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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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Lisettes Blick. »Ich finde, Lucienne sieht heute Morgen müde aus. Was meinst du?« Er versuchte, das Thema zu wechseln.
    »Mir träumte, ein herzloses Monster hätte mich vom Schlaf abgehalten«, sagte ich blitzschnell. Salvador verschluckte sich. »Herzlos?« Er schüttelte den Kopf und grinste. Dann wurde er wieder ernst. »Es ist besser so. Ich reite wie der Wind und komme mit Verstärkung zurück. Es ist zu gefährlich allein auf offener Straße.«
    »Wir könnten nachts reiten«, schlug Lisette vor, die merkte, wie wenig mir der Gedanke gefiel.
    »Nachts ist es zu gefährlich. Außer auf euren Vater könnten wir auf Wegelagerer oder sonstige Halunken treffen.«
    Mir waren die Tränen in die Augen gestiegen. Seine Erklärung ergab Sinn, zugegeben. Doch dass ich mich von ihm trennen sollte, ergab für mich keinen Sinn.
    »Sei vernünftig, Lucienne. Es dauert zwei Tage, höchstens drei, dann bin ich wieder da. Dann trennen wir uns nie wieder.«
    Ich schluckte meine Tränen hinunter und nickte ihm zu. Ich hatte verstanden und schwieg. Die gute Laune, die eben noch am Tisch geherrscht hatte, war verflogen.
     
    Bald nach dem Gespräch ritt Salvador ab. Zuvor nahm er mich fest in den Arm und küsste mich. Der neugierige Blick von Lisette war mir egal und ich erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Dann schlang ich ihm meinen Lieblingsschal, von dem ich mich noch nie getrennt hatte, um den Hals. Er sollte ihm Glück bringen.
    Mit betrübten Mienen setzten wir uns in die Gaststube. Die Wirtsleute kümmerten sich um uns, als ob wir ihre eigenen Töchter wären. Die Wirtin stellte uns süße Köstlichkeiten auf den Tisch, um uns zu trösten. Leider gestaltete sich die Unterhaltung einseitig. Sie redeten auf uns ein, aber wir verstanden kaum etwas. Wenn wir etwas verstanden, antworteten wir in Zeichensprache. Lisette machte das so viel Spaß, dass sie wie ein Äffchen am Tisch herumturnte und mich zum Lachen brachte. Die Pause tat uns gut. Wir merkten erst jetzt, wie erschöpft unsere Körper waren und wie müde unsere Gedanken. Wir hatten die Rast bitter nötig.
    Am Abend füllte sich das Gasthaus und es wurde laut und warm. Lisette und ich blieben allein, etwas abseits der anderen. Zu später Stunde trat ein Herr an unseren Tisch und fragte, ob er bei uns Platz nehmen dürfe. Wir luden ihn ein, sich zu setzen. Er war ein gut aussehender Mann, der, als er merkte, dass wir kein Spanisch sprachen, in fließendes Französisch wechselte. Seine Kleidung entsprach der aktuellen Mode, auch wenn sie praktisch für die Reise geschneidert war. Er trug eine teure Brokatweste über einem seidenen Hemd und hatte seinen Pelzmantel sorgsam, auf dem überzähligen Stuhl zusammengelegt. Sein Gesicht und sein gesamtes Auftreten entsprachen dem eines Aristokraten. Seine Stimme war sanft und angenehm und er wusste lustige Geschichten zu erzählen, die Lisette bald zum Lachen brachten. Insgesamt machte mir der Herr einen angenehmen Eindruck, der allerdings von einem mir nicht greifbarem Gefühl des Unbehagens gestört wurde. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass irgendetwas an ihm war, das ihn anders, fremdartig machte. War es sein Aussehen, da er, wie er uns erzählte, aus Schottland stammte, oder war es der Blick, mit dem er mich maß? Ich konnte es nicht benennen, doch ich blieb auf der Hut.
    Er stellte sich als Argyle Mac Quiet vor, erzählte von seinem Schloss in Schottland, doch es lag große Melancholie in den Worten, in denen er von seiner Heimat sprach. Bei jedem Wort, das er sprach, sah er mir in die Augen, als ob er etwas von mir erwarten würde. Bei jedem Wort, das ich sprach, nickte er, als wären meine Worte die, die er erwartet hätte.
    »Verzeiht meine Neugier, seid Ihr allein unterwegs?«, fragte er uns scheinbar nebensächlich und ich beeilte mich, zu antworten, bevor es Lisette tun konnte.
    »Wir warten auf unseren Vater«, behauptete ich, da mich die Frage misstrauisch gemacht hatte.
    »Ich hoffe, zwei schöne Damen, wie Ihr es seid, müssen nicht allzu lange warten. Ist für Euren Schutz gesorgt?«
    »Für den wurde gesorgt«, beruhigte ich ihn. Wie auf Kommando erschien der Wirt, um zu fragen, ob wir noch etwas benötigten. »Als Vater würde ich für meine Töchter alles tun. Aber so wird es sicher auch bei Eurem sein.«
    »Ach der«, maulte Lisette und erhielt von mir einen Tritt unter dem Tisch. Mac Quiet runzelte die Stirn, ich dachte noch, es läge an unserem wenig damenhaften Benehmen, da drehte er den

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