Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
jetzt zu tun war. Schließlich ging er zurück zu seinem Schreibtisch und wählte die Nummer von Susanne Staller. Sie meldete sich nach dem ersten Klingeln, und er erzählte ihr von ihrer Entdeckung.
„Von dem Vermisstenfall Tina Hofer habe ich natürlich schon oft gehört“, sagte sie. „Und ihr seid ganz sicher, dass sie die Tote ist?“
„Renate Knab erinnert sich genau daran, dass von dem Schmetterlingsanhänger nur zwei Exemplare existieren. Und nach unserer Einschätzung ist das Schmuckstück auf eurem Foto völlig identisch mit dem, das Tina Hofer stets getragen hatte. Wir haben ein Bild im Archiv gefunden, auf dem sie mit der Kette zu sehen ist. Wir werden es dir sofort mailen.“
„Das klingt alles ziemlich überzeugend. Ich frage mich bloß, wieso wir die Identifizierung nicht mit unserer Datenbank geschafft haben. Ich hatte Stengel beauftragt, alle ungeklärten Vermisstenfälle der letzten fünfzehn bis dreißig Jahre auf Übereinstimmungen mit der Toten aus dem Erdrutsch abzugleichen.“
„Stengel?“
„Kriminalkommissar Dominic Stengel. Er saß gestern mit mir im Wagen, als wir uns an der Pfaffenwiese begegnet sind.“
„Natürlich. Ich hatte seinen Namen vergessen.“
„Ich würde am liebsten den ganzen Menschen vergessen“, seufzte Susanne. „Er ist eine fleischgewordene Dienstvorschrift und offensichtlich unfähig für einen simplen Datenbankabgleich. Zum Glück seid ihr nicht solche Schlafmützen. Eure Entdeckung erspart der Polizei einen peinlichen Lapsus.“
„Danke für die Blumen. Wie machen wir im Mordfall Tina Hofer weiter?“
„Ob es tatsächlich Mord war, muss sich erst noch zeigen. Allerdings spricht tatsächlich viel dafür. Es gibt übrigens keinen Hinweis darauf, dass sich damals ein Serientäter in der Westpfalz herumtrieb, der Frauen nachstellte. Wir haben aus dem in Frage kommenden Zeitraum keinen Fall gefunden, dessen Tatverlauf Ähnlichkeiten mit dem Verbrechen an Tina Hofer aufweist.“
„Ich könnte unter den älteren Morgenkurier -Kollegen herumfragen, ob sich jemand an etwas Verdächtiges erinnern kann.“
Susanne lehnte sein Angebot ab: „Es ist sehr wichtig, dass die Identität der Toten vorerst noch geheim bleibt. Die Chancen, einen so alten Fall aufzuklären, sind erfahrungsgemäß nicht besonders hoch. Wenn wir jetzt zuviel Wind machen, könnten wir den Täter aufschrecken und ihn dazu verleiten, die letzten möglicherweise noch vorhandenen Beweise verschwinden zu lassen. Außerdem ist es zwar unwahrscheinlich aber nicht völlig ausgeschlossen, dass jemand aus dem Pressehaus etwas mit ihrem Tod zu tun hat. Ich melde mich bei dir, sobald ich etwas Neues höre.“
Velten versprach ihr, das Gleiche zu tun, und legte nachdenklich den Hörer auf. Nachdem er seine Kolleginnen vom Inhalt des Telefonats informiert hatte, schärfte er ihnen eindringlich ein, mit niemandem über die Sache zu sprechen. „Renate, würdest du mir bitte Kopien aller Artikel besorgen, die Tina Hofer in den drei Monaten vor ihrem Verschwinden geschrieben hat? Falls wir sonst noch etwas von ihr haben – Notizen, Personalakten, was auch immer – brauche ich das ebenfalls. Und bevor ich es vergesse: Versuche doch bitte, einen Termin mit Alf Kuntz zu vereinbaren. Ich möchte mit ihm über die Pfaffenwiese sprechen.“
Renate schien froh zu sein, etwas tun zu können, und eilte in ihr Büro.
Katja saß schweigend an ihrem Schreibtisch. Velten konnte ihr ansehen, dass ihr etwas gegen den Strich ging. „Gefällt mir nicht, dass wir die Sache geheim halten sollen“, meinte sie schließlich.
„Susanne war das sehr wichtig.“
„Findest du nicht, dass du manchmal zuviel Rücksicht auf deine Ex-Frau nimmst? Sie ist die Polizei, wir sind die Presse. Es ist ihr Job, den Mörder zu finden. Unsere Aufgabe ist die Information der Öffentlichkeit.“
Velten war entschieden anderer Meinung: „Erstens profitieren wir sehr oft von unserem guten Draht zur Kripo, vergiss das nicht. Es ist also durchaus angebracht, wenn wir etwas Entgegenkommen zeigen, egal ob Susanne meine frühere Frau und jetzige enge Freundin ist oder nicht.“
„Stimmt schon“, gab sie zu.
„Zweitens sollten wir im eigenen Interesse alles tun, um die Polizei in dieser Sache zu unterstützen.“ Er hielt einen Moment inne. „Das hier ist nicht irgendeine Story. Tina war eine von uns. Es ist gut möglich, dass sie sterben musste, weil sie für den Morgenkurier recherchierte und dabei jemanden nervös gemacht hat.
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