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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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noch sagen? Ich weiß doch schon alles. Ich war dir eine schreckliche Freundin. Ich bin oberflächlich und zwanghaft, und es war unerträglich, mit mir zu leben. Und anscheinend bin ich so ein hoffnungsloser Fall, dass du mir das noch nicht einmal sagen konntest, sondern lieber auf schwul gemacht hast, um dich ohne Probleme verdrücken zu können.« Mist. Ich kann nicht verhindern, dass mir die Tränen wieder in die Augen steigen. Verdammte Heulerei. Schnell wende ich mich wieder meinem Latte Macchiato zu, damit Jan es nicht sieht.
    »Helen, bitte warte doch mal«, unterbricht Jan meinen Redefluss und steht auf. Er tritt zu mir heran und legt mir eine Hand auf die Schulter. Wie eine getretene Katze fahre ich herum und fauche ihn an:
    »Wag es nicht, mich anzufassen.«
    »Entschuldige«, sagt er und zieht schnell seine Hand zurück, »bitte, ich muss dir unbedingt etwas sagen.« Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn an. Eigentlich will ich es gar nicht hören. Oder doch? Ich weiß es nicht. Jan holt tief Luft. »Helen, bitte glaub mir, dass es mir wahnsinnig Leid tut. Ich habe dich angelogen, weil
ich einfach nicht wusste, wie ich es dir sonst begreiflich machen sollte.«
    »Dass du mich nicht mehr liebst? Dass ich unerträglich bin? Ich denke, das hätte ich schon begriffen«, sage ich bitter.
    »Ich hatte einfach Angst, dass meine Argumente nicht stark genug sein würden.« Verblüfft sehe ich ihn an. »Ich wollte nicht mit dir diskutieren und ich wollte dir nicht wehtun. Na schön, nicht mehr als unbedingt nötig«, fügt er schnell hinzu, als er meinen Gesichtsausdruck sieht.
    »Und dann erzählst du mir, dass du schwul geworden bist und hältst das auch noch für eine gute Idee«, frage ich maßlos verblüfft.
    »Ich dachte, wenn ich auf Männer stehe, kann dich das als Frau nicht so sehr beleidigen.«
    »Du hast wirklich keine Ahnung von Frauen.«
    »Wohl nicht«, sagt er und hebt hilflos die Schultern, »glaub mir, es ist mir nicht leicht gefallen. Keiner behauptet gerne von sich, schwul zu sein, wenn er es nicht ist. Ich hatte echt Schiss, dass du es jedem erzählst. Aber ich dachte einfach, es wäre besser so. Für dich.«
    »Moment mal«, unterbreche ich ihn heftig, »willst du mir jetzt allen Ernstes erzählen, dass du mir mit dieser Lügengeschichte einen Gefallen getan hast?«
    »Naja, ich …«
    »Das willst du mir allen Ernstes erzählen?«, fauche ich ihn an.
    »Nein«, sagt er nach einer kurzen Pause. »Ich habe dich angelogen, weil ich ein Feigling war.«
    »Ja, das warst du«, sage ich leise und breche in Tränen aus.
    »Es tut mir so Leid«, flüstert Jan, und dann spüre ich seine Arme um mich herum, rieche seinen vertrauten Geruch
und schmecke seine Lippen. Ich weiß nicht, wie lange wir uns geküsst haben, als ich plötzlich wieder zur Besinnung komme und mich von ihm losreiße.
    »Was machst du denn da?«, herrsche ich ihn an. Er kommt sofort wieder einen Schritt auf mich zu und versucht, mein Gesicht in seine Hände zu nehmen.
    »Helen, ich liebe dich. Ich will dich zurückhaben.«
    »Hast du einen Knall?«, frage ich entsetzt und schubse ihn von mir weg. Er taumelt ein paar Schritte rückwärts und stößt sich die Hüfte am Küchentisch.
    »Au«, sagt er und reibt sich die schmerzende Stelle.
    »Entschuldigung«, knirsche ich zwischen den Zähnen hindurch, aber da kommt er wieder auf mich zu.
    »Nein, entschuldige dich nicht. Im Gegenteil. Los, schlag mir ins Gesicht.«
    »Wie bitte?«, frage ich verwirrt.
    »Du sollst mich schlagen. Ich war ein Schwein. Du bist wütend auf mich, und deshalb sollst du …« Ich lasse ihn gar nicht ausreden. Sämtliche Kontrollmechanismen in meinem Gehirn sind plötzlich lahm gelegt, ich hebe die Hand und schlage Jan mitten ins Gesicht. Meine Finger hinterlassen rote Striemen auf seiner Wange. Erschrocken sehe ich ihn an und sage schon wieder:
    »Entschuldigung.« Jan greift nach meiner Hand und küsst sie. Wie in Trance lasse ich es geschehen.
    »Als ich dich gestern dort auf der Bühne gesehen habe, da ist mir klar geworden, dass es ein großer Fehler gewesen ist, dass ich dich verlassen habe.« Seine braunen Augen sind voller Zärtlichkeit. »Ich liebe dich immer noch, Helen. Ich hätte niemals so einfach aufgeben dürfen. Ich hätte mit dir sprechen müssen, hätte dir sagen müssen, was mich stört. Ich habe alles viel zu schwarz gesehen. Ich glaube, dass wir es trotzdem schaffen können, gemeinsam.«

    »Und was ist mit Babsi«, frage ich

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