Venezianische Verführung (German Edition)
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Aurora lehnte sich zurück und genoss seine Wärme und die Stärke seiner Umarmung. Sie waren schneller als mit der Kutsche, sodass sie den Hafen in weniger als einer Stunde erreichten. Sie fühlte sich allein, als er sich vom Pferd schwang und auch sie herunterhob.
Er umfing sie nicht länger als notwendig an der Hüfte. Spürte sie seine Erektion oder irrte sie sich? Da ließ er sie bereits wieder los. Sie rieb ihre Oberarme, in der Hoffnung, Wärme zu gewinnen.
Leandro gab das geliehene Pferd zurück und mietete eine Gondel. Er half ihr hinein. Aurora wäre beinahe ins Wasser gestürzt, hätte er sie nicht an der Hüfte umfangen, so zitterten ihre Beine.
Besorgt sah Leandro sie an. »Alles in Ordnung?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts ist in Ordnung.«
Er antwortete nicht, sondern starrte aufs dunkle Wasser, wo sich noch immer eine Nebelschicht dahinzog.
Die Stadt Venedig schälte sich aus dem Dunst eine Stadt aus Licht und Stein, die auf abertausenden von Pfählen auf dem Wasser schwebte, erbaut auf den Relikten längst vergangener Tage. Einzig, weil Haus auf Haus gesetzt wurde, versank sie nicht in den Fluten.
Aurora fühlte sich stets hingezogen zu den Wassertiefen. Dunkel und geheimnisvoll und unendlich erschienen sie ihr. Sie zog den Umhang enger um sich und sah zu Leandro. Der Wind hatte sein Haar erfasst. Sein Zopf hatte sich gelöst. Bis auf die Schultern fielen seine dunklen Locken. Bartstoppeln ließen seine Züge dunkler erscheinen als sonst. Seine Augen waren beinahe schwarz und unergründlich wie das Meer bei Nacht.
Sie erreichten den Hafen von Venedig und liefen den Rest des Weges bis zu ihrem Haus. Aurora fühlte sich beobachtet. Wenn jemand ihre zerrissene Kleidung sah, würde es am nächsten Tag Gerüchte geben. Nun, die ließen sich kaum vermeiden. In Venedig kannte fast jeder jeden.
Zuhause angekommen begab sie sich in ihr Zimmer, und wechselte die Kleider. Als sie wieder nach unten kam, war Leandro fort, um seinen Geschäften nachzugehen. Geschäftliche Termine, vermutete Aurora. Wie immer. Wie konnte er nur seinen Geschäften nachgehen als wäre nichts geschehen, wenn er womöglich morgen tot war? Der Gedanke an das Duell ließ ihr keine Ruhe.
Aurora betrat ihr Malzimmer. Sie nahm ihre Pinsel, einen Becher mit Wasser und öffnete mehrere der Tiegel. Auf der Mischpalette versuchte sie, Leandros Hautton hinzukriegen. Noch ein wenig Umbra fügte sie hinzu, da sein Teint dunkler war als der ihre. Etwas Azurit für die schattigen Bereiche.
Dies war gar nicht so einfach, da die Farbe im feuchtem Zustand dunkler war, doch sie bekam es gut hin.
Seine Haarfarbe entsprach der seiner Schwester.
Eleonora – der Gedanke an sie erfüllte Aurora mit Schmerz. Bald stand das Bild in den Grundzügen. Nur noch ein paar Feinheiten hier und da fehlten. Sie nahm sich vor, ohnehin ein zweites Bild von Leandro zu malen.
Heute war sie doch ein wenig nervös, was sie am Beben ihrer Hände bemerkte. Wichtig war nur, dass sie die Form seines Gesichtes, seiner Augen, Nase, Wangen und dieser überaus sinnlichen Lippen für immer festhielt.
Wer wusste, ob es ihn morgen noch gab.
* * *
Erst am Abend als Aurora sich nach dem Essen in ihren Raum zurückgezogen hatte, kam Leandro zurück. Sie vernahm im Flur seine Schritte und die Geräusche, als er seine Tür öffnete und wieder schloss. Aurora wartete einige Minuten, die sich Ewigkeiten hinzuziehen schienen. Ihre Sorge um ihn zehrte an ihren Nerven. Stille breitete sich aus.
Aurora schlich sich aus ihrem Zimmer und huschte durch den Flur. Würde sie es wagen? Ihr Herz pochte wild. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Sie nahm ihren Mut zusammen, atmete noch einmal tief durch und klopfte an Leandros Tür.
»Wer ist da?«
»Ich, Aurora.«
Leandro riss die Tür auf. Er trug nur ein Tuch um die Hüften geschlungen. Es kostete sie Mühe, nicht seine nackte Brust, seine Beine und das dazwischen, was sie nur erahnen konnte, anzustarren.
»Was zur Hölle willst du so spät von mir?« Sein Tonfall war barsch.
»Nichts, ich . . . « Sie schluchzte, als die aufgestauten Gefühle aus ihr herausbrachen. »Ich möchte nicht, dass du wegen mir umkommst.«
»Ich werde nicht umkommen. Ich bin ein guter Schütze. Geh zurück in dein Zimmer.«
»Ich möchte auch nicht, dass du wegen mir zum Mörder wirst.« Sie starrte auf seine Brust. Wie gerne wollte sie darüberstreichen. Wenn er nicht so ein arroganter, herrschsüchtiger Satyr wäre. Obwohl seine
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