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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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von Whiskey und Kotze. Aber bei Gott, das ist besser als der Gestank der Leichen! Er spürt die rauen Hände der beiden Feldjäger, Krafft und Metzger, die ihm fast die Arme auskugeln, während sie ihn durch das Ödland zerren, durch das öde, wunde Land, die Schützengräben und Krater wie Jauchegruben und offene Wunden. Sie schleudern ihn in die Finsternis des Unterstandes hinunter und dort bleibt er liegen und wünscht inständig, die Welt würde aufhören sich zu drehen — Himmel Herrgottsack, kann diese Scheißwelt nicht mal zur Ruhe kommen?
    Wie fernes Donnergrollen dringt das Sperrfeuer der deutschen Batterien von draußen herein.
     
     
    Die widerspenst’ge Spitze
     
    Er spürt, wie Schmidt ihn hochhievt und gegen einen Stützbalken lehnt. Er spürt, wie das massive Holz in seinem Rücken ins Schwanken gerät, und versucht, den Kopf zu heben, den Arm zu heben, um sich das Blut und den Matsch aus den Augen zu wischen, er will dem Scheißkerl in die Augen zu blicken.
    Aber sein Arm gehorcht ihm nicht, sondern wedelt nur ziellos in der Luft herum. Er spürt, wie Schmidt ihn am Handgelenk packt. Der Fuß rutscht ihm weg, und er stolpert, sinkt vornüber, und nur die Wand in seinem Rücken hält ihn aufrecht.
    »Beeile dich, ihm Fesseln anzulegen«, sagt Krafft. »Soll der Hauptmann sehen, wie saumselig du bist?«
    Mit von Suff und Blut getrübtem Blick sieht Seamus, wie Schmidt die Handfesseln hochhält, eine Geste, die sagt: Halt jetzt die Klappe und lass mich meine Arbeit tun.
    »Binde ihm die Hände mit ganzer Macht«, fährt Krafft fort. »Mit dem Hammer nagle dort ihn an den Fels.«
    Seine Beine geben nach, und Schmidt zerrt ihn am Kragen empor, bis er wieder an das Holz gelehnt dasteht.
     
    Seamus muss erneut würgen, spuckt Blut und Galle. Sein Blick schweift von Krafft zu Schmidt und wieder zurück und dann zu Metzger, der schweigend im Eingang steht. Unter dem Mantel ist der rote Kragen von Metzgers Uniformrock mit Seamus’ Erbrochenem bedeckt. Geschieht dem Scheißkerl recht. Das passiert eben, wenn man einem Kameraden den Gewehrkolben in den Bauch rammt, du beschissene Rotkappe.
    »Es ist getan und ohne Fehl«, sagt Schmidt.
    Allmählich bekommt Seamus wieder einen klaren Kopf, zumindest ansatzweise. Aber er ahnt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Scheiße, irgendwas stimmt nicht.
    »Schlag zu und lass nicht nach«, sagt Krafft.
    Seamus beobachtet, wie sich Kraffts Lippen bewegen, und obwohl er alles doppelt sieht, ist er sich sicher, dass die Lippenbewegungen nicht zu dem passen, was er sagt. Heilige Mutter Gottes, da stimmt wirklich etwas nicht.
    Er spürt, wie sich kalter Stahl um seine Handgelenke schließt. Ihm wird eine Hand über dem Kopf festgemacht. Was soll dieser Scheiß? Seine Beine geben nach und er rutscht weg. Als der Schmerz in seiner Schulter explodiert, schreit er laut auf — sein ganzes Gewicht hängt an einem Arm. Verdammte Scheiße, fühlt sich so eine ausgekugelte Schulter an?
    »Der ist schlau«, sagt Krafft. »Wo kein Ausweg scheint, spürt er noch einen auf.«
     
    »Mag sein«, sagt Schmidt, »doch dieser Arm ist unlösbar gebunden.«
    Seamus stöhnt und versucht, das Gewicht auf die zitternden Beine zu verlagern. Scheiße, und ob er gebunden ist.
    »So schmiede sicher auch den andren an. Soll er lernen, was seine Ränke wider die Herzöge vermögen.«
    Er will sie beschimpfen, will sie fragen, was zum Teufel sie da schwafeln — was für Fürsten, was für verdammte Scheißfürsten? Aber seine Zunge ist zu schwer, um Worte zu formen, und nur ein dumpfes Stöhnen entringt sich seinen zerschlagenen Lippen. Ist das irgendein Scheißgeheimkode der Oranier? Herrgott, aber dieser Mist spielt hier doch keine Rolle, oder etwa doch? Schließlich kämpfen und sterben die 1st Dubs und die Oranier des 36th Ulster Seite an Seite und — aber das war es nicht, was er vorhin gesagt hat, oder? Herrgott, was hat er da für einen Scheißdreck geredet? Hat er wirklich gesagt, dass ihn der König am Arsch lecken kann? Sicher nicht — oder doch?
     
    »Niemand kann mich tadeln ... nur er«, sagt Schmidt, als er Seamus’ andere Hand packt und ihm eine weitere Handfessel anlegt. Er zerrt die Hand nach oben, und nach einem weiteren ›Klick‹ hängt Seamus da wie eine Puppe, und die Arme tun ihm höllisch weh. Himmel Herrgott, hat er den Verstand verloren, oder liegt es an dem verdammten Whiskey oder haben sie ihm das Hirn aus dem Schädel geprügelt oder was? Jedenfalls sieht oder hört

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