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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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er.
    »Es ist Zeit aufzuwachen, Guy«, sage ich. »Wir müssen los. Wir alle.«
    Er stöhnt.
    »Jack? Hast du mich geschlagen?«
    Und da heißt es, er sei der kluge Kopf dieses Unternehmens. Guy Reynard. Guy Fox, der verrückte Fuchs. König der Diebe und Meister der Verkleidung. Er ist so gut, dass er sogar sich selbst täuschen kann, heißt es.
     
    Ich richte die Qi-Pistole auf den Eingang des Verhörraums. Im Korridor herrscht bereits ein heilloses Durcheinander. Guy schaut Joey an, dann mich, dann wieder Joey.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«
    Aber bevor ich antworten kann, bin ich bereits zu sehr damit beschäftigt, auf die Soldaten zu feuern, die durch die Tür hereinstürzen.
    Ich mag verrückt sein. Sie mögen mir weit überlegen sein. Ich mag mich was weiß ich wie viele Kilometer unter der Erde befinden, in den Tiefen des Hauptquartiers des Imperiums, in einer Höllenwelt, die von den Memhändlern so sehr in die Scheiße geritten wurde, dass sogar ihre eigenen Träume ein oder zwei ihresgleichen in die Welt hinausspucken, nur um für Ordnung zu sorgen. Aber ich habe meine Waffen und meinen Verstand, und wenn sie einen Krieg um die Herzen und Seelen der Menschen wollen, bin ich bereit. Aber vor allem habe ich meine Waffe.
    »Was hast du mit ihm gemacht, Jack?«, fragt Guy.
    Ich erschieße ein paar Milizen, als sie im Eingang auftauchen, und ducke mich wieder.
    »Eine Membombe. Mir blieb nichts anderes übrig, nachdem du dich den Eingeborenen angeschlossen hattest.«
    Guy packt den schlaffen Körper und wirft ihn sich über die Schulter.
    »Da muss irgendwas im Tee gewesen sein«, sagt er. »Tja — so viel dazu, es auf die sanfte Tour zu versuchen.«
    Ich trete die Tür des Verhörraums auf und stürme aus allen Rohren feuernd hinein.
    Höchste Zeit, dass sie uns hier herausholen — auf dem Dach müsste bereits ein Team bereitstehen. Beeilt euch, ihr Wichser. Lange halten wir nicht mehr durch.
    Ende der Durchsage. Ihr Jack Flash.

Errata

 
     
    Keine zehn Pferde
     
    »Wie geht es ihm?«, frage ich.
    Joey schüttelt verbissen den Kopf. Fast musste ich ihn am Schlafittchen hier runter ins Krankenhaus schleppen, ihn immer wieder bei seinem schlechten Gewissen packen, er kenne Jack doch schon so lange, dass er ihm das schuldig sei, schließlich sei er sein bester Freund und Jack brauche ihn, brauche uns beide. Verdammte Scheiße, Joey, du bist sein dickster Kumpel .
    »Er lebt in einer gottverdammten Phantasiewelt«, sagt Joey. »Die ganze Zeit redet er über diesen toten Jungen, dieses gottverdammte Hirngespinst. Thomas dies und Thomas das. Er ist ein scheißhoffnungsloser Fall, Guy. Ich komm damit nicht klar.«
    Am liebsten hätte ich ihm eine geknallt. Ich kann nicht hinnehmen, dass er Jack einfach abschreiben will, ganz egal, wie schrecklich das alles ist. Ist Jacks Schizophrenie für ihn nur eine scheißlästige Angelegenheit? Ich kann nicht glauben, dass er so gefühllos ist.
    Aber ich habe Jack jeden zweiten Tag besucht, und Joey Pechorin, sein engster Freund, hat es nicht einmal fertiggebracht, aus eigenem Antrieb hierherzukommen – nicht einmal, seit Jack seinen letzten und schwersten Schub hatte, der damit endete, dass er zu seiner eigenen Sicherheit in die geschlossene Abteilung überstellt wurde.
    Ich starre Joey mit der stillen Gewissheit an, dass unsere Freundschaft nur ein oder zwei Worte davon entfernt ist, in die Brüche zu gehen, und schiebe ihn durch die Tür in Jacks Zimmer hinein.
     
    »Das ergibt alles keinen Sinn«, sagt Jack. »Nichts davon ergibt einen Sinn.«
    Er hat Recht. Die ganzen Notizen und vollgekritzelten Blätter, die in dem Zimmer verstreut, an die Wand geheftet und geklebt sind, haben rein gar nichts miteinander gemeinsam. Selbst für sich betrachtet lassen sich keine übereinstimmenden Muster erkennen, jedenfalls nichts, was über das Innenleben von Jacks Kopf hinausginge. Auf manche Seiten sind immer und immer wieder die Initialen ›J. C.‹ geschrieben, immer unterschiedlich ausgeführt – Jack Carter, Jesus Christ, Jerry Cornelius, John Clute, John Constantine, in einem fort, als würde hier eine großartige Identitätskabbala nachgezeichnet. Auf anderen Blättern sind Zitate aus den unterschiedlichsten Quellen gesammelt, fiktiv oder echt, Bücher über Magie, Politik, Philosophie, Verschwörungstheorie – auf einer einzigen Seite zusammengetragen, als sage schon allein die Tatsache, dass sie abgeschrieben und nebeneinander gestellt wurden, etwas über eine

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