Venus 03 - Krieg auf der Venus
morgen früh abfliegen – wie jedesmal, wenn sie die feindli chen Linien bombardieren –, und sie werden nicht zurückkeh ren, jedenfalls nicht, bis Sie Ihre Mission erfüllt haben. Wenn Sie Erfolg haben, werde ich Sie zum Ongvoo machen und nach dem Krieg dafür sorgen, daß Sie Ländereien und einen Palast bekommen.«
In wörtlicher Übersetzung bedeutet Ongvoo »Der Erhabene«. Es handelt sich dabei um einen erblichen Titel, der manchmal für besondere Verdienste um das Königreich vergeben wird. Mir erschien das als eine zu hohe Belohnung für die mir übertragene Aufgabe, aber ich dachte damals nicht weiter darüber nach, was ich lieber hätte tun sollen.
Muso überreichte mir zwei dünne Ledermäppchen, die nicht versiegelt waren. »Taman hat mir gesagt, daß Sie unsere Sprache nicht lesen können. Bitte notieren Sie sich also die Namen der Empfänger in Ihrer Schrift.« Er gab mir einen Schreibstift und einen der Umschläge. »Dieser Umschlag ist für Lodas auf seinem Hof fünf Kloobob nordwestlich von Amlot bestimmt. Ich gebe Ihnen noch eine Karte mit der genauen Positionsangabe mit. Lodas wird Ihnen weiterhelfen. Die andere Botschaft ist für einen Mann namens Spehon bestimmt, der Ihnen neue Anweisungen gibt.«
Dann zeigte er mir mein Ziel auf einer Karte. »Hier ist ein abgeflachter Hügel, der aus der Luft leicht zu erkennen ist. Er erhebt sich zwischen zwei Flüssen, die sich etwas weiter südwest lich vereinigen. In der Gabel zwischen den beiden Flußbetten liegt Lodas’ Bauernhof. Lodas darf übrigens über den Zweck Ih rer Mission und über den Mann in Amlot nichts erfahren!«
»Aber wie soll ich dann Spehon finden?«
»Darauf komme ich noch. Er gibt sich als Zani aus und hat im Rat von Mephis einen hohen Posten inne. Sein Büro liegt im Palast meines Onkels Kord, des Jong von Korva. Sie können ihn also nicht verfehlen. Jetzt müssen wir noch das Problem Ihres Haars lösen, das Sie sofort als Fremden verraten wird. Wenn wir es schwarz färben, müßte es gehen. Zwar wird man dann immer noch sofort sehen, daß Sie nicht Mitglied der Zani-Partei sind, aber das macht nichts.«
»Wie will man das erkennen?«
»Weil die eingeschriebenen Zanis eine besondere Frisur haben. Sie lassen nur einen etwa fünf Zentimeter breiten Haar streifen stehen, der von der Stirn in den Nacken führt. So, nachdem Sie nun Ihre Instruktionen bekommen haben – hier sind Umschläge und Karte. Und hier ist ein Fläschchen mit Färbungs mittel.«
»Sie denken aber auch an alles.«
»Das tue ich gewöhnlich«, erwiderte er lächelnd. »Noch eine letzte Frage, ehe Sie abfliegen?«
»Ja, ich hätte gern die Erlaubnis, meiner Frau sagen zu dür fen, wo ich bin. Sie macht sich sonst unnötige Sorgen um mich, wenn es länger dauert.«
Er schüttelte den Kopf. »Das geht leider nicht. Niemand darf etwas davon wissen, weil wir überall Spione vermuten müssen. Ich werde sie zu gegebener Zeit informieren und beruhigen, das verspreche ich Ihnen. Sie fliegen morgen so früh wie möglich. Viel Glück.«
Damit schien die Audienz beendet, und ich salutierte und zog mich zurück. Ehe ich die Tür erreichte, fragte er noch: »Können Sie auch ganz bestimmt nicht Amtorisch lesen?«
Diese in seltsamem Ton vorgebrachte Frage verwirrte mich, und ich erwiderte ein wenig zu heftig:
»Wenn das zur Erfüllung der Aufgabe nötig ist, dann sollten Sie lieber jemand anders schicken. Ich könnte diesen Mann zu Lodas’ Hof fliegen und dann zurückkehren.«
»Nein, nein«, erwiderte er hastig. »Machen Sie sich keine Sorgen.«
Nach der Audienz fragte ich mich, warum ich ihm nicht ge sagt hatte, daß ich Amtorisch so gut lesen konnte wie meine Muttersprache. Als Schüler Danus’ hatte ich mich im Palast des Jong von Vepaja damit vertraut gemacht.
Am nächsten Morgen kam ich mir wie ein Verräter vor, als ich mich von Duare verabschiedete, und ich hatte plötzlich das unheimliche Gefühl, sie niemals wiederzusehen. Sie schien meine Unruhe zu spüren, denn sie klammerte sich fest an mich. »Stimmt etwas nicht, Carson?« fragte sie. »Was ist los?«
»Ich lasse dich heute sehr ungern allein«, sagte ich und mach te mich auf den Weg.
Um den Gegner über das Ziel meines Fluges zu täuschen, schlug ich einen großen Bogen über dem Meer und hatte nach einigen Stunden Flug keine Mühe, den flachen Hügel auszumachen, der mein Ziel markierte. Unterwegs hatte ich mir das Haar gefärbt und meinen Lendenschurz von allen Rangabzeichen befreit. Jetzt
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