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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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lebe all die Jahre mit dem Wissen. Für Euch ist das alles neu. Verzeiht. Ich werde morgen zurückkommen und Euch alles erklären, wenn Ihr es noch wollt.«
    »Habe ich eine andere Wahl? Es ist Euer Zimmer.«
    »Jetzt ist es Eures.« Mac Quiet verneigte sich und ging.
    Ich rutschte vom Sessel und ließ mich auf die Knie fallen. Ich betete zu Gott. Ich betete darum, dass er mir die Weisheit und die Gabe des wahren Blicks gab. Ich betete darum, dass ich mich in dem, was ich von meinem Sohn dachte, täuschte. Ich betete die restliche Nacht, bevor ich auf dem Boden einschlief.
     
    Kurz darauf, wie mir schien, weckte mich ein leises Klopfen. Ich antwortete in Gedanken. Die Tür öffnete sich und Mac Quiet trat ein. Mit ein paar Schritten war er bei mir, hob mich hoch und legte mich auf die Liege.
    »Was macht Ihr denn, Kind?«, fragte er mich vorwurfsvoll und schüttelte den Kopf.
    Ich blickte ihm in die Augen und was ich sah, ließ mich begreifen. Sein Blick war voller Liebe, voller Zuversicht und Sorge.
    Ich seufzte und lehnte mich in das Kissen. »Ich bin gestern über dem Gebet eingeschlafen. Ich habe für uns alle gebetet. Dass wir den rechten Weg finden.« Bisher hatte ich Mac Quiet oberflächlich wahrgenommen, so wie man sein Gegenüber wahrnimmt, ohne es wirklich zu studieren. Jetzt erst erkannte ich eine Ähnlichkeit, die mir zuvor nicht aufgefallen war. Wir hatten die gleichen Augen.
    »Wollt Ihr mir heute erzählen, was sich in der Vergangenheit alles ereignet hat? Lebt meine Mutter noch?« Ich konnte nicht mehr wüten, nicht mehr toben … Ich war erschöpft und hoffte darauf, zu verstehen.
    »Eure Mutter lebt noch, soweit ich weiß. Sie war wunderschön und ich habe sie sehr geliebt. Sie wäre nach Eurer Geburt fast gestorben, darum habe ich sie infiziert. Um sie zu retten. Ich konnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen.«
    Mac Quiets Gesicht verdüsterte sich.
    Ich betrachtete ihn weiter aufmerksam. Ich wollte sichergehen, dass er mir nichts vormachte. »Was geschah dann? Warum seid Ihr nicht bei ihr? Wo ist sie?«
    »Sie ging zurück in die Pyrenäen, nach Andorra. Sie floh vor dem Aufstand, den sie angezettelt hatte.«
    Jetzt setzte ich mich aufrecht hin. »Was für einen Aufstand?«
    »Sie war anders als wir, Lucienne. Sie hatte bei Eurer Geburt viel Blut verloren, und das holte sie sich jede Nacht aus der Bevölkerung zurück. Ich kann es ihr nicht übel nehmen. Sie brauchte mehr Blut als wir, die wir nur infiziert wurden und dabei kein Blut verloren. Die Bevölkerung begehrte auf. Sie verdächtigten uns und hatten recht. Ihr wart gerade einmal zwei Jahre alt, da stürmten sie die Burg und brannten alles nieder. Mein Vater, Euer Großvater, behielt Euch bei sich. Er war sich sicher, dass man Euch und ihm nichts antun würde. Er hatte sich getäuscht. Ihn fand ich aufgehängt, von Euch fehlte jede Spur.«
    »Und von meiner Mutter, von Eurer Frau?«
    »Von Rosa ebenfalls. Erst später, als ich nach Euch suchte, hörte ich, dass sie nach Andorra geflohen war.«
    »Seid Ihr nie zu ihr zurückgekehrt?«
    »Nein, Lucienne. Die Liebe zu ihr starb an dem Tag, da ich sie infizierte. Sie verwandelte sich in eine Bestie. Die Frau, die ich liebte, war in der Nacht, als ich sie infizierte, gestorben.«
    Jetzt erst fiel mir die tiefe Traurigkeit in seinen Augen auf. Er litt unter der Trennung. Ich seufzte. Jetzt hatte ich meine Familie gefunden und fühlte mich kein bisschen besser.
    »Ihr habt nach mir gesucht?«
    »Fünfzehn Jahre lang. Jede Nacht. Das Einzige, was ich in Erfahrung bringen konnte, war, dass man Euch ans Festland gebracht hatte. Aber Europa ist groß.« Mac Quiet lächelte gequält.
    »Am Abend in der Herberge – habt Ihr mich an diesem Abend das erste Mal gesehen?«
    »Ja, und ich war mir sofort sicher, als ich Eure Augen erblickte. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass ich meine Apollonia gefunden hatte.«
    »Apollonia?« Ich runzelte die Stirn.
    »Apollonia«, bestätigte Mac Quiet und lächelte. »Nach Eurer Großmutter mütterlicherseits.«
     
    *
     
    »Also doch Apollonia«, rief Comitti. »Dann sind die Briefschreiberin und die Erzählerin eine Person.« Er legte das Manuskript zufrieden zur Seite und trank einen großzügigen Schluck. Er freute sich, dass seine Vermutung bestätigt wurde. Arconoskij schien sich nicht zu freuen. Zwar trank er ebenfalls, aber er war nicht bei der Sache.
    »Zuerst hatte ich vermutet, dass es sich bei dem Namen Apollonia um den Namen handelte, den

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