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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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Miene.
    Harry und Zoe versuchten sich nichts anmerken zu lassen. Aber irgendwie bildete Harry sich ein, dass Giovanni sich das Grinsen verkneifen musste.
    »Ihr wollt uns also wirklich schon verlassen? Schaaade!« Das »Schade« dehnte Doris wie sonst ihr »Schöön«.
    Harry hatte heute Morgen bei Britt und bei Hans-Dieter angerufen und ihre Abreise angekündigt. Sie hatten beschlossen, Venedig so schnell wie möglich zu verlassen. Aber zuvor mussten sie sich von den »Amici« verabschieden, um keinen Verdacht zu erregen.
    »Harry geht es nicht gut mit seinem Bein«, sagte Zoe mit besorgter Stimme vertraulich leise zu Doris und Britt, als ob Harry das nicht hören dürfte. Und dann lauter und gar nicht mehr besorgt: »Vielleicht gibt es bei uns Ärzte, die mit etwas weniger Gips auskommen.«
    Seinem Fuß ging es tatsächlich nicht gut. Bei seiner Verfolgungsjagd mit der Polizei hatte er sich die Ferse aufgescheuert. Die Wunde hatte sich blöderweise entzündet. Außerdem trug er den Gips wieder mit Füllung. Denn den Giacometti und auch ihr Gepäck hatten sie bereits dabei. Von hier aus wollten sie direkt zum Bahnhof. Sie mussten Italien zwar schnell verlassen, aber mit der Skulptur in Harrys Gips wollten sie die lästigen Flughafenkontrollen, so weit es ging, umgehen. Und so hatte Zoe eine Zugverbindung über Bologna und Florenz nach Rom herausgesucht. Ihr Zug ging um fünfzehn Uhr zwanzig von der »Stazione Ferroviaria Santa Lucia«.
    Harry steckte der Schreck von gestern noch in den Gliedern. Er hatte die letzte Nacht lange gegrübelt, ob sie sich auf die Suche nach dem Bild machen sollten. Aber wie und wo?
    Während Zoe erstaunlich ruhig geblieben war, wurde Harry richtig wütend. Beim Anlegen an den Fondamenta vor ihrem Apartment hatte er Hans-Dieters Boot schon so unsanft gegen die Mauer gesetzt, dass der Kahn eine solide Delle bekommen hatte. Und jetzt lief er laut schimpfend in der Wohnung auf und ab.
    »Verflucht noch mal, was ist mit dem Miró passiert. Das darf doch alles nicht wahr sein!«
    Immer passierten ihm solche Sachen. Bei seinem ersten Kunstcoup war er an das Gemälde nicht mehr herangekommen. Diesmal war es noch schlimmer. Das Bild war einfach weg.
    Noch im Boot hatte er Zoe heftigste Vorhaltungen gemacht, dass sie das Paket nicht richtig an dem Seil festgemacht hätte.
    »Ich hab dir gleich gesagt, dass es eine blöde Idee ist, das Bild zu versenken«, hatte Zoe zurückgegiftet. »Aber ich habe alles so gemacht, wie wir es hundertmal besprochen hatten. Und du sagst doch, die Schlaufe wäre gar nicht mehr zu sehen gewesen.«
    »Ja, du hast ja recht, das Bild ist nicht von selbst abgegangen. Jemand muss das Paket abgeschnitten haben.«
    »Aber wer? Franca kann es nicht gewesen sein.«
    »Die wusste zwar sehr genau, dass wir es waren«, sagte Harry, »aber sie hatte keine Ahnung, wo wir das Bild versteckt haben. Sie war an dem Abend gar nicht dabei gewesen und wollte ja selbst wissen, wo es ist.«
    »Und was ist mit der Polizei?«, überlegte Zoe.
    »Die hätte doch wahrscheinlich das ganze Tau gesichert. Das lose Ende sah wie abgeschnitten aus. Halb geschnitten, halb gerissen.«
    »Außerdem würden wir hier wohl nicht mehr sitzen. Die Polizei hätte das Versteck doch bestimmt beobachtet, um den Täter zu stellen.«
    »Dieser eitle Gockel von Commissario und sein dicker Inspektor? Meinst du, die schlagen sich hier die Nacht um die Ohren? Aber du hast schon recht, es muss jemand gewesen sein, der bei der Performance dabei war und mich beobachtet hat.« Da war sich Harry jetzt ganz sicher. »Hans-Dieter rannte während der Performance doch auch die ganze Zeit rum. Ich glaube, ich hab ihn am Fenster vorbeilaufen sehen, als ich vom Steg zurückkam. Ja, genau, er muss mich beim Verstecken des Bildes beobachtet haben!«
    Harry musste sich nur vorstellen, dass dieser aufgeblasene Wichtigtuer seinen Miró in den Händen hielt, und er hätte die Wände hochlaufen können. Was wollte der mit dem Bild? Ihn bei der Polizei verpfeifen? Nein, er wollte sich den Miró selbst unter den Nagel reißen.
    Eine ganze Weile hatten sie noch überlegt, wie sie wieder an das Bild kommen könnten. Sollte er noch einmal zu ihm fahren und sich diese scheinheilige Ratte richtig vorknöpfen. Harry war so wütend, dass er kurz davor war, noch einmal ins Boot zu steigen. Aber letztlich sah er ein, dass es keinen Sinn machte. Giovanni-Dieter würde es nie zugeben. Und vielleicht hatte er das Bild ja doch nicht. Dann hätten

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