Venus und ihr Krieger
zentral gelegenen Brunnen, sodass Pila kein Wort von dem verstand, was die beiden sprachen. Besser gesagt, Romelia sprach, während Lentulus stumm zuhörte. Einige Male schüttelte er den Kopf, doch dann nickte er. Romelia zog unter ihrer Stola einen Beutel voll Münzen hervor. Er war dick und schwer, es mussten viele Sesterzen drin sein. Lentulus nahm den Beutel an sich, nickte abermals und verabschiedete sich mit einer angedeuteten Verbeugung von Romelia. Diese erwiderte seinen Gruß nicht, sondern blickte dem grobschlächtigen Mann nur stumm nach.
Pila kam dies alles sehr seltsam vor. War es eine Spende für die Fechtschule in Capua? War es die Belohnung für den besonders spannenden Endkampf? Oder kaufte sie sich hier einen Handlanger für ein Verbrechen? Sie wusste, dass Romelia verschwenderisch mit Geld umging, wenn es sich um ihren eigenen Luxus handelte. War sie selbst nicht die Nutznießerin, dann grenzte ihr Geiz bereits ans Krankhafte. Nur selten kam es vor, dass sie irgendjemandem etwas schenkte, nicht einmal ihren eigenen Kindern, geschweige denn Sklaven oder Fremden.
Schnell huschte Pila in das Haus zurück, um nicht entdeckt zu werden. Fast hatte sie die Küche erreicht, als hinter ihr Romelias schrille Stimme erklang.
»Pila! Sofort in mein Gemach!«
Romelia war mit ihrer Absprache, die sie mit Lentulus getroffen hatte, zufrieden. Geschickt wie ein Politiker hatte sie das Spiel eingefädelt. Niemand würde ihr auf die Schliche kommen, am allerwenigsten Valerius. Nun fehlte ihr eigentlich nur noch eines zu ihrem Abenteuer – eine blonde Perücke!
Da sich Valerius außer Haus befand und wahrscheinlich bis zum Abend auf dem Forum bleiben würde, war sie ungestört. Nun wollte sie endlich der blonden Haare habhaft werden, um derentwillen sie in der letzten Zeit so hart hatte kämpfen müssen. Diesmal konnte Valerius Pila nicht zu Hilfe eilen. Und wenn er heimkam, würde es zu spät sein.
Romelia begab sich zurück ins Haus und rief nach Pila. Ohne ihr Erscheinen abzuwarten, eilte sie voraus in ihre Privaträume. Sie setzte sich vor ihren Frisiertisch und nahm einen polierten Kupferspiegel zur Hand. Sie betrachtete eingehend ihr Gesicht und das dunkle Haar. Ihre Haut war hell, auch dank der Salbe aus Bleiglätte, die sie täglich auftrug und die nun ihre Wirkung zeigte. Doch wenn sie neben Pila stand, fühlte sie sich dunkel wie ein verbranntes Huhn. Ihr Haar war schwarz wie das Gefieder eines Raben und kräuselte sich in Locken, die sie mit Spangen, Haarreifen und Bändern zu bändigen versuchte. Und ihre Augen leuchteten wie polierter Onyx. Eigentlich könnte sie sich als schön bezeichnen, wenn ihr Ideal nicht weiße Haut, blondes Haar und blaue Augen wären. Und eben so sah Pila aus. Am liebsten hätte Romelia Pilas Augen ausgestochen und ihre Haut abgezogen. Doch was hätte ihr dies genützt? Zumindest am Haar konnte sie sich schadlos halten und das war ihr eine kleine Genugtuung.
Pila trat ein und blieb an der Tür stehen. Romelia ließ sie eine geraume Weile warten, bis sie den Spiegel weglegte.
»Komm her zu mir!« befahl sie und zeigte mit dem Zeigefinger auf den Boden vor sich. Gehorsam trat Pila näher.
»Knie dich nieder!«
Pila zögerte kurz, bevor sie sich vor Romelia niederkniete. »Dein Haar ist schön geworden. Drusilla hat es wirklich ausgezeichnet gepflegt«, sagte Romelia und befühlte Pilas Zöpfe.
Pila schwieg. Doch ihr Körper spannte sich an. Sie ahnte nichts Gutes, denn Romelia ließ sie nicht in ihr Gemach kommen, um ihr Schmeicheleien zu erzählen.
»Ich glaube, so ist es gut«, redete Romelia weiter, als wenn sie zu sich selbst sprach. Sie griff auf den Frisiertisch und hielt ein Rasiermesser in der Hand. Es war ein wertvolles Messer aus geschärfter Bronze mit einem Griff aus Elfenbein. Romelia benutzte es, um ihren Augenbrauen einen sanften Schwung zu verleihen und um ihr Körperhaar zu entfernen.
Sie packte Pilas Zopf und setzte das Messer an. Pila riss die Arme hoch. »Herrin, was tust du?«, schrie sie auf.
»Das siehst du doch, du dumme Gans. Ich schneide dein Haar ab. Was willst du damit? Mir steht es besser als Perücke. Und nun halt still, damit ich nicht so viel von der Länge verliere!« Sie fuchtelte Pila mit dem Messer vor dem Gesicht herum.
Mit einer heftigen Bewegung schlug Pila Romelia das Messer aus der Hand, das in hohem Bogen durch den Raum flog. Romelias Gesicht verfärbte sich purpurrot.
»Du wagst es …« zischte sie wie eine Schlange und
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