Venus 01 - Piraten der Venus
Gespräch eröffnet oder mir Grund zu dem Glauben gegeben hatte, daß ich überhaupt als Persönlichkeit für sie existierte.
»Nichts ist mit mir los«, erwiderte ich. »Allerdings macht mir Ihr Wohlergehen Sorge, und ich überlege, wie ich Sie möglichst schnell an Bord der SOFAL schaffen kann.«
»Sie sprechen gar nicht mehr mit mir«, klagte sie. »Bisher haben Sie immer sehr viel zu erzählen gehabt.«
»Wahrscheinlich zuviel«, gab ich zu, »aber wie Sie sehen, ver suche ich, Ihnen nicht mehr auf die Nerven zu fallen.«
Sie senkte den Blick. »Sie würden mir nicht auf die Nerven fal len«, sagte sie fast unhörbar; doch als ich nun so plötzlich aufge fordert war, das zu tun, wonach ich mich so sehr gesehnt hatte, war ich wie betäubt. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. »Sie müssen verstehen«, fuhr sie im Gesprächston fort, »die Situation hat sich völlig verändert. Die Regeln, die für mein Zusammenle ben mit meinem Volk gegolten haben, treffen natürlich hier nicht mehr zu.
Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht – und auch über Sie. Das hat schon damals begonnen, als ich Sie zum erstenmal im Gar ten von Kooaad sah. Ich stellte mir vor, daß es nett sein müßte, einmal mit anderen Menschen zu sprechen. Die Männer und Frauen, die Zutritt hatten zum Hause meines Vaters, des Jong, fand ich langweilig, aber das Gesetz hatte mich zu einem Sklaven und Feigling gemacht. Ich wagte es nicht, die Dinge zu tun, die ich gern tun wollte. Ich wollte schon immer mit Ihnen sprechen, und bis wir wieder an Bord der SOFAL sind, bin ich frei von den Gesetzen Vepajas, und ich werde tun, was ich möchte. Ich werde mit Ihnen sprechen.«
Diese naive Erklärung enthüllte mir eine völlig neue Duare, in deren Gegenwart es mir schwerer denn je fallen würde, das Gespräch auf rein platonischer Ebene zu halten; und doch entschloß ich mich, meinem Vorsatz treu zu bleiben.
»Warum sagen Sie nichts?« fragte sie, als ich nicht sofort antwortete.
»Ich weiß nicht, worüber ich sprechen soll«, gab ich zu, »wenn wir uns nicht über die eine Sache unterhalten können, die mich vor allem beschäftigt.«
Sie schwieg einen Augenblick mit nachdenklich gerunzelter Stirn und fragte dann anscheinend ahnungslos: »Und was wäre das?«
»Die Liebe«, erwiderte ich und sah ihr in die Augen.
Sie senkte den Blick, und ihre Lippen begannen zu zittern. »Nein!« rief sie, »darüber dürfen wir nicht sprechen. Es wäre falsch und böse.«
»Ist die Liebe etwas Böses in Amtor?« fragte ich.
»Nein, nein – das meine ich nicht«, sagte sie hastig, »aber Sie dürfen mit mir nicht darüber sprechen, ehe ich zwanzig bin.«
»Darf ich es dann, Duare?«
Sie schüttelte den Kopf – ein wenig traurig, wie ich glaubte. »Nein, nicht einmal dann«, sagte sie. »Es wäre Sünde, denn ich bin die Tochter eines Jong.«
»Vielleicht ist es dann besser, wenn wir uns überhaupt nicht un terhalten«, sagte ich düster.
»O doch – unterhalten wir uns!« bat sie. »Erzählen Sie von der seltsamen Welt, aus der Sie kommen.«
Um sie abzulenken, tat ich ihr den Gefallen, und während ich sprach, verschlang ich sie mit den Augen, bis wir schließlich den Ozean erreichten. Weit draußen konnte ich die SOFAL erkennen, und ich mußte mir überlegen, wie wir ihr ein Signal geben konn ten.
Auf beiden Seiten des Cañons, der den Fluß zur Küste führte, erhoben sich mächtige Felsklippen, die auf unserer Flußseite höher aufragten als auf der anderen. Wir begannen den anstrengenden Aufstieg. Ich mußte Duare sehr oft stützen, so daß ich fast ständig den Arm um sie gelegt hatte.
Zuerst fürchtete ich, daß sie sich meiner Berührung widersetzen würde, aber sie sagte nichts. Auch wenn ich meinen Arm zuweilen etwas länger um sie legte, als eigentlich nötig war, löste sie sich nicht von mir.
Als wir die Spitze der Klippen erreicht hatten, suchte ich mit Hilfe des Angan hastig Holz und Blätter zusammen und entzündete ein Feuer, dessen Rauch von der SOFAL gesehen werden konnte – ob man das Signal allerdings richtig deuten würde, wußte ich nicht.
Die See war noch immer so unruhig, daß sich kein Boot aus setzen ließ, aber wenn die SOFAL näher an die Küste herankam, konnte uns der Angan hinübertragen. Die augenblickliche Entfer nung schien mir jedoch zu groß zu sein; und ich zögerte, Duare den Gefahren dieses langen Fluges auszusetzen, zumal der Angan gegen den Wind fliegen mußte.
Von hier oben hatten wir einen
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