Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
stehen.« Loki zog ein Grinsen, aschte neben sich auf die Erde und ging auf das Gartentürchen zu.
Frau Gerber blieb einen Moment verwirrt stehen, dann lief sie ihm nach. »Woher kommen Sie? Gehören Sie irgendeiner Spezialeinheit an? Wo ist mein Kind?«
Loki hielt inne und drehte sich um. »Ja, ich gehöre einer Spezialeinheit an. Seien sie froh, dass ich hier bin, denn die Polizei macht wieder einmal eine miserable Arbeit.« Die graublauen Augen musterten das verweinte Gesicht. »Und Frau Gerber, wenn Sie erneut Beamte in Ihrem Garten haben, sagen Sie ihnen das, was Sie Ihren Kindern bestimmt auch ständig sagen: Raus aus den Beeten.« Er lächelte und hob die Hand zum Gruß. »Auf Wiedersehen.«
*
Ella Berg spähte zur Absperrung hinüber und musterte die beiden Polizisten und die Kollegen, die gelangweilt herumstanden. Das Fernsehteam war vor wenigen Minuten aufgebrochen, hatte sich mit einer Aufnahme des Nachrichtensprechers vor den parkenden Fahrzeugen der Spezialeinheit zufrieden gegeben.
Dilettanten.
Kaugummi kauend musterte sie die Umgebung. Sie zog das Smartphone aus der engen Jeanstasche, holte sich die Karte Kiels auf den Bildschirm und zoomte sich in den Straßenverlauf. Der Hinterhof, in dem das Spektakel stattfand, war unzugänglich. Es gab nur diese eine Zufahrt, und die war abgesperrt. Was dort hinten vor sich ging, das war die große Preisfrage.
Ella wählte eine Nummer, hielt sich das Handy ans Ohr und wartete.
»Bist du irre?«, meldete sich die Fistelstimme. »Ich kann jetzt nicht reden!«
»Ruhig Blut, min vän«, erwiderte Ella, halb auf Deutsch, halb auf Schwedisch. »Ich brauche nur eine kurze Info. Wie komme ich in den Hinterhof?«
»Gar nicht. Und jetzt lass mich in Ruhe!«
»Was geht da vor sich? Wisst ihr schon, ob es wirklich Suna Mahlstedt ist?«
»Verdammt, Ella, ich bin in der Arbeit! Du kannst mich nicht einfach hier anrufen!« Die Stimme überschlug sich. »Außerdem bin ich nicht vor Ort, ich hab also keine Ahnung. Ist es nicht genug, dass ich dir Bescheid gesagt habe?«
»Klar, Zobel, das ist super. Aber wir haben einen Deal. Wenn du nicht möchtest, dass morgen deine Vorliebe für kinderpornographische Websites die Schlagzeile des Kieler Tagblattes ist ... « Sie ließ den Satz unbeendet.
Ein Seufzen. »Es ist Suna. Der Chef hat sie identifiziert, ist sich relativ sicher. Aber mehr kann ich jetzt nicht für dich tun.«
»Das war schon genug, mein Freund. Tack.«
Ella legte auf und schob das Smartphone zurück in die Hosentasche. Es war also Suna Mahlstedt, deren Auftauchen dieses Aufgebot an Bullen bewirkt hatte. Dann wurde es höchste Zeit, dass sie sich einen Überblick über die Vorgänge auf diesem Hinterhof verschaffte. Ein Foto wäre auch ganz nett.
Erneut schweifte ihr Blick. Sie musterte die angrenzenden Gebäude, die charakteristisch für das Industriegebiet Wellsee waren. In den letzten Jahren hatte sich um diesen Stadtteil ein richtiger Hype gebildet, zumindest unter den Geschäftsleuten. Inzwischen reihte sich ein Betonbunker an den anderen. Moderne Architektur hin oder her, sie waren potthässlich. Aber in Kiel gab es ohnehin nichts besonders Schönes, zumindest nicht in Ellas Augen, die in Stockholm aufgewachsen war.
Sie schob den Kaugummi im Mund nach vorne, blähte ihn zu einer Blase auf, die geräuschvoll platzte. Mit einer automatischen Bewegung strich sich Ella den Pony des schwarz gefärbten Pagenschnitts aus den Augen und ging los.
Die drei Trantüten von der Presse kannte sie nicht. Mit den Polizisten war es allerdings anders. Sie sahen sie kommen und nahmen sofort eine straffere Haltung an, einer von ihnen warf sogar einen suchenden Blick über die Schulter.
»God morgon«, sagte Ella auf Schwedisch und ignorierte die Presseleute. »Ist sie tot? Oder lebt sie noch?«
Die beiden Polizisten warfen sich einen Blick zu, schließlich antwortete der stämmigere von ihnen: »Wir sind nicht befugt, mit Ihnen zu sprechen. Bitte bleiben Sie hinter der Absperrung.«
»Dann ist sie also noch am Leben?«
»Wer?«, fragte einer der Presseleute, der Spiegelreflexkamera zufolge ein Fotograf.
Ella ignorierte ihn weiterhin und betrachtete eingehend die Polizisten. Der Dicke hatte einen unwilligen Zug um den Mund. »Sie lebt. Gut. Das war schon alles. Danke, Leute!« Sie drehte sich um und marschierte die Auffahrt hinunter, an der sauber gestutzten Hecke entlang und bog von dort nach links ab. Damit war sie aus dem Blickfeld der Polizisten und
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