Venus allein zu Haus
mit bemüht fester Stimme.
»Ich habe mich noch gestern Nacht von Babsi getrennt.« Ich kann nicht anders, ein schadenfrohes Lächeln fliegt über mein Gesicht. Das geschieht ihr recht. »Und ich habe sie nie geliebt. Ich wollte mich nur von dir ablenken, aber insgeheim habe ich sie ständig mit dir verglichen. Und sie hat einfach nicht deine Klasse.« Balsam auf meine geschundene Seele. »Ich möchte nur mit dir zusammen sein.« Und dann kommt sein Gesicht immer näher und ich spüre seine schmalen, festen Lippen auf meinen. Plötzlich kommt die Erinnerung an Bernds weiche Lippen in mir hoch. An seine zärtlichen Küsse. Ich öffne die Augen und sehe Jans fein geschwungene Augenbrauen, den Kranz seiner langen, gebogenen Wimpern. Er öffnet ebenfalls die Augen und erwidert meinen Blick, nimmt mein Gesicht in beide Hände und flüstert:
»Helen, ich habe dich so vermisst. Bitte verzeih mir.«
»Ich weiß nicht«, flüstere ich zurück und das ist die Wahrheit. Ich weiß gar nichts mehr.
»Bitte, Helen«, wiederholt er und bedeckt mein Gesicht mit Küssen, »wir wollten doch heiraten. Was ist denn mit unseren Träumen. Mit unserem Haus am Meer. Mit Ivan, Clara, Lina und Luis. Wirf das nicht einfach weg.« Wer hat hier unsere Träume weggeworfen, will ich heftig erwidern, aber er verschließt meinen Mund mit einem weiteren Kuss: »Ich weiß, was du sagen willst und du hast Recht. Aber mal abgesehen von deiner Wut auf mich: Liebst du mich nicht auch noch? Zumindest ein kleines bisschen?« Erwartungsvoll sieht er mich an. Und ich schaue zurück. Natürlich liebe ich ihn noch. Wie könnte es anders sein? Zweieinhalb Jahre war ich glücklich mit ihm, ich wollte seine Frau werden, seine Kinder bekommen.
»Ja, ich liebe dich«, sage ich. Jan stößt einen Seufzer der Erleichterung aus und küsst mich wieder und wieder auf den Mund.
»Oh, Gott sei Dank, Gott sei Dank. Ich verspreche dir, dass ich dich glücklich machen werde, ich verspreche es.« Er nimmt mich auf die Arme und trägt mich aus der Küche hinaus.
»Wo …?«, fragt er, und sieht sich suchend um. Ich deute mit dem Finger auf meine Zimmertür, und er trägt mich über die Schwelle.
Später liegen wir erschöpft nebeneinander, ich drehe mich auf die Seite und Jan kuschelt sich an mich.
»Bist du auch so glücklich wie ich«, flüstert er und knabbert an meinem Ohrläppchen.
»Ja«, antworte ich und starre vor mich hin. Aber eigentlich bin ich gar nicht so glücklich. Ja, es war schön. Wunderschön sogar, aber trotzdem bin ich immer noch verwirrt. Und nur weil Jan sich entschuldigt hat, ist doch nicht plötzlich alles wieder gut. Oder?
»Vielleicht könntest du gleich ein paar Sachen einpacken und mit mir nach Hause kommen«, schlägt Jan vor und unterbricht damit meine düsteren Gedanken. Nach Hause? Ach so, ja, in unsere alte Wohnung.
»Ja, das könnte ich machen«, sage ich halbherzig, »aber meinst du nicht, wir sollten uns ein bisschen Zeit lassen, bevor ich wieder einziehe?«
»Warum das denn?« Es klingt enttäuscht.
»Ich dachte nur. Vielleicht sollten wir nichts überstürzen.«
»Ach Helen«, lacht er leise und dreht mich auf den Rücken, »du hattest dir doch vorgenommen, nicht mehr so verkopft zu sein. Jetzt hast du gleich Gelegenheit, deine
Spontaneität unter Beweis zu stellen. Aber vorher …«, grinst er verheißungsvoll und verschwindet unter der Bettdecke. Während er meine Brüste und den Bauch mit Küssen bedeckt, starre ich an die Zimmerdecke. Ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr so verkopft zu sein? Kann mich gar nicht daran erinnern, etwas derartiges gesagt zu haben. Ganz sicher nicht zu Jan. Sein Kopf rutscht tiefer und ich kann mich nicht mehr richtig konzentrieren. Deshalb schiebe ich meine Gedanken erst mal beiseite.
»Wie wäre es, wenn wir zu deinen Eltern fahren und ihnen unsere Neuigkeiten gleich persönlich mitteilen?«, schlägt Jan vor, als wir uns wieder anziehen.
»Ja, okay, können wir machen«, sage ich, als Dotty von außen gegen die Tür springt. Ich drehe den Schlüssel herum und lasse sie reinkommen.
»Muss das sein«, fragt Jan wenig begeistert und reibt sich schon wieder die Nase.
»Ja, muss es«, sage ich bestimmt und nehme sie auf den Arm.
»Okay«, sagt er friedfertig und bindet sich die Schnürsenkel zu. »Sollen wir nicht noch schnell einen Kaffee trinken, bevor wir loslegen mit Packen«, schlägt er vor.
Als wir die Küche betreten, sitzen Michael und Nick am Frühstückstisch.
»Das
Weitere Kostenlose Bücher