Venus allein zu Haus
zu einer Taufe, Konfirmation
oder Beerdigung (Letzteres freut mich für ihn). »Es hilft nichts, Bernd, du wirst ein bisschen was investieren müssen.«
»Kein Problem.« Doch zunächst einmal widmen wir uns dem kostenlosen Teil der Prozedur. Ich zwinge Bernd dazu, das Badezimmer mit den von mir mitgebrachten Sagrotan-Feuchttüchern zu desinfizieren, danach kümmere ich mich als Erstes um seine Augenbrauen. Bernd und Socke jaulen dazu im Chor. Ich habe schon lange keinen Mann mehr so laut winseln hören. Nach einer guten Viertelstunde ist der geflieste Boden mit kurzen schwarzen Haaren übersäht und Bernd betrachtet sich mit tränenfeuchten Augen im Spiegel.
»Schau, so sieht es aus, wenn man zwei Augenbrauen hat, statt einer einzigen durchgehenden«, grinse ich. Bernd wirft mir einen zweifelnden Blick zu:
»Sieht das nicht ein bisschen tuntig aus?«
»Eins kann ich dir sagen«, weise ich ihn zurecht, »wenn du jetzt bei jedem einzelnen Schritt anfangen willst zu meckern, dann lassen wir das Ganze.«
Er zieht erschrocken den Kopf ein und murmelt kleinlaut, ich soll nur machen, und er wird jetzt die Klappe halten. Ich bin bass erstaunt und genieße das Gefühl der Macht. Trotzdem tut er mir ein bisschen Leid, weshalb ich ihm versöhnlich die Schulter tätschele und sage: »Vertrau mir, Bernd. Es wird schon alles gut werden.« Er nickt treuherzig und schon fahren wir fort mit unserer ganz privaten Vorher-Nachher-Show. Natürlich schafft der Mann es nicht einmal zwei Minuten tatsächlich den Mund zu halten. Als ich seinem Bart zunächst mit dem Trockenrasierer und dann mit Klinge und Schaum zu Leibe rücke, quengelt er unentwegt.
»Ich will aber nicht aussehen wie ein Milchbubi. Außerdem
kriege ich bestimmt Pusteln und dann sehe ich schrecklich aus. Du bist schuld, wenn ich Pickel bekomme. Meine Haut ist schrecklich empfindlich. Oh Gott, ich werde aussehen wie ein Pubertierender.« Einige Male zuckt meine Hand in dem Verlangen, Bernd einen kleinen Schmiss mit der Rasierklinge zu verpassen. Vielleicht würde ihn das endlich zum Schweigen bringen. Außerdem würde es seinem Gesicht vielleicht etwas von der Männlichkeit geben, um die er so bangt. Aber ich beherrsche mich. Stattdessen freue ich mich über sein schmerzverzerrtes Gesicht, als ich ihm reichlich alkoholhaltiges Aftershave auf die frisch rasierte Haut auftrage.
»Aaauuuuuu. Was machst du da? Ich brenne!« Das kann doch nicht sein Ernst sein.
»Das ist Aftershave.«
»Es brennt wie Feuer.«
»Das ist zum Desinfizieren, damit du keine Pickel bekommst. Wieso, was benutzt du denn nach dem Rasieren?«
»Nivea.« Jetzt wird mir einiges klar.
»Ab jetzt benutzt du bitte das hier«, sage ich und stelle die Flasche »Roma« in den Badezimmerschrank. Nebst dem passenden Eau de Toilette. Das habe ich schon auf dem Hinweg für ihn besorgt. Ein Mann muss gut riechen. Nicht einfach nur nach Nivea. Roma ist genau der passende Duft für Bernd, habe ich beschlossen. So männlich, wie er ist, kann er die leicht süßliche Note gut vertragen.
»Parfüm?«, fragt er schon wieder ungläubig. »Ist das nicht ein bisschen …«
»Nein, das ist nicht tuntig«, sage ich wütend, »hör endlich auf damit. Bevor du nicht mit einem anderen Mann im Bett liegst, wird dich auf der ganzen Welt niemand für tuntig halten.«
»Wirklich nicht?« Er lächelt geschmeichelt. Grimmig sehe ich ihn an. Das sollte eigentlich eine Zurechtweisung sein und ist völlig unbeabsichtigt als Kompliment herausgerutscht. Bernd gibt einen Spritzer Roma auf sein Handgelenk und verreibt ihn mit dem anderen, ehe ich es verhindern kann. Dann gibt er auch noch einen Tropfen hinters Ohr, wo Parfüm nun wirklich nichts zu suchen hat. Dort sitzen viel zu viele Schweißdrüsen. Ich erkläre ihm, dass durch Reiben der Duft nicht richtig zur Geltung kommt und weise ihn an, ab jetzt jeden Morgen einen Spritzer auf den Hals zu geben. Oder aufs Haar, wo sich der Duft besonders lange hält. Selbiges gehört übrigens dringend geschnitten. Ich diskutiere einige Minuten lang mit Bernd, der seinen Haarschnitt bisher immer selber vor dem Spiegel kreiert hat und nicht einsehen will, dass er diesem oberflächlichen Fuzzi von Friseur sein Geld in den Rachen werfen soll für etwas, das er genauso gut selber machen kann. Erneut stoße ich Drohungen über die sofortige Beendigung der Aktion aus und habe sodann einen gefügigen Bernd im Schlepptau.
Das Schöne an diesem Fall ist, dass er keiner langwierigen
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