Venezianische Verführung (German Edition)
doch zu ihrer Überraschung beugte er sich über sie und küsste sie auf die Stirn, bevor er die Tür hinter sie schloss.
Verwirrt starrte sie auf das Türblatt. Sein Kuss, obgleich er kaum mehr als ein Hauch gewesen war, brannte noch immer auf ihrer Haut.
Hatte er seine Frau getötet, wie es die Gerüchte besagten? Aurora konnte sich Leandro nicht als Frauenmörder vorstellen. Doch man sah es niemanden an, was wirklich in einem verborgen lag. Sie jedoch glaubte, Leandro mittlerweile besser zu kennen. Er war nicht so schlimm, wie es den Anschein machte er war noch schlimmer.
Aber er war kein Frauenmörder. Das ganz gewiss nicht. Dennoch blieben Zweifel, die sie nicht ganz ausräumen konnte. Doch dies und ihre Liebe zu ihm waren nicht mehr von Bedeutung – wenn er morgen tot sein würde.
* * *
Leandro war berührt von der Sorge, die sich Aurora um ihn machte. Auch überkamen ihn Schuldgefühle. Weder Corleon noch Santino hatten Aurora verdient. Verdammt, er hätte sich die Herren genauer ansehen sollen, bevor er sie zu sich einlud! So ganz unschuldig war er nicht an Auroras Verzweiflungstat. Auch wenn er ein Mann war, der zuallerst seinen Pflichten nachkam, so verstand er doch ihre Handlungsweise. Aurora verdiente einen Mann, der sie zuvorkommend behandelte außerhalb und im Bett. Ein Mann wie Santino würde sie in ihren vielfältigen Interessen einschränken und sie unterdrücken. Und Corleon – der war ein Volltrottel.
Aurora war sehr sinnlich veranlagt und brauchte jemanden, der sich ihrer Bedürfnisse annahm. Kurz gesagt: Sie war genau die Frau, die er sich insgeheim wünschen würde, hätte er denn die Absicht, zu heiraten, was nicht der Fall war.
Wie es aussah, kam es jedoch nicht auf seine Absichten an, sondern auf die Pflicht. Auroras Ehre zu verteidigen war das Geringste, was er für sie tun konnte. Sollte er sterben, würde Giuiseppe sich um sie kümmern.
Es würde schwer sein, einen passenden Ehemann für Aurora zu finden.
Dummerweise hatte sich die kompromittierende Situation, in der sie sich befunden hatte, sehr schnell herumgesprochen. Gewiss hatte Pietro Lamberti hier seine Hände im Spiel. Der Gedanke, wo an Aurora dieser Mann schon überall seine Hände gehabt hatte, ließ in ihm die kalte Wut aufsteigen. Am liebsten hätte er ihn an Ort und Stelle niedergeschossen.
Allzu deutlich erinnerte er sich daran, wie Aurora vor ihm auf den Pferd gesessen hatte. Wie schmerzhaft sich seine Erektion gegen sie gepresst hatte.
Sicherlich war es ihr nicht entgangen. Dennoch war sie zu ihm in seinen Raum gekommen, leichtsinnig wie sie war. Nicht viel hätte gefehlt und er hätte sich einfach auf sie gestürzt, sie auf sein Bett geworfen und seine Lust mit ihr geteilt bis zum Morgengrauen, um später aufgrund seines durch Müdigkeit getrübten Reaktionsvermögens erschossen zu werden.
Zumindest wäre er als glücklicher Mann gestorben.
* * *
Aurora erwachte mitten in der Nacht aus unruhigem Schlaf. Sie hatte von Leandros Tod geträumt. Ihr Herz verkrampfte sich vor Angst. Der Traum hielt sie noch immer eiskalt umfangen. Fast er schien es, als wäre er eine nahende Wirklichkeit. Als Kind hatte sie gelegentlich in Träumen die Zukunft gesehen, hatte Ereignisse geträumt, die genauso eingetroffen waren. Würde Leandro morgen sterben? Sie erhob sich und schlich sich zu Leandros Tür. Sollte sie umkehren? Ihr Herz klopfte, dass ihr Kopf davon dröhnte, als sie die Türklinke umfasste.
Kühl war sie in ihrer Hand kalt wie ein Leichnam.
Vielleicht hatte er abgeschlossen? Was würde er mit ihr tun, wenn er sie nachts in seinem Raum vorfand? Würde er ihr den Hintern verhauen oder sie mit einem Achtzigjährigen verheiraten? Egal, womöglich war dies ihre letzte Möglichkeit, ihn lebendig zu sehen. Sie drückte die Klinke herunter.
Die Tür gab nach. Leise schlich sie sich in den Raum. Sie vernahm Leandros gleichmäßige Atemzüge. Wie konnte er nur so ruhig schlafen, derart kurz vor dem Duell und seinem potenziellen Tod? Womöglich waren dies die letzten Stunden seines Lebens.
Andererseits war Aurora froh, dass er einen gesunden Schlaf hatte. Wenn er ausgeruht war, waren seine Reaktionen besser, was die Wahrscheinlichkeit seines Überlebens erhöhte. Sie musterte ihn, um sich einzuprägen, wie er lebendig aussah. Womöglich konnte sie in wenigen Stunden nur noch einen Blick auf seine Leiche werfen.
Wie weich und entspannt seine Gesichtszüge im Schlaf waren. Eine dunkle Locke
Weitere Kostenlose Bücher