Venus 04 - Odyssee auf der Venus
diente der Körperpflege. Der unterirdische Kanal, der die Verbindung zum See herstellte, war so eng, daß eine Flucht unmöglich war. Für Frischwasser sorgte ein kleiner Bach, der aus dem Landesinneren kam. Das Lager wurde peinlich sauber gehalten, und die Essensrationen der königlichen Sklaven wa ren nicht zu verachten. In diesem Punkt hatten wir also keinen Grund zur Klage. Lediglich die Arroganz und Brutalität der Wächter machten uns das Leben unerträglich.
Mein Ruf war mir vorausgeeilt. Ich erkannte das an der Art und Weise, in der die Wächter meine Pistole beäugten. Auch die Sklaven wußten schon Bescheid, und bald stand ich im Mittelpunkt des Interesses. Kandar und Artol mußten immer wieder von meinen Zusammenstößen mit Yron und seinem Hausverwalter berichten, und das Gelächter wurde bald so laut, daß die Wachen mit ihren Peitschen eingriffen. Ich rief Kandar und Artol zu mir, und als die Wächter näherkamen, legte ich die Hand drohend auf den Griff meiner Pistole, so daß die Männer an uns vorübergingen, ohne uns zu schlagen.
Unter den Sklaven befand sich ein Myposier, der sich uns gegenüber sehr freundlich verhielt. Sein Name war Plin. Wenn ich auch für diese Rasse nicht viel übrig hatte, sah ich doch ein, daß uns ein freundlich gesinnter Myposier eines Tages nützlich sein konnte, und so kümmerte ich mich zwar nicht besonders um ihn, widersetzte mich seinen freundschaftlichen Annäherungsversuchen aber auch nicht.
Er interessierte sich sehr für meine Pistole. Er sagte, es über raschte ihn, daß ich noch nicht im Schlaf ermordet worden wäre, woraufhin ich ihm verriet, daß Kandar, Artol und ich in der Nacht abwechselnd Wache hielten, um einen solchen Anschlag zu verhindern.
»Und das Ding tötet wirklich jeden, der es berührt?« fragte er besorgt.
»Gewiß doch«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Die anderen Dinge, von denen du mir erzählt hast, sind ja vielleicht wahr – aber ich kann nicht glauben, daß jemand nur deswegen tot umfällt, weil er diese Pistole berührt. Wenn das wahr wäre, dürftest du schon längst nicht mehr leben.«
»Möchtest du mal anfassen und deine Theorie unter Beweis stellen?« fragte ich.
»Natürlich«, sagte er. »Ich fürchte mich nicht davor. Gib mir die Pistole.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich, »ich kann es nicht zulassen, daß ein Freund zu Schaden kommt.«
Er grinste. »Du bist sehr klug.«
Dasselbe konnte ich von ihm behaupten. Er war der einzige Myposier, der bisher meine List durchschaut hatte. Es beruhigte mich, daß er zu meinen Freunden zählte und seine Vermu tungen für sich behalten würde.
Ich wechselte das Thema und fragte ihn, wieso er Sklave wäre.
»Ich war der Krieger eines Edelmanns«, erklärte er, »der mich eines Tages mit einer seiner Konkubinen überraschte.«
»Und du mußt jetzt dein ganzes Leben lang Sklave sein?«
»Nicht, wenn es mir gelingt, die Gunst Tyros’ zu erringen. Und ich habe das Gefühl, daß das recht bald der Fall sein wird. Dann werde ich ihm als freier Krieger dienen dürfen.«
»Du bist schon längere Zeit Sklave hier?« fragte ich.
»Ja.«
»Dann kannst du mir vielleicht einige Informationen ge ben.«
»Ja, gern. Was möchtest du wissen?«
»Meine Begleiterin, Duare, wurde vom Agenten Tyros’ am Sklavenmarkt gekauft. Hast du sie gesehen? Weißt du, wo sie ist und wie es ihr geht?«
»Ich habe sie gesehen«, erwiderte Plin. »Sie ist sehr schön, und es geht ihr recht gut. Sie dient der Vadjong Skabra, der Königin. Weil sie so schön ist.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Nun, du mußt wissen, daß Tyros viele Konkubinen hat, von denen einige Sklavinnen gewesen sind – aber keine von ihnen ist sehr schön. Dafür sorgt Skabra. Sie ist sehr eifer süchtig, und Tyros fürchtet sich vor ihr. Alle hübschen Sklavin nen nimmt sie für sich.«
»Meiner Begleiterin kann also nichts geschehen?«
»Solange sie Skabra dient, nicht«, erwiderte er.
Das Sklavenleben am Hofe des Jong war sehr monoton. Hier und dort auf dem Palastgrundstück wurden wir für kleine Arbeiten eingesetzt. Dabei waren selbst die Wächter oft zu faul, ihre Peitschen zu schwingen, und wenn sie sich doch einmal aufrafften, dann ließen sie Kandar, Artol und mich natürlich in Ruhe. Plin, der von außerhalb Geld bekam, gewann sich ihre Gunst, indem er sie bestach. Er hängte sich wie eine Klette an mich und versuchte mir immer wieder zu schmeicheln. Ich wurde seiner bald überdrüssig.
Die Tage
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