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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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Abendbrot.«
    Prüfend glitt der Blick eines Bauern über meinen Körper und mein Gesicht. Da ich meine Verbrennungen stets spürte, war mir klar, dass man sie sehen konnte.
    »Ich bin satt.« Ich hoffte, dass sie mich in Ruhe ließen. Die Bauern kamen näher. Ich fragte mich gerade, was sie vorhatten, als ein Schatten den Türrahmen verdunkelte. »Cuervo«, rief einer der Bauern. Ehe ich überhaupt gewahr wurde, was sich abspielte, waren die drei Vampyre enthauptet. Eine gespenstische Stille legte sich über die Szene. Ich betrachtete meinen Retter. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Als er sich zu mir umdrehte, erkannte ich, dass sogar sein Gesicht mit einem schwarzen Tuch verhängt war. Er ging auf mich zu und ich dachte, meinen letzten Atemzug gemacht zu haben, als er sein Schwert fallen ließ und mich in die Arme schloss.
    In dem Augenblick, da ich ihn spürte, wusste ich, um wen es sich handelte. Argyle stand vor mir. Er war der dunkle Schatten, Cuervo, der Rabe.
    Ich hatte so viele Fragen auf einmal, dass ich keine einzige formulieren konnte. Es schien ihm genauso zu gehen, denn auch Argyle schwieg.
    »Ich freue mich so sehr, dich wiederzusehen, ich kann es gar nicht in Worte fassen«, sagte ich schließlich. Argyle nickte, dann küsste er mich. Durch sein Tuch spürte ich seine Lippen, oder das, was von ihnen übrig war, auf meinem Mund. Augenblicklich wich ich zurück. Er bedachte mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck. »Ich freue mich auch.«
    Ich war verwirrt. Ich wusste nicht, was ich von dem Kuss halten sollte.
    »Seit wann bist du hier?«, fragte ich ihn. »Hast du mich gesucht?«
    »Nein, Apollonia, ich habe dich nicht gesucht.« Argyle wickelte sich das Tuch von seinem Gesicht und offenbarte mir den Anblick, den er anderen ersparte. Zwar hatte der vampyreigene Heilungsprozess bei ihm eingesetzt und seine Nase und seine Lippen waren in Begriff sich zu reproduzieren, doch ohne Khemais’ Blut sah er fast noch genauso schlimm aus wie in Alexandria. Ich riss mich von seinem Anblick los, der mir in der Seele schmerzte. Allerdings verstörte mich seine Antwort mehr als seine Verletzungen. »Ich habe nicht nach dir gesucht und hatte es auch nicht vor, wenn das deine nächste Frage ist. Ich war mir sicher, dass du ohne mich besser durchs Leben kommst.«
    Ich verstand ihn nicht. Was war in ihn gefahren? Wir waren immer miteinander vereint gewesen. Kein Tag war vergangen, an dem ich nicht an ihn gedacht hatte, an dem ich mir nicht den Kopf zerbrochen hatte, wie es ihm ging. Und jetzt saß mein Vater vor mir und erklärte mir, dass er noch nicht einmal den Versuch gewagt hatte, mich zu finden?
    »Ich verstehe dich nicht, Argyle. Was habe ich dir getan?«
    »Du hast gar nichts getan. Ich bin es.« Argyle verstummte und ich bemerkte, dass er sich in seinen dunklen Raum zurückgezogen hatte. Er wollte nicht, dass ich verstand.
    Wir begruben die Frau und ihre beiden Kinder, und Argyle brachte mich zu seiner Höhle, in die er sich zum Schlafen zurückzog.
    »Wieso nennen sie dich Cuervo?«, fragte ich. Ich hatte mir meine Gedanken gemacht. Auf sein merkwürdiges Verhalten wollte ich ihn nicht ansprechen. Ich schob seine Kühle auf seine Verletzungen, auf seine Schmerzen. Er musste immer noch schreckliche Qualen erleiden, dessen war ich mir sicher.
    »Cuervo?« Argyle lächelte. Das Lächeln war schrecklich. Ich hatte es immer geliebt, seinen wunderschönen, gütig lächelnden Mund. Jetzt zogen sich die Überreste seiner Lippen nach oben und präsentierten sein Vampyrgebiss und das verbrannte Zahnfleisch. Ich senkte den Blick. Als ich ihn wieder ansah, hatte er das Tuch um seinen Kopf gebunden.
    »Besser so? Ich kann mir vorstellen, dass mein Anblick kein schöner ist.« Hektisch kramte er in irgendeiner Tasche, ohne etwas zutage zu fördern. Ich erkannte meinen Vater nicht mehr. Was war in ihn gefahren? So hatte ich ihn noch nie erlebt.
    »Sie nennen mich Cuervo, den Raben, wegen eines Sprichworts: Keine Krähe hackt der anderen das Auge aus. Raben schon. Darum. Und was machst du hier in dieser gottverlassenen Gegend?«
    »Ich war auf der Suche nach einem Don Perondo. Ich bin ihm in Toledo begegnet und er hat mich auf die Zustände hier oben aufmerksam gemacht. Ich dachte, es wäre ein Zeichen Gottes, ich solle ihm folgen. Kennst du ihn?«
    Argyle nickte. »Ich bin ihm noch nie persönlich begegnet, aber ich habe viel von ihm gehört. Es wird Zeit, dass wir uns mit ihm und seinen Männern

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