Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
Frühlingshimmel zu sein, eher ein Winterhimmel mit schweren düsteren Wolken, die tief am Horizont standen. Als die Dunkelheit immer tiefer nach Annwyn eindrang, war zu sehen, dass die Bäume ihre Blätter abwarfen. Infolgedessen heulte der Wind nur noch lauter durch die Äste. Es war ein tiefer, melancholischer Klang, der klagend durch die Anderwelt wehte. Selbst hier, hoch oben in Brans Schloss, wirbelte das Jaulen um ihn herum.
Rhys hätte eigentlich frieren müssen, so wie er hier Hunderte von Metern hoch oben auf dem Festungswall stand, wo der Wind heftig zwischen den Türmen hindurchfegte. Er trug nur ein kurzärmliges Hemd und Jeans. Der Baumwollstoff war dünn und abgetragen, seine Arme nackt, abgesehen von den bronzenen Manschetten und dem Tattoo. Ja, eigentlich hätte er vor Kälte bibbern müssen. Doch er fror nicht. Er fühlte nichts. War völlig taub.
Über ihm zog ein Feuervogel seine Kreise, und Ryhs beobachtete,
wie das Tier anmutig aufstieg und sich wieder fallen ließ, abtauchte und umdrehte, während es kreiste. Er wusste, dass die oberste Göttin den Phönix Melor geschickt hatte, um ihn zu überwachen. Hier war er ein Gefangener. Doch er hatte es auch nicht anders gewollt. Denn hier war Bronwnn, sicher in ihrer Kammer. Er wollte nichts weiter als ihr nahe sein.
Wie immer galten seine Gedanken ihr. Die vergangene Nacht war einfach unglaublich gewesen – die großartigste, die sie je erlebt hatten. Die Art, wie ihm Bronwnn ins Ohr flüsterte, hatte ihn vollkommen wild gemacht. Ihre Stimme war verführerisch, sexy, dann wieder weich und beruhigend, wie die eines Engels.
Niemals würde er ihren Anblick vergessen, wie sie so unter ihm lag, oder wie sie sich anfühlte, feucht und heiß an seinen Fingern, würde nie ihren Geschmack auf seiner Zunge vergessen. Das war der größte Fehler gewesen: von ihr zu kosten. All diese Erinnerungen verhärteten ihn und ließen seinen Körper schmerzen. Verdammt, es war gut gewesen – zu gut. Doch mit Bronwnn ging es um so viel mehr als nur um Sex. Es ging um Träume von der Ewigkeit; von Nächten, in denen er sie festhalten und sie beim Frühstück über den Tisch hinweg ansehen wollte. Es ging um die Vorstellung, sie morgens zu küssen und nachts eng umschlungen mit ihr im Bett zu liegen. All diese ganz normalen Dinge waren es, nach denen er sich sehnte – nach einer Freundin, einer Vertrauten, einer Geliebten. Gestern Nacht hatte er sogar tatsächlich von ihrer gemeinsamen Schleierzeremonie geträumt – was sie tragen würde, wie sie aussehen mochte. Er stellte sie sich mit ihrem gemeinsamen Kind vor.
»Ryhs, Nachfahre von Daegan.«
Er fuhr herum, mit gezogenem Dolch, binnen Sekunden angriffsbereit.
»Die Klinge wirst du nicht brauchen.«
Hastig ließ Rhys den Dolch zurück in die Scheide gleiten, die an seinem Gürtel hing. Vor ihm stand die oberste Göttin, ihr Blick war finster.
»Ich werde mich wohl mit Raven unterhalten müssen. Er hat dir deine Waffen nicht abgenommen.«
Er wusste nicht, weshalb er den Drang verspürte, Bran zu verteidigen, doch nun sagte er: »Ich habe sie gut versteckt.«
Die Göttin trat näher, ihr bohrender Blick brannte sich in jeden Millimeter seines Körpers. Sie war in einen langen, silbernen Mantel gehüllt, der an den Rändern mit weißem Pelz besetzt war. Ihre Stimme klang weich, weiblich und doch gebieterisch.
»Du siehst so aus wie er.« Sie blieb vor ihm stehen und blickte in sein Gesicht hinauf. »Er war immer mein liebster Gefährte, weißt du.«
Nein, das hatte er nicht gewusst. Daegan hatte so gut wie nie von ihr gesprochen, es sei denn, um Rhys an den Fluch zu erinnern, den sie ihm auferlegt hatte.
»Ein Teil von mir ist gestorben, als ich ihn aus unserer Welt verbannen musste. Sie ist wie verwandelt, seit er nicht mehr hier ist.«
»Du hättest ihn zurückrufen können.«
Sie lächelte zwar, doch in ihrem Ausdruck lag keine Spur der Freude. »Du musst noch viel über unsere Welt lernen, Rhys MacDonald. Dein Ururgroßvater hat mir ein Adbertos dargeboten. Weißt du, was das ist?«
»Ein Opfer.«
»Ja.« Sie schritt um ihn herum und sah ihn mit ihren
hellgrünen Augen prüfend an. »Ein solches Opfer kann nicht rückgängig gemacht werden. Es muss erduldet werden. Das liegt in der Bedeutung des Wortes.«
Rhys versteifte sich, als sie ihm mit der Hand über den Rücken streichelte. »Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend«, murmelte sie. »Ich kann seine Macht in dir spüren.«
»Wart ihr ein
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