Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
hattest das alles die ganze Zeit? Das ... das ist ... unglaublich!«
»Il ne faut pas toujours battre sur la même enclume, wie die Franzosen sagen. Deine Arbeit war keinesfalls vergebens, mon ami. Sie brachte mich auf die richtige Spur.«
Tim seufzte. Er senkte den Blick und las laut vor: »Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A7 zwischen Kiel und Hamburg sind am 16. Juli 1999 zwei Jugendliche, siebzehn und zwanzig Jahre alt, ums Leben gekommen. Der Beifahrer, neunzehn, überlebte mit schweren Verletzungen. Der Fahrer verlor laut Polizei aus noch ungeklärten Umständen die Kontrolle über den Wagen, raste ungebremst mit über hundert Stundenkilometern in die rechte Leitplanke und durchbrach sie. Durch die stark abfallende Böschung überschlug sich der Wagen mehrere Male und prallte gegen einen Baum. Der Fahrer war auf der Stelle tot. Das Mädchen, nicht angeschnallt, wurde aus dem Wagen geschleudert. Orientierungslos und unter Schock stehend lief sie auf die Fahrbahn und wurde von einem Lastwagen erfasst, der nicht frühzeitig abbremsen konnte.«
Loki blies Rauch aus und sah seinen Cousin durch die graue Wolke hindurch an. »Der Direktor war der Überlebende. Der Fahrer hieß Hora Vaira, das Mädchen Margit Knecht.«
Tim ließ die Akte auf den Schoß sinken. »Hat nicht Yannik diesen Namen erwähnt? Hora?«
»Hat er.« Loki nahm Tim die Akte weg, ließ einige der Blätter auf den Boden fallen, griff nach einem und reichte es seinem Cousin. »Ein Auszug aus dem Jahresrückblick von 1998. Dritte Spalte, viertes Wort.«
Tim starrte auf den Namen und las dann den ganzen Satz vor: »Caestus Veden, von seinen Freunden nur Chest genannt, gewann auch dieses Jahr die Wettkämpfe im Kampfsport und wird die Siegerurkunde auf dem Sommerfest entgegennehmen.« Er hob den Kopf. »Wir haben ihn«, stammelte er.
Loki lachte leise. Ein seltsames Geräusch, das man selten zu hören bekam. »Du teilst die Äpfel auf, bevor du sie gezählt hast, mein Lieber. Aber ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns dem Direktor als das offenbaren, was wir sind. Wollen wir?«
»Was?« Tim musterte seinen Cousin. Nach ein paar Sekunden dämmerte ihm, was Loki damit meinte. Er schüttelte den Kopf. »Du spinnst doch! Wenn wirklich er derjenige ist, der die Menschen so zugerichtet hat, können wir unmöglich allein zu ihm gehen! Wir müssen Lühnsmann anrufen, oder die Vereinigung. Wir brauchen unbedingt Verstärkung, Loki. Denk an die Zombies und an das, was er wahrscheinlich tun kann.«
»Ruhig Blut, Johnny. Eines nach dem Anderen.« Loki stand auf. »Würdest du mir also bitte folgen?« Er ging aus dem Zimmer und überließ es Tim, die Tür hinter sich zuzuziehen.
Jetzt herrschte Ruhe auf dem ganzen Campus. Die Schüler waren allesamt im Unterricht. Nur in der Ferne konnte Tim die Kinhin-Leute ausmachen, die wie immer ihre Kreise gingen.
Er tastete unvermeidlich nach der Heckler & Koch in ihrem Holster. Danach umgriff seine Hand den Griff des Messers, das er in der Hosentasche der Baggy verstaut hatte. Er betrachtete den Hinterkopf seines Cousins und fragte sich, was wohl noch alles in der Akte über Veden nachzulesen war. Wahrscheinlich würde er einiges davon gleich erfahren.
Sie baten die Sekretärin, den Direktor über ihr Kommen zu informieren und mussten nicht lange warten. Veden begrüßte sie mit seiner üblichen guten Laune, führte sie in sein Büro und bot ihnen Kaffee und Sprudelwasser an. Tim nahm dankend einen Kaffee, den dritten an diesem Morgen. Loki lehnte sowohl das Wasser auch als den Kaffee ab. Wieder fiel Tims Blick auf das Bildnis des Schulgründers, und zwischen diesem und Veden hin und her schauend suchte er nach Ähnlichkeiten. Er fand keine.
»Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«, fragte Veden schließlich, als alle saßen. Er rührte in seinem Kaffee und lächelte sie freundlich an.
Loki zog seinen Ausweis aus dem Geldbeutel und schob ihn über den Schreibtisch. Der Direktor nahm die Marke in die Hand, und während er sie genau musterte, hörte er auf, mit dem Löffel in der Tasse zu klimpern. Auch das Lächeln schwand von seinen Lippen. Er reichte den Ausweis zurück. Das junge Gesicht – Tim wusste ja jetzt, dass Veden gerade einmal zweiunddreißig Jahre alt war, nicht sehr viel älter als er selbst – ließ jede Maskerade fallen.
»Sie sind vom BKA«, stellte er leise fest, »nicht von der Schülerbehörde. Ich nehme an, Sie ermitteln wegen dieser vermissten Personen, von denen
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