Venus 03 - Krieg auf der Venus
starrte mich überrascht an und zögerte ein wenig zu lange mit seiner Antwort. »Nein«, erwiderte er. »Sie kam nur eine halbe Minute vor Ihnen herein, und ich weiß nicht, was sie wollte. Sie hat sich wahrscheinlich in der Adresse geirrt. Ihr Eintritt machte sie natürlich nervös, denn heutzutage ist es sehr oft gefährlich, einen Fehler zu machen. Man verliert sehr leicht seinen Kopf dabei.«
Ich nickte schweigend.
»Sie sind ein seltsamer Zani«, fuhr er fort. »Sie verhalten sich, als wären Sie mein Freund.«
»Vergessen Sie’s!« sagte ich.
Im Gefängnis musterte Torko seinen neuen Gefangenen er freut. »Du bist also der große Gelehrte Narvon!« schnaubte er. »Du hättest bei deinen Büchern bleiben und keine Rebellion an zetteln sollen. Wer sind deine Komplicen?«
»Ich habe kein Verbrechen begangen und hatte also auch kei ne Komplicen.«
»Morgen hast du sicher ein besseres Gedächtnis!« schnappte Torko. »Unser Geliebter Mephis wird deinen Prozeß persönlich leiten, und du wirst bald die Wahrheit sagen – wie alle Ver räter. Bringen Sie ihn in den Keller, Vodo, und melden Sie sich wieder bei mir.«
Narvon erbleichte, als ich ihn durch den Raum mit den Folter geräten führte.
»Sie werden doch Ihre Freunde nicht verraten?« fragte ich.
Er schauderte. »Ich weiß es nicht«, sagte er leise. »Ich kann keinen Schmerz ertragen. Ich weiß nicht, was ich tun werde – ich weiß nur, daß ich schreckliche Angst habe!«
Auch ich hatte Angst – Angst um Zerka. Ich konnte mir dieses Gefühl nicht erklären; immerhin war sie mir als überzeugte Zani geschildert worden. Vielleicht lag es daran, daß sie vor uns geflohen war und daß Narvon sie gedeckt hatte.
Als ich in Torkos Büro eintrat, kam mir der Kordogan entge gen, der mich bei der Verhaftung begleitet hatte.
»Ich habe nichts Gutes über Ihr Verhalten während meiner Abwesenheit gehört«, sagte Torko, als wir allein waren.
»Das ist seltsam«, erwiderte ich. »Es sei denn, ich hätte mir hier einen Feind gemacht. Der würde natürlich alles mögliche über mich verbreiten.«
»Die Informationen stammen aus mehreren Quellen. Wie ich höre, sind Sie mit den Gefangenen sehr weich umgegangen.«
»Ich war jedenfalls nicht grausam, wenn Sie das meinen.«
»Und heute haben Sie ein Haus nicht durchsucht, das einem Verräter gehört – ein Haus, in dem sich außerdem eine Frau versteckte!«
»Man hatte mir nicht befohlen, das Haus zu durchsuchen oder ein Verhör durchzuführen«, sagte ich heftig. »Ich wußte auch nicht, daß der Mann ein Verräter war. Man hatte mir sein Ver gehen nicht mitgeteilt!«
»Technisch gesehen haben Sie recht«, lenkte er ein. »Aber Sie müssen mehr Initiative entwickeln. Niemand wird verhaftet, der nicht eine Bedrohung für den Staat darstellt. Solche Leute verdienen keine Gnade. Wie ich außerdem höre, haben Sie auf dem Rückweg laufend mit dem Gefangenen geflüstert!«
»Und darf ich nicht mit dem Gefangenen sprechen? Der Kor dogan mag mich nicht, weil ich ihn zurechtgewiesen habe, und er wird jetzt aufsässig. Das werde ich mir nicht gefallen lassen!«
»Je weniger man spricht, desto besser«, sagte er.
Damit war die Unterhaltung zu Ende. Die Wand des Miß trauens, die mich umgab, wuchs langsam höher. Jetzt war es nicht nur Horjan, der mich im Verdacht hatte. Wenn ich fliehen wollte, mußte ich schnell handeln. Zu viele Leute saßen auf dem Sprung, Anklage gegen mich zu erheben. Außerdem durfte ich Musos Brief nicht vergessen. Ich bat also um Erlaubnis, am näch sten Tage zum Fischen zu fahren, und da Torko frischen Fisch mochte, gestattete er mir den Ausflug.
»Aber Sie dürfen erst fahren, wenn unser Geliebter Mephis das Gefängnis wieder verlassen hat. Vielleicht brauchen wir Sie noch.«
Am nächsten Tag fand die Verhandlung statt, an der ich for mell teilnahm. Wir standen Spalier vor den Tischen, hinter de nen Mephis, Spehon und Torko saßen. Die Zuschauerbänke wa ren bis auf den letzten Platz mit Zani-Prominenz besetzt.
Als Narvon hereingebracht wurde, stellte ihm Mephis nur eine Frage: »Wer waren deine Komplicen?«
»Ich habe nichts getan, und ich habe keine Komplicen«, sagte Narvon mit schwacher Stimme. Er wirkte erschöpft.
Dann begann die Folter. Es war unbeschreiblich; in keiner mir bekannten Sprache könnte ich diese Szene auch nur einigerma ßen zutreffend wiedergeben, könnte ich beschreiben, was man diesem zitternden Bündel Mensch antat. Wenn er ohnmächtig wurde, weckte man
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