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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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erneut. Ich starrte Lisette an, als könnte sie mir eine Antwort geben.
    Tat sie auch, allerdings an Salvador Eichhörnchen gerichtet. »Siehst du, so ist es, wenn man ein Kind empfangen hat. Ich werde Tante! Du natürlich Onkel.«
    Onkel Salvador Eichhörnchen! Ich brach in Gelächter aus. Allerdings war der Ausbruch ein Zeichen meiner Erleichterung. Ich hatte mich tot gesehen und jetzt erklärte mir meine kleine Schwester meinen desolaten Zustand! Sie musste einfach recht haben!
    Ich war so erleichtert, dass ich sie in meine Arme riss und drückte. Empört strich sie ihr Kleid glatt. »Benimmst du dich jetzt immer so?«
    Ich versprach ihr, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Ich bliebe ganz die Alte. Damit war das Thema für Lisette beendet und sie fütterte ihr Eichhörnchen.
    Ich betrachtete die beiden lächelnd. Ich bekam ein Kind von Salvador! Das zeigte, dass der Himmel die Verbindung gesegnet hatte! Die Schwellung am Hals tat ich als Wanzenstich ab. Die Wirtin bemerkte, dass ich nichts aß, und brachte mir besondere Leckereien. Ich wies sie alle zurück. Ich war mir sicher, ich würde wieder essen können, wenn sich mein Körper beruhigt hatte.
     
    So saßen wir vergnügt in der Gaststube, Lisette im Spiel und ich verträumt, als die Tür aufflog und der Graf erschien! Lisette schrie auf, als sie ihren Vater sah und das Eichhörnchen verschwand blitzschnell auf einer Lampe. Mit geröteten Wangen polterte der Graf an unseren Tisch. Ihm folgten Louis und seine engsten Vertrauten, die sich Stühle heranzogen, um ebenfalls bei uns Platz zu nehmen. Hätte der Graf sofort angefangen zu schreien, wäre es nicht so bedrohlich gewesen. Sein grimmiges Schweigen war es, das Übles verhieß.
    Der Wirt war mit einem Prügel aus der Küche gestürzt, hatte aber bei der Übermacht, die er in seiner Gaststube vorfand, den Rückzug angetreten. »Bring Wein«, befahl ihm einer der Männer und er nickte ergeben, warf uns einen Blick zu, der um Verzeihung bat und verschwand hinter seiner Theke.
    Der Graf starrte uns an. Ich ergriff Lisettes Hand und drückte sie. Mir schossen hundert Fragen durch den Kopf. Die vordringlichsten waren: Wie war es dem Grafen gelungen, uns zu finden? Wo war Salvador? Die zweite wurde mir sofort beantwortet. Ein Mann wurde durch die Tür gestoßen, fiel und blieb liegen. Mit Mühe unterdrückte ich einen Schrei, als ich Salvador erkannte. Sein Gesicht bestand nur noch aus einer blutigen Masse. Seine Kleidung hing in Fetzen an ihm. Das Wams war am Rücken durch Peitschenhiebe zerrissen. Das Schlimmste war: Sie hatten ihm jeden Finger der rechten Hand abgeschnitten. Diese Finger, die so behutsam über seine Laute gestrichen waren. Die Finger, die mich so zärtlich berührt hatten!
    Ich wollte aufspringen und zu ihm eilen, doch der Graf hielt mich mit eisernem Griff zurück. Zu meinem eigenen Erstaunen meinte ich für einen Moment, ich hätte mich gegen ihn wehren können. Doch die Macht der Gewohnheit, die, ihm zu gehorchen, ließ mich dort, wo ich war.
    Louis blickte von mir zu Salvador. »Gefällt er dir, dein Sänger?«
    Seine Grausamkeit entsetzte mich. »Du herzloses Monster«, zischte ich ihn an.
    Meine Worte gaben das Signal – entfesselten den Sturm. »Du machst Louis Vorhaltungen? Du?«, brüllte der Graf und überschüttete mich mit Vorwürfen, bis ihm der zitternde Wirt einen Humpen Wein hinstellte. Er schüttete ihn in sich hinein und gab ein Zeichen, neuen zu bringen. Der Wirt eilte. Die Sprache der Gewalt ist international.
    Der Graf schüttelte Lisette. »Ich werde die Aussteuer verdoppeln müssen, damit dich Almadar noch nimmt.« Lisette schniefte und war totenbleich. »Aber ich weiß, wo ich das einspare.« Sein hasserfüllter Blick lag auf mir. Da passierte etwas Eigentümliches. Ich weiß nicht, warum, aber ich hatte keine Angst.
    »Lasst uns in Ruhe!«, sagte ich. »Zieht Eurer Wege, vergesst, dass Ihr je Töchter gehabt habt, so spart Ihr die gesamte Aussteuer.«
    In der Gaststube wurde es still, man vernahm das Atmen des alten Mannes in der Ecke, der daraufhin die Luft anhielt.
    »Was fällt dir ein!« Der Graf drosch mit der Faust auf den Tisch. »Du wagst es, mir Ärger und Spott zu bereiten, und hast die Stirn, frech gegen mich zu reden?«, brüllte er mich über den Tisch hinweg an, dass ihm die Speichelfäden aus dem Mund flogen.
    Ich hätte wie Lisette, die an mir lehnte, kurz davor stehen müssen, in Ohnmacht zu fallen, doch nichts passierte. Ich hielt dem

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