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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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spöttischem Grinsen zeigte er mir den Mittelfinger — ist ja schon gut, alter Macker, blas mir doch in Hobel — und nieste.
     
    Später saßen wir in unserem neuen Zimmer und stimmten uns auf unser neues Zuhause und das unmittelbar bevorstehende Semester ein. Wir schauten einen Krimi, der im sonnenüberfluteten Kalifornien spielte und in dem der Held eine mit Graffiti besprühte Tür eintrat und seine Knarre auf ein Zimmer voller erschrockener Bandenmitglieder richtete, alle in roten Lederjacken und mit Halstüchern, alle espritisch bis auf einen einzelnen Ocker in todschickem Anzug mit goldglänzenden Zähnen und goldenen Ringen an den Händen. Vor ihm auf dem Tisch ein Koffer voller Geld und durchsichtige Tüten mit weißem Pulver. Diese Tüten waren — natürlich — von Wanderarbeitern ins Land geschmuggelt worden, allesamt Elfchen, deren Familien — natürlich — zu Hause von den bösen Drogenbaronen als Geisel gehalten wurden. Schnitt auf eine Nahaufnahme, der Ocker greift nach seinem Schnappmesser, dann zurück auf das Gesicht des Helden, die Waffe hoch erhoben und auf ihr Ziel außerhalb des Bildausschnittes gerichtet.
    »Denk nicht mal daran«, sagte er.
     
    Puck hatte sich einen Pappkarton unter den Arm geklemmt und packte ihn gerade aus, stellte alles auf die alte Holzkommode, die in einer Ecke des Zimmers stand: verschiedene Toilettenartikel und Lehrbücher, noch ganz neue Parfumflaschen und Haarspray, Schaumfestiger und Gel, Gleitcreme und Kondome und zerlesene vergilbte Bücher, die Umschläge mit Eselsohren, die Rücken gebrochen und nach den Secondhandläden riechend, in denen er sie gekauft hatte. Ich sah mir die Bücher an, schaute nach, was ich selbst hatte und was nicht, was ich erwartet hatte und was nicht und bestaunte seine Aftershavesammlung. Eine einzige Flasche.
    »Die ist leer. Da ist nichts drin.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Klar. Aber die Flasche ist hübsch.«
     
    Der Partner des Bullen, ein Ocker, stand jetzt in einer Villa in LA, in eine Lederjacke wie aus ›Shaft‹ gekleidet, eine schwarze supercoole Sonnenbrille auf der Nase, als verdeckter Ermittler, der einen Dealer mimt, bei einem Einsatz, der das aalglatte und in einen weißen Armanianzug gekleidete weiße Reptil von einem Geschäftsmann, dem er gegenübersteht, in den Knast bringen soll. Der Augenblick war gekommen, gleich würde der Rauschgiftfahnder in seinem Zuhälteraufzug seine wahre Identität enthüllen, den Gossenslang und die Straßenattitüde abstreifen, Dienstmarke und Pistole zücken und damit die Schwelle vom Möchtegernarschloch zum tatsächlichen Arschloch überschreiten. Jetzt sprach er mit dem Akzent und dem Dialekt der Staatsgewalt, des Gesetzes. Endlich konnte er das kinoreife Gequatsche sein lassen und auf einen Spruch des Anzugträgers eine Antwort geben, die sich schon lange in ihm aufgestaut hat: »... so nennen du und deinesgleichen sich doch, nicht wahr?«
    »Niemand sagt Ocker zu mir«, knurrt er und schlägt den Kerl mit einem gezielten Faustschlag nieder.
     
     
    Breasted, J., Memphitische Theologie (1901), S. 54
     
    »Und doch ist dieser schwache und dekadente Osten der eigentliche Geburtsort der Demokratie, nicht Versia oder die Reimische Republik, und das nicht einmal in der späten Epoche der papylonischen oder azurianischen Reiche, sondern weit früher, zu Zeiten von Summer und Arkad. In den ersten Städten dieses ›Landes zwischen den Flüssen‹ — oder Mesopotamien — finden wir voll ausgebildete Demokratien vor, und zwar in Gestalt der Unkin, lokaler oder übergeordneter Ältestenräte, die über alle Angelegenheiten von größerer Tragweite abstimmten und deren legislative Macht sogar die Anklage und Verbannung — für das Verbrechen der Notzucht — von Elial einschloss, des Königs von Nixur, jener Stadt, die zu der fraglichen Zeit über den Bund der summerianischen Stadtstaaten herrschte. Vergleichen Sie das einmal mit den ungezügelten Begierden des Deus, diesem vatermordenden Autokraten und Serienvergewaltiger, dessen Taten recht umfassend in den Historien von Hesiod und Ovid aufgezählt werden.«
     
    »Kommst du heute Abend mit«, fragte Puck zu mir hinübergebeugt, ein Bühnenflüstern, das er mir so heftig in die Ohren hauchte, dass es mir einen Schauder über den Rücken jagte und ich den Kopf schüttelte wie ein Straßenköter im Regen. Er war so gut zu hören gewesen, dass sich ein Student in der Sitzreihe vor uns umwandte und uns mit einem Finger auf den

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