Salvador suchte

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