Venus und ihr Krieger
steinerne Treppe, die hineinführte. Doch als ihr Fuß das Wasser berührte, zuckte sie erschrocken zurück. Das Wasser war warm!
Drusilla plätscherte vergnügt im Wasser und winkte aufmunternd. Sigrun kam es immer noch nicht geheuer vor. Warum war das Wasser warm, wärmer als die Luft? Das konnte nicht möglich sein! Doch gleichzeitig empfand sie den Drang, in dieses warme Wasser zu steigen und es der rundlichen Frau nachzutun, die sich jetzt vergnügt lachend streckte und prustete.
Sigrun überwand sich und tastete sich Schritt für Schritt in das Becken. Die beiden anderen Sklavinnen blieben am Rand stehen und reichten Tücher und kleine Gefäße auf einem Tablett. Misstrauisch beäugte Sigrun die Behälter. Doch als Drusilla eines der Töpfchen öffnete und sich dann mit einem wohlriechenden Öl einsalbte, wich Sigruns Vorsicht, und sie tat es der Frau nach. Diese nickte zufrieden und half nun der Fremden, ihren Rücken zu waschen. Das warme Wasser übte einen angenehmen und entspannenden Einfluss auf Sigrun aus. Obwohl sie bei jedem unbekannten Geräusch auffuhr und ständig fluchtbereit zu sein schien, konnte sie sich andererseits dem wohl tuenden Bad nicht entziehen und ließ es zu, dass die andere sie wusch und ihr Haar entwirrte.
Nachdem Drusilla die Neue leidlich gereinigt und ihr langes Haar halbwegs geglättet hatte, streckte sie sich neben ihr im Wasser aus und plätscherte mit den Füßen. Sie zeigte wieder mit dem Zeigefinger auf sich und sagte: »Drusilla.«
Dann zeigte sie auf Sigrun und schwieg. Sigrun hatte verstanden. Sie zeigte auf die Frau und sagte: »Drusilla.«
Drusilla nickte und lachte. Da zeigte Sigrun auf sich und sagte: »Sigrun.«
Drusillas Augen weiteten sich. »Schgrrr …« Sie konnte die Laute nicht nachahmen und schüttelte den Kopf.
»Sigrun«, wiederholte Sigrun und lächelte nun ebenfalls.
»Siiigurrr …« Drusilla lachte laut und patschte mit den Händen ins Wasser, dass es spritzte. »Aqua! Wasser!«
»Aqua«, wiederholte Sigrun. Drusilla nickte wieder und lächelte. Dann ergriff sie eines der Tonfläschchen, träufelte etwas von seinem Inhalt auf die Hand und hielt es Sigrun unter die Nase.
»Oleum.«
»Oleum«, sagte Sigrun. Sie erhob ihre Hand und zeigte sie Drusilla.
»Manus.« Drusilla freute sich, dass Sigrun endlich aufzutauen schien. Sie nahm eine ihrer Haarsträhnen. »Capillus.« Dann deutete sie auf ihren Mund – »oris«, auf das Auge – »oculus«, die Nase – »nasus«, die Brust – »pectus«, den Arm – »bracchium«.
Sigrun achtete genau auf Drusillas Worte. »Capillus, oris, oculus, nasus, pectus, bracchium«, wiederholte sie und zeigte dabei auf die betreffenden Körperteile.
Drusilla lachte laut und spritzte Sigrun übermütig mit Wasser voll.
»Aqua«, rief Sigrun, »aqua, aqua!« Dann streckte sie sich aus und pustete Luft ins Wasser, dass Blasen aufstiegen.
Drusilla verließ das Becken und winkte Sigrun, dass sie ihr folgen sollte. Draußen wickelte Drusilla sie in ein großes, weiches Tuch und trocknete sie vorsichtig ab. Eingehend betrachtete sie Sigruns Wunden und trug dann eine kühlende Salbe auf. Sigrun hielt still. Diese Frau wollte ihr nichts Böses antun, das fühlte sie.
Beim Ankleiden musste Drusilla ihr helfen. Verzückt hielt Sigrun das Kleid vor sich. Das feine Stoffgewand schien wie von Feenhand gewebt und im Vergleich zu ihren derben Wollsachen fast unwirklich schön. Drusilla schloss das ärmellose, schlichte Kleid über Sigruns linker Schulter. Der rechte Arm musste frei bleiben. Doch davon wusste Sigrun nichts. Mit offenem Mund blickte sie an sich herunter. Immer wieder strich sie über den dünnen Stoff, der in feine Falten fiel. Das Gewand war kurz und gab Sigruns schlanke Beine frei. Drusilla seufzte leise. Es würde bestimmt nicht lange dauern, bis Valerius der Faszination dieser Beine verfiel.
Drusilla führte Sigrun durch Flure und Zimmer, deren Pracht Sigrun mit offenem Mund bestaunte. Sie war froh, als sie in einen schlichten Nebentrakt des Hauses gelangten, in dem es nur einfache Kammern gab und wo die Haussklaven wohnten. Doch selbst der schlichte, kleine Raum, den sie mit Drusilla teilen sollte, erschien ihr fürstlich. Zwei Liegen standen darin, jede mit einem sauberen Laken überzogen. Eine bunt gewebte Wolldecke lag darüber. Drusilla zeigte auf Sigruns Bett. »Cubile.«
Zögernd legte sich Sigrun hinein. Das Bett war weich, der Bezug sauber, und die Wolldecke duftete nach Lavendelkraut. Drusilla
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