Venus und ihr Krieger
diese wundervollen Straßen, auf denen man so bequem reisen kann! Wenn ich an den Treck denke, als wir unsere Heimat am nordischen Meer verlassen haben! Wir sind mühsam durch morastigen Wald gezogen, haben uns teilweise Pfade schlagen müssen oder sind den geheimen Straßen der Bernsteinhändler gefolgt. Wir haben ein Jahr gebraucht, um eine Strecke zurückzulegen, für die wir hier keine drei Wochen benötigten.«
»Und dahin willst du wieder zurück?«, fragte Claudius lächelnd. Pila senkte den Blick. »Es ist mein Volk, meine Sippe, meine Heimat. Meines Vaters Knechte hatten die Felder bestellt, als ich gefangen genommen wurde.« Sie schwieg für einen Augenblick. Ja, sie sagte tatsächlich, ihres Vaters Knechte … Dabei hatte Sigmund selbst hinter dem Pflug geschwitzt, weil sie kaum noch Feldknechte hatten. Und sie selbst hatte die Schweine gefüttert, weil die Magd im letzten Winter gestorben war. Und doch wollte sie wieder dahin zurück, in die Obhut ihrer Sippe, wo sie sich geborgen fühlte.
Sie blickte Claudius von der Seite her an. Für Claudius würde es eine große Umstellung bedeuten, das raue Leben, die anderen Sitten … War sie vielleicht zu selbstsüchtig, wenn sie dieses Opfer von ihm verlangte? Doch in Rom gab es keine Zukunft für ihn, außer in der Arena zu sterben. Und welche Zukunft gab es für ihn in Germanien?
»Woran denkst du, Liebling?«, unterbrach Claudius ihre Gedankengänge. »Dein Gesicht erscheint mir so sorgenvoll.«
»Ach, es ist nichts. Mir ging so einiges durch den Kopf, alles dummes Zeug. Ich dachte, ob wir nicht einen Tag Pause einlegen könnten. Ich würde gern eine Therme besuchen und mich entspannen und einmal in einem richtigen weichen Bett schlafen.« Sie wollte nicht zugeben, dass sie sich seit einiger Zeit unwohl fühlte und das Schwanken auf dem Rücken ihres Maultieres kaum noch ertrug. Würde sie nicht die dicke Puderschicht im Gesicht tragen, die sie jeden Morgen vorsorglich erneuerte, hätte Claudius ihre blassen Wangen und die dunklen Ringe unter ihren Augen bemerkt.
Claudius überlegte. »Nun, Geld haben wir genügend, und ich glaube kaum, dass man uns noch verfolgt. Wir sollten eine Rast einlegen und unseren braven Maultieren auch eine Pause gönnen. In Ariminum werden wir uns eine gute Herberge suchen.« In der Küstenstadt Ariminum suchte Claudius eine einfache, aber saubere Herberge, wo sie sich für mehrere Tage ein Zimmer mieteten. Es kostete einen großen Teil ihres Geldes, aber Claudius bereute es nicht. Auch er war froh, wieder zivilisiert schlafen zu können. Außerdem wollte er einiges von Romelias Schmuck versetzen, um ausreichend Geld zur Verfügung zu haben.
Sie bekamen eine Kammer mit einem breiten Bett, einer Waschgelegenheit und einem Fenster zugewiesen. Das Wichtigste war, dass die Kammer zu verschließen war. Jetzt konnte er mit Pila einen Bummel durch die Stadt unternehmen, ohne dass jemand das Gepäck beaufsichtigen musste.
Zuerst jedoch erfrischten sie sich, kleideten sich um und ließen sich ein ausgiebiges Mahl bereiten, das sie auf dem Zimmer einnahmen. Es gab frisch gefangenen Fisch und selbst Pila, deren Magen seit Tagen zugeknöpft zu sein schien, mundete es, und sie verschlang eine große Portion gedünsteten Seefisch mit Gemüse und Brot. Dann legten sie sich in das frisch bezogene Bett und genossen die körperliche Nähe, als hätten sie sich seit Wochen nicht gesehen. Claudius räkelte sich zufrieden auf den glatten Laken.
»Da liegt dein Körper seit drei Wochen Nacht für Nacht neben mir und heute ist mir, als liebte ich dich das erste Mal.«
»Mir geht es ebenso«, flüsterte Pila und umschlang ihn. »Die Zivilisation der Römer hat eben auch einige Vorteile zu bieten, zum Beispiel ein frisch bezogenes Bett.« Sie lachte leise. »Claudius, bitte liebe mich, als wäre es das erste Mal!«
Pila wünschte sich nichts sehnlicher, als eine Therme zu besuchen, und Claudius ging es ähnlich. Hatte es Pila früher nichts ausgemacht, einen ganzen Winter nicht zu baden und sich nur mit kaltem Wasser zu waschen, so hatte sie, neben anderen Annehmlichkeiten, die römischen Bäder schätzen gelernt. Nach ihrem dreiwöchigen Ritt sehnte sie sich danach, sich im warmen Wasser zu entspannen.
Gemeinsam begaben sie sich am nächsten Tag zu den Thermen. Claudius verabschiedete sie an dem Badehaus, das nur für Frauen bestimmt war, nicht ohne sie vorher zu ermahnen, vorsichtig zu sein. Bevor sie die Herberge verließen, hatte Claudius
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