Venezianische Versuchung
Skandalen aufwächst. Du jedoch musst alles kaputt machen!“ Damit wandte sie sich zur Tür und rannte aus dem Raum, ehe jemand sie aufhalten konnte.
„Hölle und Teufel!“, schimpfte Richard. „Mary, bitte, hol deine Schwester zurück!“
„Ich werde mich um Diana kümmern“, sagte Jane.
„Nein, das brauchst du nicht.“ Richard gefiel der Gedanke, auch nur für kurze Zeit von ihr getrennt zu sein, gar nicht. „Du bist nicht mehr Dianas Gouvernante.“
„Ich werde bald ihre Stiefmutter sein. Und ich möchte nicht, dass diese Beziehung mit einem solchen Missklang beginnt.“
„Ich komme mit“, bot Mary an. „Auf mich wird Diana hören.“
„Das ist sehr lieb. Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich allein mit ihr rede.“ Jane lächelte Richard und Mary noch einmal kurz zu und verließ dann das Zimmer. Tatsächlich war sie weit weniger zuversichtlich, als man aus ihren Worten hätte schließen können. Aus Erfahrung wusste sie, dass Dianas Stimmungen manchmal seltsame Kapriolen schlugen. Und jetzt war die junge Dame zudem schwanger. Hieß es nicht, dass Schwangere zu unvorhersehbaren Ausbrüchen neigten? Wohin hatte sie sich überhaupt geflüchtet?
Diese Frage war rasch beantwortet. Diana stand mit bebenden Schultern und gesenktem Kopf inmitten der Eingangshalle. Sie weinte.
Jane trat zu ihr, schloss sie in die Arme und meinte sanft: „Nicht weinen, mein Liebes. Alles ist gut.“
Diana warf ihr die Arme um den Nacken und schluchzte: „Sie haben mir gefehlt, Miss Wood!“
Jane war so gerührt, dass auch ihr Tränen in die Augen stiegen. „Sie haben mir auch gefehlt, Diana. Doch nun, da wir wieder vereint sind, gibt es keinen Grund zum Weinen, nicht wahr?“
„O doch. Jetzt, da ich Sie endlich wiedersehe, wird mir bewusst, wie sehr ich Sie liebe. Und wie sehr ich Sie brauche. Wie soll ich nur ohne Sie zurechtkommen, vor allem, wenn das Baby erst da ist?“
Jane zog die schluchzende junge Frau fester an sich. „Keine Sorge, Sie werden alles richtig machen. Ich sehe doch, dass es Ihnen gut geht, dass Sie eine wunderbare Ehefrau sind und eine liebevolle Mutter sein werden.“
Schwach schüttelte Diana den Kopf. „Ich habe Angst. Ich weiß nicht, was ich tun muss. Ich …“
Beruhigend klopfte Jane ihr auf den Rücken. „Alle jungen Mütter fühlen sich unsicher. Das ist ganz normal. Aber denken Sie daran, dass Ihr Gatte Ihnen beistehen wird. Sie beide werden das Kind lieben. Das ist die Hauptsache.“
„Glauben Sie?“ Der Strom der Tränen versiegte. „Anthony ist ein wunderbarer Ehemann und bestimmt wird er ein guter Vater. Trotzdem …“
Jane unterbrach sie. „Alle wird gut, glauben Sie mir.“ Sie holte ihr eigenes Taschentuch hervor, um Dianas Augen und Wangen zu trocknen. „Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen? Zur Ca’ Battista gehört ein hübscher Garten, von dem aus wir den Weg am Kanal erreichen können. Erinnern Sie sich, wie gut es uns immer getan hat, wenn wir von Aston Hall aus zu einem Spaziergang aufgebrochen sind?“
Ohne auf eine Antwort zu warten, rief Jane einen Lakaien herbei und befahl ihm, Lady Dianas und ihren eigenen Mantel zu bringen. Wenig später wanderte sie Arm in Arm mit ihrem ehemaligen Schützling am Kanal entlang. Diana hatte sich beruhigt und plauderte nun über dieses und jenes. Jane lächelte zufrieden. Sie wusste, dass die junge Dame, genau wie ihr Vater, gereizt und unruhig wurde, wenn es ihr an Bewegung fehlte.
„Anthony kam auf die Idee“, erzählte Diana gerade, „Sie mit nach Rom zu nehmen, Miss Wood. Sie hätten zuerst als meine Gesellschafterin bei uns leben können und später als Gouvernante unserer Kinder. Es wäre so wunderbar gewesen …“
Jane lächelte. Vor noch nicht allzu langer Zeit wäre ihr Lord Anthonys Vorschlag wie ein Wink des Himmels vorgekommen. Eine solche Stellung anzutreten hätte sie all ihrer Sorgen enthoben und ihr zudem große Freude bereitet. Doch inzwischen war Richard – und mit ihm die Liebe – in ihr Leben getreten. Sie hatte die Chance erhalten, nicht nur zu heiraten, sondern womöglich auch selbst Mutter zu werden. Der Gedanke daran genügte, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen.
„Es wäre wunderbar gewesen“, stimmte sie Diana zu. „Und ich bin Ihnen und Lord Anthony sehr dankbar. Doch da Ihr Vater …“
„Papa hat alles kaputt gemacht“, rief Diana zornig aus.
„Indem er mir seine Liebe geschenkt hat? Sie meinen, er habe damit Ihr und mein Leben ruiniert?“
Diana
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