Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
Seit der Begegnung mit Suriel und der Auseinandersetzung mit Keir in seinem Büro waren nun schon zwei Tage vergangen, und immer noch schmerzte ihn die Erinnerung daran. Rhys hasste es, wenn man ihn am ausgestreckten Arm verhungern ließ. Doch was ihn noch mehr störte, war, dass Bran, der Sidhe-König, seine durch Keir übermittelte Aufforderung ignorierte, zu ihm ins Velvet Haven zu kommen und mit ihm zu reden. Rhys wollte Antworten auf die Frage, wie man diesen Mörder ausfindig machen
und die Gäste seines Nachtclubs ausreichend schützen konnte. Als Besitzer des Ladens, in dem sich Bewohner von Annwyn mit den Sterblichen vermischten, fühlte Rhys, dass er durchaus ein Anrecht darauf hatte, mehr Informationen zu erhalten. Der Psychokiller tötete sowohl Sterbliche wie Unsterbliche, weshalb niemand wirklich vor ihm sicher war.
Selbstverständlich hatte Bran seine Bitte ignoriert, und das ging Rhys gehörig auf die Nerven. Sein Großonkel hielt ihn entweder für völlig inkompetent oder für viel zu unbedeutend. Doch mit beidem würde der Sidhe-König falschliegen, denn Rhys hatte nicht vor, weiter derart im Dunkeln gelassen zu werden. Er würde sich nicht länger ignorieren lassen.
Möglicherweise hegte Bran den Verdacht, dass Rhys ihn bitten wollte, sich dem Kreis der Neun bei der Jagd auf den schwarzen Magier anschließen zu dürfen. Schließlich war er selbst ja auch betroffen, und er war es seiner eigenen Art – den Sterblichen – schuldig, für ihre Sicherheit zu sorgen, ebenso wie für die Gäste in seinem Club. Doch statt Rhys ins Gesicht zu sagen, dass er nicht erwünscht war, zog sein Onkel es vor, ihn wie ein kleines Kind zu übergehen. Und das steigerte seine Wut nur noch.
Tagsüber saß er tatenlos herum, während der Club geschlossen war, daher hatte Rhys viel zu viel Zeit, vor sich hinzudämmern und über die Ungerechtigkeit des Ganzen nachzudenken. Er war ein Mann der Tat, Untätigkeit machte ihn reizbar und angriffslustig. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, die ganze Situation begann ihn allmählich zu zermürben. Und das taten auch die Träume von der süßen Blondine, die ihn immer wieder heimsuchten. Er
konnte die Augen einfach nicht schließen, ohne dass ihr Bild vor ihm auftauchte. Zum Teufel, er musste ja noch nicht einmal die Augen schließen. Manchmal erwischte er sich selbst dabei, wie er sich in Tagträumen von ihr verlor. Diese Träumereien wuchsen sich selbstverständlich zu heißen Vorstellungen von hemmungslosem Sex aus.
Klar, er hatte einen gesunden Sexualtrieb, doch in letzter Zeit benahm er sich eher wie ein hormongesteuerter Teenager. Ständig lief er mit einem Ständer durch die Gegend, was ihm äußerst schlechte Laune bereitete. Vielleicht würde er ja eine Frau auftreiben, die der Geliebten seiner Träume ähnelte. Dann würde er auch so tun können, als wäre sie seine Traumfrau, und dann würde er all die Dinge in die Realität umsetzen, von denen er ständig träumte. Er würde sie aus seinen Träumen und aus seinen Gedanken verdrängen können und sein Leben endlich unbehelligt weiterleben, so wie früher, in der Zeit vor den Morden. Doch in der letzten Nacht hatte er eine Frau gehabt, und das hatte es ihm keineswegs leichter gemacht, die Göttin aus seinen Träumen zu vergessen. Im Gegenteil, er wollte sie jetzt nur noch umso mehr.
»Hey, was gibt’s zum Frühstück?«
Rhys sah zu, wie ein Schatten über den Teppich kroch, um sich dann in eine feste Form zu verwandeln, bis endlich Keir vor ihm stand. »Ich hab Maggie heute Morgen freigegeben. Du hast die Wahl, Cornflakes oder Toast.« Rhys zog die Brauen zusammen. »Wo warst du?«
»In Annwyn.«
Und warum verwandelte er sich dann und schlich sich noch vor Tagesanbruch zur Tür hinaus?, fragte sich Rhys. Nein, Keir log ganz offensichtlich. Aber warum?
Der Schattengeist schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und nahm einen Schluck. »Gut geschlafen?«
»Nein«, knurrte er. »Hab ich nicht.« Seine Traumfrau hatte ihn wieder und wieder aufgesucht, und sein Gewissen zehrte ihn auf. Er hatte diese Frau gestern Nacht nicht begehrt. Er hatte sie aber nichtsdestotrotz genommen. Das gefiel ihm nicht.
»Und du?«
Keir zuckte mit den Achseln und lehnte sich zurück. »Nicht so richtig. Ich hab schon seit Wochen nicht geschlafen.«
»Rowan?«
»Das steht hier nicht zur Debatte.«
Sie saßen einige Minuten schweigend da. Dann blaffte Keir plötzlich: »Musst du das machen?«
»Was denn?«, fauchte Rhys.
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