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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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Zähne in die Leber schlagen, mir das Herz herausreißen und jeden Tag ein neues nachwachsen lassen. Lieber leide ich in diesen finsteren und hasserfüllten Schattenterrassen aus üblem Pech. Ich erwarte nicht, dass dieses Leid ein Ende hat, bevor irgendein Gott – wenn denn einer diesen Namen verdient –, bevor irgendein frecher Bastard auf den Plan tritt und zu einem Ende bringt, was ich begonnen habe.«
    »Wer?«
    »Frag doch deine kleinen Tierchen«, sagt Seamus. »Deshalb hast du sie doch auf mich losgelassen, verdammte Scheiße. Komm, frag sie schon, alter Freund! Mal sehen, was sie dir erzählen können.«
    »Ich gebe dir noch eine Chance. Überlege es dir gut. Das ist ... das ist keine leere Drohung. Hör mir jetzt bitte zu, ich meine es ehrlich. Die Stimme Gottes kann nicht lügen. Nein, jedes Versprechen, das ich gegeben habe, habe ich auch gehalten –«
    »Du hast meine Antwort. Frag deine Bitläuse.«
    Sein Gesicht hat einen sonderbaren Ausdruck angenommen, und Metatron weiß ihn nicht zu deuten.
    »Schau dich um und überleg es dir ... glaubst du wirklich, dass es besser ist, stolz als weise zu sein?«
    »Frag sie.«
     
    »Uns scheint«, zischen die Bitläuse, schwarze Worte aus Schall und Rauch, die sich langsam emporwinden, »das Anliegen des Einsiedlers nicht unbillig.«
    Metatron tritt aus dem Kreis heraus, und sie folgen ihm. Sie erheben sich von dem gefesselten Unkin wie Seegrasranken unter Wasser. Wenn auch weit zielgerichteter, planvoller, wie Tentakel. Er macht einen weiteren Schritt zurück und sieht sich nach ihrem Zugang um, nach einem Luftschacht, einer Rohrleitung oder einem Abwasserkanal, durch den diese verdammten Myzelien infizierter Bitläuse hierher gelangt sein können, aber da ist nichts. Er betrachtet den Salzkreis, der sie hätte zurückhalten sollen, so wie er auch der Macht des Rebellen Schranken gesetzt hat. Die Ranken schweben über den Kreis hinweg, als gäbe es ihn überhaupt nicht.
    »Er rät dir, dich nach weisen Worten zu richten«, sagen sie, »und deinen eigensinnigen Stolz abzulegen. Für einen Mann mit deiner Voraussicht wäre es töricht, nicht auf die Stimme Gottes zu hören.«
    Der Sarkasmus ist unüberhörbar.
    Metatron schüttelt seine Bestürzung ab und streckt die Hände aus, um die Bitläuse einzusammeln. Seine Finger packen die Bitläuse und fügen sie zu einem Mal zusammen; seine Finger bemächtigen sich der Bitläuse im Fluge, lassen sie in der Luft erstarren, während der Handschuh seine Befehle überträgt. Das hätte nicht passieren dürfen, aber es spielt keine Rolle, solange sie über die Informationen verfügen, die er benötigt. Diese verderbten Wesen sind noch immer seine Geschöpfe, und er wird mit ihnen hier ebenso fertig wie dort draußen (mit jedem Tag mehr, denkt er). Sie sind nur Automaten mit einer winzigen KI, dem Anschein eines Bewusstseins. Was Eresch auch hinterlassen haben, mit was sie sich auch infiziert haben mag – mit diesem Seelenschmied kann es sich nicht messen. Mit einer Geste winkt er sie herbei, eine rasche Bewegung wie die einer Hand, die sich um ein Seil schließt und daran zieht.
    Die Ranken schlingen sich über dem Kopf des Rebellen umeinander, recken und räkeln sich ihm in schwerelosen Schwaden entgegen. Doch als sie seine Hand berühren, halten sie inne. Die Schatten reichen jetzt von Seamus Finnans blutüberströmter Brust bis zu Metatrons behandschuhter Hand, und kaum haben sie ihn berührt, weichen sie zurück, zur Seite hin, lassen sich treiben und kehren dann wieder zu ihm zurück, als musterten sie ihn, als unterzögen sie ihn einer gottverdammten Untersuchung. Winzige schwarze Rauchfahnen schnellen vor und wabern ihm durchs Haar, fahren ihm übers Gesicht. Er zieht erneut an ihnen und erteilt ihnen einen Befehl. Sie schenken ihm jedoch keine Beachtung, sondern schweben über den Ärmel seines Ledermantels hinweg, bilden dort ein Muster, das einer vierarmigen, sich drehenden Spirale gleicht, ein Hakenkreuz, dessen Ausläufer über die Maßen lang sind.
    »Und ich wusste ganz genau, dass er das sagen würde«, brummt Finnan, an die Bitläuse gewandt, »und zwar mit besonderem Nachdruck. Doch bedenkt, dass nichts Schändliches daran ist, wenn ein Mann von seinem Feind gefoltert wird.«
    Die Bitläuse schweben zu dem gefesselten Unkin zurück, der noch immer lächelt – eine Grimasse mit zusammengebissenen Zähnen. Sie wirbeln um ihn herum, und Metatron blickt zu Boden, wo sich der Salzkreis auflöst und

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