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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Besson
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überrascht.« Er musste es herausbekommen. Musste herausbekommen, ob ich etwas in der Hinterhand hatte. Ob meine Befragung beim letzten Mal nur ein Täuschungsmanöver oder eine Art Köder gewesen war. Ob ich in der Zwischenzeit Informationen über ihn erhalten hatte. Er geriet in Panik, und diese kindliche Angst machte ihn noch rührender. Ich hätte mich heimlich am Wanken des Idols weiden können, aber ich bin nie von solchen Phantasien geplagt worden.
     
    Sein Hemd gab den Blick frei auf eine unbehaarte Brust, und ich war etwas verwirrt, ohne offensichtlich in der Lage zu sein, dieser Verwirrung einen Namen geben zu können. Immerhin standen mir in diesem Augenblick die Bilder der Strichjungen wie im Blitzlicht vor Augen. Wenn mein Urteilsvermögen nicht eingeschränkt gewesen wäre, hätte ich zweifellos mein Missbehagen vom vorangehenden Abend besser verstanden.
     
    »Sie täuschen sich. Ich bin überrascht. Aber meine Anpassungsfähigkeit an Unvorhergesehenes ist anerkanntermaßen groß.« Ich war nicht abgeneigt, von Zeit zu Zeit die desillusionierten Polizisten nachzuahmen, die man in den
Films noirs
der fünfziger Jahre mit müden, verrauchten Stimmen im Off reden hört. Ich war mir nicht bewusst,dass ich auf meine Weise gerade eine Liebesgeschichte angestoßen hatte. Ich wollte diesem Typen gefallen. Ich hätte ihn verachten oder ignorieren können. Stattdessen versuchte ich tatsächlich, eine Verbindung zu ihm aufzubauen.
     
    »Ich habe Billy Greenfield im Frühjahr 89 kennengelernt. Er hing auf einem Megaempfang herum, den einer meiner Freunde am Swimmingpool in Bel Air gab. Er war der Gigolo einer der Gäste, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht. Er war so um die achtzehn Jahre alt. Er schien sich zwischen den exotischen Bäumen, den Sonnenschirmen und den Mädchen im Badeanzug zu langweilen. Ich weiß nicht mehr, wie wir miteinander ins Gespräch kamen. Jedenfalls habe ich verstanden, dass er mir Gras beschaffen wollte. Es sei ganz einfach, ich sagte ja, das war’s.«
     
    Das war’s. Er hatte seinen Monolog in einem Zug heruntergespult, ohne Atem zu holen. Ehrlich gesagt, im Film war er ein besserer Schauspieler. Indessen zeugte seine Unbeholfenheit in gewisser Weise von seiner Aufrichtigkeit. Er fühlte sich tatsächlich nicht wohl in seiner Haut. Ich hatte keinen hinreichenden Grund, an der Wahrheit seiner Worte zu zweifeln.
     
    »Und plötzlich erinnern Sie sich wieder daran?« Ich musste mich sarkastisch und ein wenig erbost zeigen, und misstrauisch. Ohne das wären die Rollen nicht richtig verteilt gewesen. Zu Beginn habe ich den Schein gewahrt.
     
    »Nein, ich habe Sie absichtlich belogen.« Mit diesem Eingeständnis hat er schwer gepunktet. Wenn er ausgewichen wäre, wenn er um den heißen Brei herumgeredet hätte,wäre ich versucht gewesen, ihm eine unerfreuliche Viertelstunde zu bereiten. Man darf nicht davor zurückschrecken, denen, die uns für blöd verkaufen, mit Brutalität zu drohen. Aber seine arrogante Offenheit ist mir erfrischend vorgekommen, und bezaubernd. Er hatte mich »absichtlich belogen«.
     
    »Kann ich erfahren, warum?« Ich stellte die Frage fast routinemäßig, wie jemand, den die Antwort nicht interessiert. Ich stellte die Frage zu dem einzigen Zweck, mir nicht fehlende Neugierde vorwerfen zu lassen. Ich spürte indessen dunkel, dass wir im Begriff waren, in etwas hineinzutaumeln, wäre jedoch nicht imstande gewesen zu sagen, in was.
     
    »Man hat immer etwas Angst, wenn ein Polizist auftaucht, um einem Fragen zu stellen, vor allem, wenn es um Mord geht.«
    »Haben Sie Angst vor mir?«
    »Nein.«

 
    Wenn ich zurückdenke, muss ich zugeben, dass Jack mich viel und lange Zeit belogen hat. Ich sollte ihm böse sein, dass er mich an der Nase herumgeführt hat, aber es gelingt mir nicht.
     
    Erstens finde ich Entschuldigungen für ihn. Er wusste nichts von mir, außer dass ich Polizist war. Warum hätte er mir vertrauen sollen? Und warum hätte er mir etwas enthüllen sollen, von dem er vernünftigerweise hoffen konnte, dass es nie entdeckt würde? An seiner Stelle hätte ich es genauso gemacht. Ein Kind, das eine entsetzliche Dummheit begangen hat, wird seinen Eltern eine Schandtat nicht aus freien Stücken beichten, im Gegenteil, es verschweigt sie, solange es geht, in der Hoffnung, dass sie nie ans Tageslicht kommt. Und wenn sie aufgedeckt wird, ist seine erste Reaktion, jede Schuld zu leugnen. Und wenn diese Schuld außer Frage steht, wird es sich damit

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