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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Verlust, den er erlitten hatte. Mary hatte in Paris geheiratet und war natürlich bei ihrem Gatten geblieben, als Miss Wood mit Diana nach Italien weiterreiste. Kurz nachdem die beiden aufgebrochen waren, hatte sie den ersten der Briefe verfasst.
    Ach Mary, meine liebe Mary, dachte Richard. Es war immer so leicht gewesen, sie zu mögen. Im Gegensatz zu ihrer Schwester war sie ausgeglichen und vernünftig. Er hatte sie deshalb nicht mehr geliebt als Diana, die aufbrausend und manchmal ungerecht war. Tatsächlich kam seine jüngere Tochter im Charakter nach ihm, während die ältere eher ihrer Mutter ähnelte. Ruhig und überlegt, wie sie war, hatte Mary schon früh viele der Aufgaben übernommen, die zuvor die verstorbene Duchess erledigt hatte.
    Richard stieß einen tiefen Seufzer aus. Vor Jahren schon hatte er begonnen, Marys Rat einzuholen, ehe er Entscheidungen traf, die mit der Führung des Haushalts zu tun hatten. Und als die Köchin ein paar Wochen zuvor verschiedene Neuerungen in der Küche vorgeschlagen hatte, hatte er darauf bestanden, alle Veränderungen aufzuschieben, bis seine Tochter wieder daheim sei.
    Nur, dass sie nicht heimkommen würde, wie er jetzt wusste! Nein, schlimmer noch: Sie betrachtete Aston Hall gar nicht mehr als ihr Zuhause. Sie hatte sich für das Leben an der Seite eines irischen Gauners entschieden. Eines Gauners, der ihr nicht einmal ein richtiges Heim bieten konnte. John Fitzgerald verfügte zwar, wie es schien, über ein eigenes Einkommen, besaß jedoch nur eine Junggesellenwohnung in London, wohin das junge Paar sich offensichtlich vorerst nicht begeben wollte. Die Brautleute zogen es vor, in Paris in einer angemieteten Unterkunft zu leben. Immerhin verriet der Brief, dass sie keinen Mangel litten und genug Personal hatten, um als respektabel zu gelten.
    Bedrückt, aber doch nicht mehr ganz so zornig und besorgt wie zuvor, legte Richard den ersten Brief zur Seite und nahm den zweiten zur Hand. Aus ihm erfuhr er, dass Mary in ihrem Ehemann überraschenderweise jemanden gefunden hatte, der ihr Interesse an alten Bildern und verstaubten Büchern teilte. Voller Begeisterung schrieb sie, wie anregend sie es fand, sich mit John über lang zurückliegende geschichtliche Ereignisse zu unterhalten.
    Diesem Iren war es offenbar gelungen, Mary glücklich zu machen.
    Daran konnte kein Zweifel bestehen. Das wurde Richard klar, als er sich dem nächsten Brief und dann dem übernächsten widmete. Jedes Wort, jede Zeile, jede Seite drückte Marys Freude darüber aus, einen Mann wie Fitzgerald geheiratet zu haben. Aston musste sich eingestehen, dass er seine Älteste zum letzten Mal so glücklich und unbeschwert erlebt hatte, ehe ihre Mutter starb.
    Schließlich hatte er alle Briefe von Mary gelesen und wandte sich den Briefen seiner jüngeren Tochter zu. Sie waren kürzer, zeugten davon, dass Diana sich weniger Gedanken machte als ihre Schwester. Auch waren sie ein wenig wirr, manche Sätze brachen mitten im Wort ab, verschiedene Themen wurden angerissen, aber nicht zu Ende geführt. Eines allerdings wiederholte Diana klar und deutlich immer wieder: Lord Anthony Randolph war ein wunderbarer Mensch, ein Gentleman, mit dem sie sich nie langweilte, ein Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    Die beiden schienen ein aufregendes Leben zu führen. Sie hatten viele Freunde in Rom, besuchten Musikveranstaltungen und vornehme Gesellschaften, tanzten und amüsierten sich.
    Kopfschüttelnd nahm Richard zur Kenntnis, dass Randolph entzückt über die neuen gelben Seidenstrümpfe seiner Ehefrau gewesen war und dass er ihr einen sprechenden Vogel aus irgendeinem fernen Land mitgebracht hatte.
    Diesem Halbitaliener war es offenbar gelungen, Diana glücklich zu machen – und sie in kürzester Zeit zu schwängern. In ihrem letzten Brief schrieb sie, dass sie ein Kind erwartete.
    Himmel, er würde ein Enkelkind bekommen!
    Aston stöhnte laut auf. Plötzlich war er so müde, dass die Buchstaben vor seinen Augen verschwammen. Er fühlte sich alt. So, als sei er mindestens achtzig, dabei hatte er noch nicht einmal seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert. Erschöpft schloss er die Lider.
    Aus den Briefen seiner Töchter hatte er manches gelernt. Zum Beispiel, dass er sie, trotz all seiner Bemühungen, nie hätte so glücklich machen können wie die jungen Männer, mit denen sie jetzt verheiratet waren. Oder auch, dass er sie nie wirklich gekannt hatte, obwohl sie doch

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