Venus allein zu Haus
ganz so wie mit den Schuhen. Jedenfalls läuft mir Mr Right auch am dritten Tag nach meiner Visualisierung nicht über den Weg. Und am Abend eben dieses Tages liege ich in meinem Bett, kraule Dotty, die sich an meiner Seite zu einer Kugel gerollt hat, den weichen Bauch, starre an die Decke und merke: Anscheinend muss ich anfangen, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich wiederhole mich nur ungern, aber schließlich werde ich nicht jünger. Also was tun? Eine Kontaktanzeige aufgeben?
Attraktive SIE Ende zwanzig, schlank, sucht IHN für Familiengründung und ewige Liebe. Bin leicht zwanghaft veranlagt, aber dadurch umso liebenswürdiger.
Also ich weiß nicht. Meiner Meinung nach klingen diese Anzeigen immer so bedürftig. Da könnte ich auch schreiben:
HILFE! Werde in wenigen Wochen dreißig und bin noch nicht unter der Haube. Wer will mich?
Also, so geht das nicht! Wer wird denn gleich die Feuerwehr holen, obwohl man gerade erst die Kerzen am
Tannenbaum angezündet hat. Na eben! Bin doch eine tolle Frau, das wäre doch gelacht, wenn mich keiner haben wollte. Vielleicht kann mir ja einer von meinen Freunden ein Blind Date verschaffen. Entschlossen schnappe ich mir mein Handy und verfasse eine SMS:
»Ich möchte mich der Männerwelt nicht länger vorenthalten. Wer kann mir ein Blind Date besorgen? Meinen Männergeschmack kennt ihr ja. Ich freue mich auf viele Verabredungen! LG, Helen!« Dann gehe ich im Menü auf AN MEHRERE EMPFÄNGER VERSENDEN und gehe meine Adressliste durch. Dummerweise geht die SMS dann aber doch nur an Lara, Michael, Nick und Bernd. Vor allen anderen wäre mir meine offensive Männerjagd dann doch etwas peinlich.
Am nächsten Morgen reißt mich das Piepsen des Handys um halb neun aus meinen Träumen. Schlaftrunken greife ich danach und lese eine Nachricht von Bernd:
»Lust auf nen Kaffee im Real um 18 Uhr? Habe Neuigkeiten. B.«
»Klar«, smse ich zurück und drehe mich noch mal auf die andere Seite. Also, dass nun ausgerechnet einer von Bernds Freunden mein zukünftiger Mann sein wird, wage ich doch ernsthaft zu bezweifeln. Simon mit dem Klorollenwärmer auf dem Kopf vielleicht?
6.
»Helen, hör endlich auf, Trübsal zu blasen, ich brauche deine Hilfe!« Mit diesen Worten springt Bernd vom Tisch auf und gibt mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Stirn. Seine Mischlingshündin Socke, ganz treue Gefährtin, tut es ihm nach, springt an mir hoch und fährt die Zunge aus, um mir das mühsam aufgelegte Make-up vom Gesicht zu schlabbern. Gerade noch rechtzeitig kann ich mit hochgerissenen Armen das Schlimmste vermeiden. »Socke, lass das«, sagt Bernd laut, und dann, entschuldigend zu mir, »sie hat dich halt so vermisst.«
»Ist schon gut, ich sie doch auch«, sage ich und tätschle Socke den wuscheligen schwarzen Kopf.
»Und ich erst«, stimmt er zu. »Meine Eltern sind für ein paar Tage in Bayern bei meinen Großeltern, darum ist sie mal wieder bei mir.«
»Wie schön«, freue ich mich. »Und ich blase kein Trübsal. Du hast doch meine SMS bekommen, oder nicht? Ich habe beschlossen, dass das Leben zu kurz ist, um es mit Liebeskummer zu vergeuden. Ich bin bereit für eine neue Beziehung.«
»Freut mich für dich«, antwortet Bernd und zustimmend nickend lasse ich mich ihm gegenüber auf den Stuhl sinken.
»Und wieso brauchst du meine Hilfe?«, frage ich ihn erstaunt. Ich dachte, er zaubert jetzt gleich einen angesehenen, gut gekleideten und sympathischen Architektenkumpel für mich aus dem Hut. Sieht nicht so aus. Stattdessen rutscht er ein wenig verlegen auf seinem Stuhl hin und her, anscheinend ist ihm die ganze Sache etwas unangenehm. Du liebe Zeit, was kann er denn von mir wollen? Er wird doch nicht … Ich lege behutsam meine Hand auf seine und sage:
»Bernd, du weißt, ich liebe Socke, aber Dotty und Socke können sich nicht ausstehen. Und ich kann nicht die ganze Zeit aufpassen, dass sie meine Katze nicht mit einem Haps verschlingt.«
»Mein Hund frisst keine Katzen. Und am wenigsten deine Katze. Da müsste ich mir schon eher Sorgen machen, dass die alte Kratzbürste Socke das Gesicht zerfetzt.«
»Was?«, frage ich empört.
»Ja, wie das Frauchen, so die Katze«, grinst Bernd und ich schnappe nach Luft. Da hört sich doch alles auf. »Au ßerdem will ich dich doch gar nicht als Hundesitter engagieren. Es geht um was anderes.«
»Und warum beleidigst du dann meine Katze? Damit verschlechterst du deine Chancen, mein Lieber. Was immer du auch von mir willst
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