Venus und ihr Krieger
wollte, solange ihr Gatte in Rom weilte, konnte er noch verstehen. Dass sie ihre arg vernachlässigte Freundin an diesem Spaß teilhaben ließ, konnte er auch verstehen. Aber dass sie jetzt mit dieser unseligen Entführungsgeschichte anfing … Claudius hatte davon gehört, dass Gladiatoren reiche Frauen entführt hatten. Meist war es jedoch wohl eher so, dass die Frauen die Gladiatoren zu dieser Entführung gedrängt hatten. Vielleicht war manchmal sogar wirklich Liebe im Spiel. Doch vielfach endete so eine Flucht tragisch. Der Gladiator hatte sein Leben verwirkt und die edle Dame wurde entweder aus der Gesellschaft verstoßen oder ebenfalls zum Tode verurteilt. Und doch war es dieser morbide Nervenkitzel, der solche Frauen wie Romelia dazu trieb.
»Übereile es nicht, das muss gründlich überdacht werden«, beschwichtigte er Romelia. »Vielleicht solltest du mit Athenais doch zum Tempel des Bacchus gehen.«
»Bedenke es nicht zu lange, lieber Claudius. Aber das mit dem Bacchustempel ist keine schlechte Idee. Und du wirst uns begleiten.«
»Ich?«
»Ja, du. Du wirst mit uns die Bacchanalien zelebrieren. Und noch jemanden möchte ich dabeihaben.«
»So? Wen?«
»Pila!«
Es war tief in der Nacht, als sich vier in dunkle, einfache Gewänder mit Kapuzen gekleidete Personen der Tempelanlage des Weingottes Bacchus näherten. Athenais zögerte, aber Romelia zog sie mit sich.
»Komm, ich habe eine der Priesterinnen bestochen, damit sie dich an den Bacchanalien teilnehmen lässt. Eigentlich ist es ja gar nicht gestattet, Uneingeweihte an den Mysterien teilhaben zu lassen.«
Claudius und Pila folgten den beiden Frauen. Pila war erregt und ängstlich zugleich. Nachdem Romelia ihr so unverhohlen gedroht hatte, blieb ihr wohl oder übel nichts weiter übrig, als ihre Herrin zu begleiten. Mittlerweile hatte sie begriffen, dass Athenais alles daransetzte, schwanger zu werden. Doch ihre Opfer bei Isis, ihre Nächte an der Seite von Claudius ließen zwar ihre körperliche Schönheit erblühen, aber kein Kind unter ihrem Herzen wachsen.
Ihre Sklavin Acme wurde bei jeder Gelegenheit in Tiefschlaf versetzt. Anfangs glaubte Acme, dass der Wein daran schuld sei und verweigerte die angebotenen Getränke. Doch Athenais, die Gefallen an Claudius und seinen Verführungskünsten gewonnen hatte, musste ihre Sklavin, deren Vertrauen sie nicht besaß, für die jeweilige Nacht ruhig stellen.
»Acme, mir scheint, du leidest an Fallsucht. Immer, wenn wir unser Haus verlassen haben, fällst du irgendwann um. Hinterher weißt du dann von nichts. Ich glaube, ich muss es dem Herrn mitteilen. Als Leibsklavin kann ich dich natürlich nicht mehr gebrauchen. Vielleicht schickt er dich zur Feldarbeit.« Athenais blickte Acme mitleidig an.
Acme erschrak. Feldsklaven hatten ein furchtbares Los. Sie arbeiteten schwer und wurden von den Peitschen der Aufseher angetrieben. Viele Sklaven starben früh. Schonung gab es nicht, denn Sklaven waren so billig, dass es besser war, sich einen neuen Sklaven anzuschaffen, als einen kranken wieder gesund zu pflegen.
»Herrin, ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Noch niemals zuvor hatte ich eine derartige Krankheit.«
»Du siehst, manche überkommt es im Schlaf. Nun ja, ich will Gnade walten lassen und dich vorläufig noch nicht fortschicken. Romelia hat mir eine Medizin für dich gegeben, die du nehmen musst, sobald es so aussieht, als würdest du wieder umfallen.«
»Ja, Herrin, ich danke dir.« Acme war viel zu verwirrt und verängstigt, um das Ränkespiel zu durchschauen. Und so brachte Romelia, Athenais oder Pila der armen Acme immer eine kleine Übelkeit bei, ob mit Riechstäbchen oder einem Getränk, einer präparierten Frucht oder einer Salbe. Und wenn Acme zu taumeln begann, reichte Pila ihr einen Becher Wasser mit bewusster Essenz, die sie für mindestens zehn Stunden schlafen ließ.
Anfangs hatte Pila ein schlechtes Gewissen dabei, doch sie musste Romelias Anweisungen befolgen und es gab ihr jeweils die Gelegenheit, Claudius zu sehen. Es schmerzte Pila tief im Herzen, zu wissen, dass Claudius entweder bei Romelia oder bei Athenais nächtigte, aber er nutzte jede Gelegenheit, auch wenn es nur wenige Minuten waren, um Pila zu treffen. Das waren für Pila die schönsten Augenblicke, und sie vergaß für einen Moment alles um sich herum. Claudius wirkte immer fröhlich, glücklich und schrecklich verliebt, wenn Pila in seinen Armen lag. Doch Pila zweifelte immer noch an der Ernsthaftigkeit
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