Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
unverbesserliche Romantikerin, die ich bin.«
Ja, das war sie ohne Zweifel. Zudem aber auch die stärkste Frau, die Mairi jemals gekannt hatte. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel und beobachtete Rowan, die in eine Decke gehüllt auf der Rückbank saÃ. Sie hatte den Kopf zurückgelegt und die Augen geschlossen. Dabei sah sie blass aus â viel zu blass. Womöglich hätte sie die Nacht besser im St. Michaels verbringen sollen, aber Rowan war nun einmal Rowan, daher hatte sie schlichtweg den Kopf geschüttelt und abgelehnt. Dieser Anfall hatte nicht ganz so lange gedauert wie schon manche andere zuvor. Diese Tatsache, in Kombination mit Rowans Sturheit, hatte Sanchez dazu gezwungen, sie bei Mairi in Pflege zu geben.
»Ich habe einen Deal mit Pretty Boy Sanchez, weiÃt du«, murmelte Rowan verschlafen. »Er hat mich auch nur aus dem Grund gehen lassen, weil ich ihm versprochen habe, dass ich dich überrede, mit ihm auszugehen.«
Mairi lächelte und schüttelte den Kopf. »Kannst du dir mich mit einem Doktor vorstellen?«
»Na ja, wenn ich ehrlich bin, nein, aber er ist dermaÃen verzweifelt, und ich wollte die Nacht nicht im Krankenhaus verbringen, daher schien mir dieser Deal der beste Ausweg zu sein.«
Mairi lenkte ihren wendigen Kleinwagen in die Sanctuary Street. Als sie das StraÃenschild sah, fiel ihr ein, dass Laurens Mörder ihren Leichnam hier liegen gelassen hatte. Sie wurde das Bild von dem verstümmelten Körper des Mädchens gar nicht mehr los. Die Symbole spukten ihr ständig im Hinterkopf herum, verfolgten sie, genauso wie die Erinnerung an den Liebhaber in ihrem Traum. Und irgendwie bestand zwischen beidem ein Zusammenhang. Das sagte ihr ein Bauchgefühl. In ihrer jahrelangen Laufbahn als Krankenschwester hatte sie sich eigentlich niemals in ihrem sechsten Sinn getäuscht. Doch Mairi wusste nicht, was sie von dieser verrückten Nacht halten sollte.
»Wow, das Zeug ist ja richtig toll«, lallte Rowan. »Was haben die mir denn dieses Mal gegeben?«
»Einen Cocktail aus ein bisschen Valium und Lorazepam. Sicher wirst du schlafen wie ein Baby.«
»Tut mir übrigens leid, dass ich dir den Abend mit Mr Superscharf vermasselt hab.«
Mairi presste die Augen zusammen. Sie hatte absichtlich nicht mehr an Bran oder an seinen unfassbar talentierten Mund gedacht. »Kein Problem, wir haben sowieso nur geredet.«
Ihr war so, als hätte Rowan kurz aufgelacht. »Aha, Conversatio interruptus. Mir ist schon klar, dass das ein denkbar schlechtes Timing meinerseits war. Ich kann dir auch gar nicht sagen, wie mies ich mich deshalb fühle.«
Mairi lachte. »Nein, im Ernst, mach dir keine Sorgen.«
»Na, du weiÃt ja nie, wo dieses Gespräch noch hingeführt hätte.« Rowan gähnte und seufzte anschlieÃend tief. »Find ich übrigens wirklich groÃzügig, dass du mich heute Nacht bei dir schlafen lässt, Mairi. Ich bin dir dann was schuldig.«
»Du schuldest mir überhaupt nichts. Wofür hat man denn schlieÃlich Freunde?«
Sie warf einen Blick hinter sich und sah, wie Rowan nickte. »Wir sind sogar mehr als Freunde. Wir sind eine Familie.«
Mairi schluckte und richtete ihren Blick wieder auf die StraÃe. Sie hatte nie viel von Gebeten gehalten, aber an dem Abend, an dem Rowan ihr von dem Tumor erzählt hatte, hatte sie damit angefangen. Und seither hatte sie jede Nacht gebetet und mit Gott verhandelt, er möge ihrer besten Freundin das Leben retten. Sie waren wirklich so was wie eine Familie. Mairis Mutter war tot, und ihr Dad, nun ja, der Teufel mochte wissen, wo der sich rumtrieb.
»Du bist mir heute Abend in meiner Vision erschienen.«
»Wirklich?«, erwiderte sie. Abwesend rieb sie sich das Handgelenk. Es juckte immer noch an der Stelle, wo Bran seine Finger darum geschlossen hatte.
»Mhm. War schon komisch, weil du doch sonst nie in meinen Visionen auftauchst. Meistens sehe ich nur Leute, die ich gar nicht kenne, an einem mystischen und ⦠na ja, irgendwie fremden Ort. Ich glaube nicht mal, dass dieser Ort hier auf der Erde zu finden ist.«
Mairi wagte es nicht zu fragen, wohin Rowan in ihren Visionen genau versetzt wurde. Sie dachte nämlich, dass sie es niemals ertragen hätte, hätte sie ihr erzählt, es handle sich um den Himmel.
»Ich glaube, dass es sich um das Jenseits handelt, weiÃt du? Es ist so wunderschön
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