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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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gelingt mir, auf die Knie zu kommen. Ich zittere und blinzle noch immer.
    »Was meinen Sie damit? In Endhaven ...?«
    »Falsch, mein Junge. Im Augenblick bist du an einem Ort der Demütigung und des Zorns, der Enttäuschung und der Angst. Und ich habe dich hierher gebracht.«
    Er stolziert von mir fort, zu seinem Karren hinüber, und klammert sich an den Rand der Ladefläche — wie ein Betrunkener, der sich an einer niedrigen Wand abstützt, um sich zu übergeben, oder wie ein Boxer, der in seiner Ecke die Seile umklammert hält und darauf wartet, dass die nächste Runde eingeläutet wird.
    »Du bist hier und kniest vor mir«, sagt er, »und ich bin derjenige, der dich dazu gebracht hat. Du könntest aufstehen, aber vielleicht fühlst du dich auf den Knien wohler. Was meinst du? Ist es das wert? Wiegt dein mieses kleines Leben all das auf?«
    Langsam kommt er durch den düsteren Regen auf mich zu.
    »Es wiegt ... etwas«, sage ich, und er tritt mir ins Gesicht.
     
    »Was kannst du mir bieten, damit ich dich am Leben lasse?«, fragt er.
    Ich bringe keine Antwort heraus, zu sehr bin ich damit beschäftigt, leise zu wimmern, mich zu einer fötalen Kugel zusammenzurollen, aber ich höre, was er mir ins Ohr zischt.
    »Soll ich deine Abrechung fertig machen, mein Junge, dir eine Predigt über die Sünden des Fleisches halten? Über Anständigkeit? Über Schicklichkeit? Ich befürchte, deine Schuld ist noch weit größer.«
    Ich stöhne. Dann spüre ich, wie er mich an den Schulterstücken meiner Jacke packt und wie einen Kartoffelsack hinter sich her schleift.
    »Du verdankst mir dein Leben, mein Junge«, sagt er. »Du verdankst mir deine Seele!«
    Er zieht mich hoch, zerrt mich herum und lässt mich in die Wasserlache plumpsen, die sich auf der Luftpolsterfolie gebildet hat. Darunter spüre ich einen Sitz, einen Stuhlrücken, Armlehnen — ein Stuhl.
    »Und dafür schuldest du mir etwas im selben Wert«, fährt er fort.
     
    Ich wische mir den Dreck aus den Augen — Tränen, Regen, Blut? Er geht vor mir auf und ab, doch ich kann nur sehr verschwommen seine Umrisse erkennen.
    »Weißt du was, mein Junge — ich glaube, dass es in Endhaven nicht einen gibt, der jemals in der Lage sein wird, mir ... mir alles zu vergelten, sein Schuldenkonto auszugleichen, mir zurückzuerstatten, was er von mir bekommen hat!«
    So habe ich ihn noch nie reden hören. Ich habe gehört, wie er den Zorn Gottes beschworen, wie er die Sünder und die Missetaten der Stadt verflucht hat, aber das ist reine, ungezügelte Bosheit.
    Seine Hand legt sich wie eine Klammer um meinen Unterkiefer, er reißt mich nach vorne und knurrt mir ins Gesicht.
    »Ihr Menschen. Ihr tretet eure Träume an mich ab, verkauft eure Hoffnungen für allen möglichen Plunder — und weißt du was? Ich meine es ernst. Eure Seelen sind wertlos. Völlig wertlos!«
    Hat irgendjemand ihn jemals schon so gehört?, frage ich mich. Hat ihn jemals jemand so wütend erlebt? Himmel, es hört sich an wie ein Bekenntnis. Warum erzählt er das mir? Warum tut er mir das an?«
    »Am liebsten würde ich euch alle umbringen«, sagt er, »aber das steht nicht in meinem Vertrag.«
    Fast klingt es, als täte es ihm leid.
    »Wie ich deinen Wert einschätze, Tom? Auf Null.«
     
     
    Ein kleiner Spaziergang zur Dämmerung hinunter
     
    Mein Gesicht brennt — einerseits, weil er mich geschlagen hat, andererseits, weil ich mich schäme.
    »Was wollen Sie von mir?«, frage ich.
    »Rein gar nichts will ich von dir. Du bist völlig wertlos für mich. Völlig.«
    »Dann lassen Sie mich doch einfach in Ruhe.«
    Er zieht seinen rechten Handschuh aus; die Hand ist ebenso mit Narben bedeckt und leichenblass wie sein Gesicht. Ein kleiner Fleck nacktes Gewebe zeichnet sich da ab, wo ein rautenförmiges Stück Haut herausgeschnitten wurde, abgezogen. Sogar die Muskeln und Adern darunter sind so weiß wie die Sehnen und Knochen.
    »Dich in Ruhe lassen?«, sagt er. »Dann komm, wir unternehmen einen kleinen Spaziergang zur Dämmerung hinunter, mein Junge, da wird sich ja herausstellen, ob du noch immer in Ruhe gelassen werden willst.«
    Er greift in die Tasche, sucht etwas, findet es, zieht das fehlende Hautstück hervor und hält es mir auf seiner Handfläche hin. Das schwarze Zeichen erfüllt mich mit einer plötzlichen und tiefen Vertrautheit, die weit über das hinausgeht, was man empfindet, wenn man das eigene Gesicht in einem Fenster oder in einem Tümpel gespiegelt sieht.
     
    Ich weiß noch gut,

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