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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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Mund. Auf den Zähnen hatte er ein stumpfes Gefühl. Erschöpft hockte er vor der Toilette und stierte apathisch auf das Logo einer deutschen Sanitärfirma.
    Da wurde die Badezimmertür aufgestoßen und Zoe stürzte herein.
    »Harry, schnell, mach Platz!« Mit zwei Schritten war sie bei ihm, drängte ihn unsanft zu Seite und hing mit dem Gesicht über der Kloschüssel.
     
    Danach meldete sich bei Zoe umgehend der Appetit.
    »Zoe, ich begreif das nicht, wie kannst du jetzt ans Essen denken? Nach all dem, was passiert ist. Außerdem müssen wir uns erst einmal um Franca kümmern.«
    »Vorher muss ich etwas essen. Ich hab so ein Loch im Magen.« Zoe sah ihn fast vorwurfsvoll an. Harry schüttelte nur verständnislos den Kopf.
    »Das Einzige, was wir noch im Kühlschrank haben, ist ein Rest gebratene Rotbarbe von gestern. Vor allem brauchen wir eine große Kanne starken Kaffee. Wir haben heute noch einiges vor.«
    »Im Hellen können wir sowieso nichts machen.« Zoe wirkte wirklich erstaunlich gelassen.
    Er betrachtete die tote Franca. Die Wunde blutete nicht mehr, der Steinboden hatte Gott sei Dank kaum etwas abbekommen, aber den venezianischen Läufer konnte man vergessen. Drei der geflügelten Löwen ertranken in einem esstellergroßen Blutfleck, der die Umrisse Afrikas hatte. Daneben stand der blutverschmierte Karpfen.
    »Wir müssen unbedingt aufräumen«, murmelte Harry mehr zu sich selbst.
    Aber Zoe schien das Chaos überhaupt nicht zu interessieren.
    »Harry, what about something to eat?« Ihr bedingungsloser Appetit ging ihm langsam auf die Nerven.
    »Verdammt noch mal, kannst du auch einmal nicht ans Essen denken«, motzte er. »Wir haben zwei Kunstwerke geklaut, die Polizei hat mich unter Mordverdacht, und vor allem haben wir hier ein Riesenproblem in der Küche liegen.«
    »Ich hab sie nicht umgebracht«, schmollte Zoe.
    »Natürlich nicht, das weiß ich auch.«
    »Harry, du hast gesagt, wir klauen hier einen Miró. Von Italienerinnen, mit denen du erst love affairs hast und die dann tot in der Küche liegen, war nie die Rede! Ich hab mit dieser Frau nichts zu tun gehabt. Ich nicht!« Zoe wurde jetzt auch lauter.
    »Ist ja gut. Behauptet ja niemand«, lenkte Harry ein.
    Zoe war unterdessen zum Küchentisch gegangen und fingerte nach dem verräterischen Plastikstreifen.
    »Harry, hab ich dir eigentlich den Streifen gezeigt?« Stolz hielt sie ihm das Plastikding vor die Nase. »Du hast ihn gesehen? Oder? Ich muss einfach essen. Für unser Baby.«
    Harry strich sich verlegen die Haare aus dem Gesicht und nahm Zoe in den Arm. Es war ein bisschen so, als hätten sie sich gerade kennengelernt. Ein komisches Gefühl, alles irgendwie neu, unbekannt. Eigentlich wusste Harry noch gar nicht, wie er zu dieser neuen Entwicklung stehen sollte. Es war alles etwas zu viel in den letzten Tagen gewesen. Er musste versuchen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und das hieß jetzt: aufräumen.
    »Trotzdem müssen wir hier erst mal klar Schiff machen«, sagte er in Zoes Haarschopf hinein.
    Zoe sah ihn ungläubig an. Aber dann zogen sie sich beide Gummihandschuhe über, zerrten die Tote von dem pseudoantiken Läufer herunter und wischten den Boden. So oft wie in den letzten Tagen hatte Harry in seinem ganzen Leben keine Gummihandschuhe getragen. Wie ein Besessener bearbeitete er mit einer kleinen Abwaschbürste den alten Steinboden.
    »Harry, it’s enough. Wenn die Polizei es wirklich darauf anlegt, findet die immer noch etwas. Du kannst das nicht verhindern«, stellte Zoe fest, die sich zum Putzen ihr »Tonight’s-the-Night«-Shirt angezogen hatte.
    »Bei den italienischen Kommissaren hab ich die Hoffung, dass sie nicht so gründlich sind.« Harry war vom Schrubben richtig außer Atem.
    »Nicht so gründlich wie die Deutschen beim Saubermachen.«
    Harry schenkte Zoe den gesamten Inhalt einer Espressokanne in die große Cappuccinotasse und setzte gleich noch einmal einen Kaffee auf. Während der achteckige Alukocher auf dem defekten Gasherd vor sich hin zischte, diskutierten sie, was sie mit Francesca Zenga machen sollten. Harry musste natürlich sofort an den dicken Carlo denken.
    »Habt ihr den nicht einfach eingepackt und auf eine Baustelle gebracht?« Zoe pustete in den heißen Kaffee.
    »Hast du in der Nähe eine Baustelle gesehen?«
    Harry holte den Teller mit den Rotbarben aus dem Kühlschrank.
    »Ich weiß gar nicht, wie lange man Tote überhaupt bewegen kann«, sagte er mit Blick auf Franca. »Carlo war steif

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