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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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war die Entdeckung, dass Damerei keine unmittelbare Absicht hegte, die Priory zu verlassen. Der offizielle Grund, seinen Aufenthalt zu verlängern, mochte sein, wie sein Gutsverwalter hoffte, einige der schweren Schäden, die die jahrelange Vernachlässigung seinen Ländereien zugefügt hatte, in Ordnung zu bringen - aber sein wirklicher Zweck war unverschämt deutlich: Venetia war seine Beute, und er jagte sie erbarmungslos, ausschließlich auf nichts anderes aus, wie Oswald überzeugt war, als auf die Befriedigung seiner vorübergehenden Lust. Die Berichte über ihn schrieben ihm Hunderte lieblicher Opfer zu, und Oswald sah keinen Grund, deren Wahrheit anzuzweifeln, noch infrage zu ziehen, dass nicht die geringsten Gewissensbisse oder die mindeste Achtung vor der öffentlichen Meinung ihn aufhalten würden, seiner Begierde zu folgen. Em Mann, dessen Laufbahn mit der Entführung einer verheirateten Dame von Rang begonnen hatte und den Verkehr mit solchen Dirnen einschloss, wie sie die Priory erst vor einem Jahr in ein Bordell verwandelt hatten, war fähig, jede Infamie zu begehen, und Damerei hatte schon vor Jahren gezeigt, wie wenig er sich um die öffentliche Meinung kümmerte. Wenn seine vergangenen Handlungen ihn nicht verraten hätten, so genügte ein einziger Blick auf ihn, meinte Oswald, jeden anderen als einen solchen Klotz wie Edward Yardley zu überzeugen, dass er ein rücksichtsloser Freibeuter war, der nicht zögern würde, falls er Venetia in seine Netze bekommen konnte, sie in die Fremde zu entfuhren, genauso wie er seine erste Mätresse entführt hatte, und sie später, wenn ihre Süße seinem ermatteten Gaumen nicht mehr behagte, zu verlassen. Er hatte sie schon mehr als halb behext, wie jene, die gemütlich von ihrer ruhigen Vernunft sprachen, sicherlich hätten erkennen müssen, hätten sie nur ihren Blick sehen können, wenn sie ihre Augen zu ihm erhob. Sosehr diese Augen auch immer lächelten, so zärtlich wie jetzt hatten sie noch nie gelächelt. Einen verstörten Augenblick lang hatte Oswald das Gefühl, dass sie plötzlich eine ganz andere geworden war, und er erinnerte sich an irgendeine Geschichte, wahrscheinlich eine von Aubreys Geschichten, über eine Statue, die durch irgendeine Göttin zum Leben erweckt worden war. Nicht, dass Venetia je wie eine Statue gewesen wäre, aber in all ihrer Lebhaftigkeit war sie kühl und vernünftig gewesen, liebevoll, aber nie blind in ihrer Liebe, selbst in Bezug auf Aubrey nicht, den sie liebte, sich aber über ihn amüsierte, und die niemandem außer Aubrey mehr als Freundlichkeit erwies. Diese Gelassenheit gefiel Edward Yardley, weil er glaubte, sie sei ein Zeichen von Bescheidenheit und guter Erziehung; sie hatte auch Oswald gefallen, aber aus einem ganz anderen Grund - es verwandelte sie von der hübschesten Dame im Distrikt in eine Märchenprinzessin, deren Hand nur durch den tapfersten und edelsten und schönsten ihrer vielen Freier errungen werden konnte.
    In seinen romantischen Stimmungen hatte sich Oswald häufig in dieser Rolle gesehen, wie er entweder durch Geist und Charme Liebe in ihr erweckte, oder sie - während Edward Yardley danebenstand und es nicht wagte, sein Leben bei dem Versuch zu riskieren - aus brennenden Häusern, von durchgegangenen Pferden oder vor brutalen Schändern rettete. In diesen Träumen hatte sie sich sofort leidenschaftlich in ihn verliebt, Edward schlich beschämt und aus der Fassung gebracht davon, und alle, die früher den jungen Mr. Denny behandelten, als sei er ein Schuljunge, sahen nachher mit Ehrfurcht zu ihm auf, sprachen mit Respekt von ihm und hielten es für eine Ehre, ihn bei ihren Gesellschaften zu bewirten. Es waren angenehme Träume - aber nur Träume. Er hatte nie erwartet, dass sie wahr würden.
    Es war äußerst unwahrscheinlich, dass Venetia in einem brennenden Haus gefangen sein würde, und noch unwahrscheinlicher, dass in einer solchen Zwangslage gerade er bei der Hand sein würde, um sie zu retten. Sie war eine vollendete Reiterin, und das plötzliche Eindringen eines brutalen Schänders in die friedliche und gesetzestreue Nachbarschaft schien selbst im Traum denn doch zu weit hergeholt zu sein.
    Und dennoch war genau das geschehen. Denn Damerei, obwohl er nicht genau dem Traumgeschöpf entsprach, war sicherlich ein Schänder der Frauenehre. Aber statt Schutz vor seinen hassenswerten Annäherungen zu suchen, ermutigte sie Venetia ausgesprochen, äußerst getäuscht von der Maske, die er trug.

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