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Venus

Venus

Titel: Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Buschheuer
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sich vor, diesen Yuppie-Arschlöchern, seinen Kollegen, vorerst nichts davon zu erzählen. Sollen die sich doch einen Wolf recherchieren im Internet! Ihn geht die Sache nichts mehr an. Man will seine Arbeitskraft nicht mehr, er betrachtet sich also selbst als im wohlverdienten Vorruhestand. »Was für ein Freudentag das ist«, murmelt Boone auf dem Weg zu God’s Motel mehrfach vor sich hin.
    Doch ganz so rosig sieht die Sache nicht aus. Boone ist immer noch von Kopfschmerz geplagt, zudem von Weltschmerz und einem starken Gefühl der Nutzlosigkeit. Wortkarg lässt er sich von einem dicken, pferdeschwänzigen jungen Mann mit schriller Lache in einGästezimmer führen. Um Jahre gealtert fühlt sich Boone, gebrechlich, bettlägerig. Ohne große Umschweife legt er sich in das vorgefundene dilettantisch gezimmerte Bett. Es ist dasselbe Bett, in dem unsere Venus, seine Ex-Hauptverdächtige, am ersten Tag geschlafen hat, aber das weiß Boone ja nicht, genauso wie er nicht weiß, wie nahe er ihr gerade ist. Er starrt auf ein Madonnenbild und schmollt mit der Welt. Wir haben ihm höchstpersönlich Bettruhe verordnet. Der Inspektor soll uns nicht in die Suppe spucken, nicht jetzt, wo sich endlich was tut. Jetzt, wo sie sich bald kriegen, die gefallene Prinzessin und der Bettelmönch, die Mörderin und der Heilige.
    Während Boone, der im Zimmer keinen Fernseher ausmachen kann, seufzend Der alte Mann und das Meer über den schmerzenden Kopf hebt und zu lesen beginnt, von dem Fischer, der seit vierzig Tagen keinen Fisch mehr gefangen hat und der nun als »Salao« gilt, was die schlimmste Form von glücklos ist, sitzt das Steakmessermodel, seine Apfelblüte, derweil nebenan im Goldbrokatzimmer und wartet ganz prosaisch auf das Klingeln der Eieruhr. Sie würde, ohne zu zögern, die Muffins im Ofen verkohlen lassen, wenn ihr Held dazwischenkäme. Aber ihr Held lässt auf sich warten, die Eieruhr klingelt, und sie nimmt die Muffins heraus, alles in Zeitlupe. In den nächsten Minuten wird er eintreten, gemächlichen Schrittes, den strammen Bauch herausgestreckt, denn mittags pflegt er Mau an der Rezeption, wie der Schreibtisch im Goldbrokatzimmer vollmundig genannt wird, abzulösen. Als er wenig später tatsächlich eintritt – nach dem Zeitplan der Glücklichen Sklaven Gottes kann man die Uhr stellen –, sind beide allein im Zimmer.
    Der Bliss Swami senkt trotzdem die Stimme: »Ich hab etwas für dich.«
    Er kramt irgendwo in den Falten seiner Mönchskutte, verlegen, linkisch, und schiebt eine hosenwarme Gebetskette über den Tisch. Die Kette ist nagelneu, mit an einem Strick aufgeknoteten Perlen, grob behauen wie Bliss Swamis, aber leichter, heller, noch ungefügig. Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Soll sie sich etwa freuen? Soll sie etwa auch ihre Hand in einen Baumwollsack stecken? Soll sie den Zeigefinger durch ein Loch nach außen spießen und Gebete brabbeln so wie er?
    Kuki nähert sich auf Klingelfüßen. Sie trägt die Haare gescheitelt, in zwei langen, dicken, geflochtenen, schwarzen Zöpfen. Ein indisches Schneewittchen, doch die scharfe Nase unter zusammengewachsenen Brauen kündet von einem Schuss böser Königin.
    »Oho«, ruft sie in neckendem Ton. »Sieht ganz so aus, als ob der Bliss Swami mal wieder auf Freiersfüßen wandelt!«
    Der Orange Riese errötet. Venus versteinert. Kuki greift nach der Kette, hält sie gegen das Deckenlicht, macht gurrende Geräusche der Verzückung, als bestünde sie aus glitzernden Diamanten, legt sie sich spielerisch um den Hals und wirft sie dann Venus zu.
    »Nimm dich in Ahacht!«, ruft sie und verschwindet. Da Venus versteinert ist, kann sie die Kette nicht fangen. Sie fällt zu Boden. Der Bliss Swami setzt sich an den Tisch, räuspert sich und beginnt zu beichten. In Zeitlupe setzt sich Venus neben ihn.
    »Ähm … das ist so«, erzählt er der Tischplatte, »in den letzten Jahren habe ich manchmal Angst gehabt, Angst vor dem Mönchsein, Angst, bis zu meinem Tod zölibatärzu leben, allein zu leben, allein zu sterben, einsam zu leben. Einmal habe ich Kuki gefragt, ob sie mich heiraten will.«
    Venus schweigt. Ihr Gesicht brennt wie Feuer. Der Sonnenbrand vom Spaziergang tags zuvor. Eine Allergie, eine Liebesallergie. Oder Scham. Sie taucht unter den Tisch, angeblich, um die Kette aufzuheben.
    »Sie hat mich ausgelacht«, sagt Bliss Swami. Venus hat etwas Scharfkantiges im Hals. Sie ist gefangen zwischen den Mauern ihrer weggeschlossenen Erinnerung und dem Scharfkantigen, sie

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