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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Besson
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schon die bekannten Lichter von Los Angeles gesehen. Und dann, gleich danach, fuhr der Sportwagen zu schnell, und es wäre mir lieb gewesen, wenn er das Tempo verringert hätte, so wie man einen Henker, der einen auf den elektrischen Stuhl setzen wird, um etwas Aufschub bittet. Zwischendurch blickte ich zu Jack hinüber, seine Kiefer waren aufeinandergepresst und sein Nacken sehr steif.
     
    Zweimal hat er seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt, ohne dabei aufzuhören, die Straße entlangzurasen, die Markierungen der Autobahn zu testen. Ich dachte: Es ist eine zärtliche Geste, eine jener Gesten, die man nicht unterdrücken kann, die sich aufdrängen, die versuchen, ein Gefühl festzuhalten, eine Zuneigung zu erkennen zu geben. Und dann kam ich im selben Moment, in einer Pendelbewegung, die meinen Geisteszustand ziemlich gut charakterisierte, nicht umhin, darin das Zeichen eines Abschieds zu erkennen. Mit den Augen suchte ich den Pazifik. Einmal mehr hatte ich nur eine schwarze Masse vor mir.
     
    Es war nach Mitternacht, als wir in die Washington Street einbogen. Jack parkte den Wagen am Straßenrand, nicht weit von der Nummer 1225.   Jedoch weit genug, um uns in der eigenartigen Dunkelheit, die sich zwischen zwei Straßenlaternen einnistet, vor unangenehmen Blicken zu schützen. Er kannte die Adresse, er war einmal hier gewesen, hatte hier Nudeln gegessen: Bis zu meiner Wohnung waren es zwei Schritte.
     
    Wir blieben noch mehrere Minuten in dem Spyder, ohne auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Wir schafften es nicht. Anfangs vermochten wir nicht einmal, uns einen Blick zuzuwerfen. Ich kann diesen Zustand nicht genau beschreiben, eine Mischung aus Traurigkeit, Entsetzen, Verlegenheit. Und dann ist es uns gelungen, uns langsam, ungeschickt einander zuzuwenden. Es war so schwer, so qualvoll. Die Bilder des Wochenendes kamen hoch, verschwammen, verformten sich. Wir mussten uns voneinander losreißen, uns trennen, eine Distanz, vielleicht eine Welt zwischen uns legen.
     
    Und das war es, was wir befürchteten, ohne es uns einzugestehen.
    Die Welt zwischen uns.
    Von neuem.
     
    Oder aber wir durften uns nicht mehr verlassen.
    Niemals.
     
    Es hätte nur sehr wenig gebraucht, damit uns nichts mehr trennte. Ein paar Worte, ein Kuss oder ein zu langer Blick hätten genügt. Es hätte genügt, sich dazu zu entschließen. Aber dieses fast Nichts ist nicht erfolgt. Diese Winzigkeit folgte nicht.
    Wir haben weiterhin geschwiegen.
    Ich stieg aus dem Wagen aus. Ehe ich die Tür zuschlug, sagte ich: »Bis die Tage«, und bin über den Bürgersteig in Richtung meines Hauses gegangen. Der Wagen raste los, überholte mich und wendete an der Straßenecke. Ich habe ihn nicht verschwinden sehen.
     
    Ich spürte, wie meine Beine nachgaben, ich hielt mich am Treppengeländer vor dem Haus fest, ich bin nicht gefallen. Ich bin nicht gefallen.

 
    An die Woche, die auf unseren Ausflug nach Monterey folgte, erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht mehr so genau. Noch im Nachhinein erscheint sie mir verhangen, verschwommen, fast nicht existent.
     
    Gewiss, zunächst war da die Wiederbegegnung mit Laura in der Dunkelheit des Schlafzimmers. Ich habe mir die größtmögliche Mühe gegeben, sie nicht aufzuwecken, aber in dem Augenblick, als ich unter die Decke schlüpfte, hat sie meine Gegenwart doch gespürt und rückte im Halbschlaf zu mir, um mich zu umarmen, sie ist jedoch nicht richtig aufgewacht. Ihr Körper an meinem kam mir in dieser Nacht wie ein abgestorbener Baum vor. Ihre Arme wie nackte Zweige.
    Am Morgen, während sie die Toasts vor mir auf den Frühstückstisch legte, sagte sie: »Ich mag es nicht, wenn du weggehst. Du hast mir gefehlt, du weißt nicht, wie sehr.« Sie stellte mir keine Fragen über die Untersuchung. Ich beobachtete sie, während sie mit der Mikrowelle beschäftigt war. Ihr Haarknoten war im Nacken hochgeschoben. Ich sagte mir immer wieder: »Sei bloß vorsichtig, gib das nicht auf, diese kostbare Sache, ihre Liebe, ein schönes Leben, ein einfaches und ruhiges Leben, eine Zukunft.« Ich stand auf, um sie auf den Hals zu küssen. Sie hat gezittert und dabei gelächelt.
     
    Und dann habe ich McGill im Büro getroffen. Während meiner Abwesenheit hatte sich die Welt weitergedreht wie jeden Tag. Es gab keine Neuigkeiten über den Tod von Billy Greenfield, und das hat mich erleichtert. Alles andere war Routine: nächtliche Ruhestörung, ein Einbruch, ein Selbstmord. Man hatte zwei Typen eingelocht,

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