Venus und ihr Krieger
Über einen kleinen Nebenweg verließen sie die Stadt. In der Ferne sahen sie den Fackelschein einer Garnison. Jetzt wurden sie nicht nur von Romelia gejagt, sondern auch vom Präfekten von Ariminum!
Sie ritten die ganze Nacht hindurch und schonten ihre Pferde nicht, bis sie im Morgengrauen gezwungen waren zu rasten.
»Es gibt zwei Möglichkeiten«, sagte Claudius und rang nach Atem, während er die verschwitzten Pferde abrieb. »Entweder ich stehle irgendwo einen Wagen und wir spannen die Pferde davor, oder ich stehle Männerkleidung für dich. Eine reitende Frau ist genauso unmöglich wie ein Ziegenbock mit Euter.«
»Oh, Claudius, ich glaube, es hat alles keinen Sinn! Wir werden nie entkommen, sie werden uns überall finden. Spätestens an der nächsten Brücke fallen wir dem Brückenposten auf.«
»Eben deshalb müssen wir unsere Verkleidung wechseln. Sie suchen nach einem Mann und einer Frau. Doch zwei Männer …«
»Ich soll Männerkleidung tragen?« Pilas Stimme überschlug sich fast. »Nein, das bitte nicht auch noch!«
»Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, mein Liebling!«
Pila schlug die Hände vors Gesicht. »Oh Schande, oh Schande!«
»Du kannst noch etwas wehklagen, ich besorge uns inzwischen andere Kleidung. Etwas Geld habe ich noch, es reicht auch für Lebensmittel. Und dann reiten wir weiter bis zum Padus.« Er packte fest sein Schwert unter dem Mantel, und Pila war klar, dass er sich die neue Kleidung notfalls mit Gewalt beschaffen würde.
Zu einem Häufchen Unglück zusammengekauert blieb sie neben den erschöpften Pferden, während Claudius sich zu einer kleinen Ortschaft schlich, die etwa eine Meile vor ihnen lag. Der Tag brach an. Aus dem Dorf hörte sie Hähne krähen und Hunde bellen, sie sah Karren auf der Straße; Händler, Bauern mit Gespannen – und einen schnellen Reiter. Es war ein Kurier! Ängstlich verkroch Pila sich im Gebüsch und hoffte, dass die Pferde nicht wiehern würden. Gegen Mittag kehrte Claudius zurück. Er hielt eine seltsame Hose, wie sie die Fischer trugen, in der Hand und einen Kittel aus Sackleinen. Außerdem eine Kappe aus umschlungenem Tuch.
Als Pila diese Sachen anzog, kam sie sich vor wie die Lattengestelle, die sie früher immer zum Verscheuchen der Vögel auf die frisch gesäten Felder gestellt hatten.
»Ich habe einen berittenen Kurier gesehen, der der Straße nach Norden gefolgt ist«, erzählte Pila. »Vielleicht wäre es besser, wenn wir die Richtung wechseln.«
»Und wohin? Nach Westen? Wir müssen nach Ravenna, dann über den Padus nach Patavium. Von dort kannst du bereits die Berge der Alpen sehen!«
»Aber dort ist auch die Grenze. Wie sollen wir da hinüberkommen?«
»Mit Bestechung. Ich lasse mir etwas einfallen.«
Pila blickte verzagt. »Das geht bestimmt nicht gut.«
»Wir müssen es versuchen! Steig auf dein Pferd, die anderen Sachen lassen wir hier!«
Pila stand wie versteinert. »Ich kann einfach nicht mehr«, flüsterte sie und Tränen rannen über ihre Wangen.
Claudius, der bereits sein Pferd besteigen wollte, ließ den Sattel los und zog sie in seine Arme.
»Warum willst du aufgeben? Soll alles umsonst gewesen sein, was wir bisher durchgemacht haben?«
»Ich hätte dich da niemals mit hineinziehen sollen«, schluchzte sie. »Hättest du mich in der Arena sterben lassen, dann hätte alles ein Ende gehabt.«
»Ja, auch unsere Liebe. Bedeutet sie dir denn gar nichts mehr?«
»Oh doch! Eben weil ich dich liebe, zweifle ich daran, ob ich das Recht hatte, dein Leben zu zerstören.«
»Mein Leben? Beim Jupiter, Pila! Was war mein Leben schon wert? Ich glaube, die Götter wollen nicht, dass wir beide jetzt schon sterben. Sie haben etwas anderes mit unsvor.«
»Die Götter sehen das alles aus einer anderen Sicht. Weißt du, jeder Mensch muss über sein Leben selbst bestimmen können. Niemand darf über das Leben eines anderen verfügen. So war es in der Sklaverei, dass andere über mein Leben bestimmt haben. Doch in der Liebe ist es anders. Ich darf nicht von dir verlangen, dass du dein Leben für mich in Gefahr bringst.«
»Du hast es ja auch nicht verlangt, ich habe es aus freiem Willen getan. Und nun schenke mir ein kleines, bezauberndes Lächeln, bevor wir losreiten.« Er suchte ihre Lippen und spürte das Salz ihrer Tränen. »Ich hatte dir bereits einmal gesagt, egal, was passiert, du darfst nie vergessen, dass ich dich liebe.«
Sie nickte und wischte sich verstohlen mit dem Handrücken über das Gesicht. Ihr Puder
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