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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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reduzierte das Tempo. Auch von Nahem war schwer etwas zu erkennen. Das Ufer war von hohem Gras überwuchert. Ein Stück entfernt war irgendwo eine Mauer oder vielleicht auch ein Gebäude zu erkennen. Eine Möglichkeit, das Boot festzumachen, war auf Anhieb nicht zu entdecken. Mit der langsamsten Geschwindigkeit, die überhaupt möglich war, tuckerten sie an dem auffällig geraden Ufer entlang.
    »Zoe, aufwachen, wir sind da«, sagte er gepresst.
    Keine Reaktion.
    Und dann lauter: »Zoe!«
    Sie stöhnte im Halbschlaf. Dann schreckte sie hoch. »Was ist los? Sind wir schon da?« Als wenn sie auf einer Autofahrt zurück von einer Feier auf dem Lande eingeschlafen wäre.
    »Sacca Sessola!«, sagte Harry, während er Hans-Dieters Kahn noch näher ans Ufer steuerte.
    Zoe schüttelte ihren Kopf, um wach zu werden. »Ich muss richtig weg gewesen sein. Ich wusste im Augenblick gar nicht, wo ich war.«
    Vielleicht hundert Meter vom Ufer entfernt konnte Harry verfallene Gebäude erkennen, die Ruinen des Sanatoriums. Sie waren richtig. Nachdem sie eine Weile das Ufer entlanggeschippert waren, tauchte aus der Dunkelheit eine verwitterte Uferbefestigung auf. Harry steuerte das Boot darauf zu und nahm den Gang heraus.
    »Zoe, übernimm du mal kurz.«
    Mit dem Gleichgewicht kämpfend, wechselte sie ins Heck. Harry sprang mit der Leine von Bord und suchte nach einer Möglichkeit, sie festzumachen. Nichts als alte bröckelnde Steinmauern und aufgeplatzte Betonplatten, aus denen ein paar verrostete Bewehrungseisen herausstaken. An einem der gebogenen Stahlstäbe machte er das Boot fest. Besonders vertrauenerweckend sah das Teil nicht aus. Und sein Knoten war sicher nicht fachgerecht. Aber es musste gehen.
    Zoe betätigte die Motorstopptaste. »Wollen wir sie gleich aus dem Boot heben? Ich stell sie auf die Beine und du ziehst sie hoch.«
    »Vielleicht sollten wir erst mal auskundschaften, wo wir mit ihr hinwollen.«
    »Und so lange bleibt sie im Boot?«
    »Du hast recht. Falls hier wirklich jemand aufkreuzen sollte, ist sie im Boot gar nicht gut aufgehoben.
    »Wir legen sie lieber in das hohe Gras dahinten, bis wir etwas gefunden haben.«
    Zoe war jetzt wieder recht munter und wirkte deutlich ruhiger als Harry, der hektisch auf der Uferbefestigung herumlief.
    Sie versuchte, Franca an ihrem Jackett hochzuziehen. »Harry, ich glaube, sie ist inzwischen ganz steif geworden«, rief sie entsetzt.
    »Dann lässt sie sich doch viel besser hinstellen. Oder?«
    »Ich mag sie nicht anfassen!«
    »Mein Gott, Zoe, wir können hier nicht ewig diskutieren.« Harry wurde ungeduldig. Er sah sich um. Aber es war absolut niemand in der Nähe.
    Mit Ach und Krach bekamen sie Franca an Land. Die Totenstarre hatte tatsächlich schon eingesetzt. Harry wusste nicht recht, ob das für den Transport ein Voroder Nachteil war. Sie war sperrig, aber sie sackte auch nicht mehr so leicht weg.
    Es war stockdunkel. Harry knipste die Taschenlampe an. Mit der steifen Francesca zwischen sich schleppten sie sich durch das hüfthohe Gestrüpp. Zwanzig bis dreißig Meter vom Ufer entfernt legten sie die Tote ins Gras und gingen allein weiter. Harry löschte die Taschenlampe wieder. Sie versuchten sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Aber allzu viel konnten sie trotzdem nicht sehen. Die Insel wirkte wirklich vollkommen ausgestorben. Hierher verirrte sich niemand, keine Liebespaare und auch für Penner war es zu ungemütlich.
    Das ganze Gelände war von hohen verwilderten Gräsern, Disteln und allerlei undefinierbarem Unkraut überwuchert. Die beiden mussten sich durch das Gesträuch regelrecht hindurcharbeiten. Dabei schnitten ihnen Gräser und kleine Dornen über die Handrücken und die bloßen Oberarme. An Harrys Hosenbeinen blieben Pflanzen mit Widerhaken hängen. Immer wieder traten sie in Bodenlöcher. Bei jedem Schritt stäubte eine Salve von Mücken um sie herum.
    Sie kamen jetzt an einen hohen Zaun aus Maschendraht. Harry schaltete die Taschenlampe ein. Und jetzt? Sie kannten sich auf der Insel überhaupt nicht aus. Vielleicht hätte er vorher doch bei Tageslicht das Terrain sondieren sollen. Plötzlich huschte neben ihren Füßen etwas unter dem Maschendraht hindurch. Harry meinte den Schwanz einer Ratte zu erkennen. Er wich einen Schritt zurück.
    Zoe stieß einen spitzen Schrei aus. »Achtung, Harry, pass auf, dass sie nicht in die Hosenbeine laufen.«
    Er klatschte ein paar Mal in die Hände und stampfte mit dem Fuß auf.
    Wenn sie beide irgendetwas nicht

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