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Venus

Venus

Titel: Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Buschheuer
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Toga? Toga war Mönch?«
    »Ja.«
    »Aber er ist doch verheiratet!«
    »Leider!« Mau macht nonverbal deutlich, dass er den Diener des Dieners nicht von der Bettkante schubsen würde, aber Venus starrt durch ihn hindurch.
    »Er ist gefallen«, sagt Mau. »Er ist ein gefallener Mönch. In den Vedischen Schriften steht, das ist wie Kotze fressen.«
    »Das steht da?«
    »Ja, da steht ja auch, Schwulsein ist pervers.« Mau lacht bitter. »Anyway, ich bin ja nicht mehr schwul. Ich war schwul. Seit zwei Jahren bin ich gar nichts mehr. Jedenfalls sind Frauen Feuer und Männer sind Butter …«
    »… steht in den Vedischen Schriften?«
    »Genau. Frauen bringen Männer zum Schmelzen, locken sie weg von Gott.«
    »Na super. Was ist denn das für ein Gott, der den Mann aus dem Paradies rausschmeißt, nur weil er eine Frau liebt?«
    »Na, und ein Mann, der einen Mann liebt, der darf gleich in die Hölle«, sagt Mau seufzend. »Ab in den Fahrstuhl und zack, Basement.«
    »Wie ging es weiter mit den beiden?«
    »Ich war ja damals noch nicht hier, das ist vier oder fünf Jahre her. Das ist ja auch der Grund, weshalb er nicht Guru geworden ist. Ist mir jedenfalls erzählt worden. Sie kam ihm nach, aus Thailand, wo er grade einen Tempel gebaut hatte. Dann wurde sie aufgestöbert und ausgewiesen, und er saß traurig rum. Der Bliss Swami hat ihn zum Flughafen geschickt. Wenn du sie liebst, heirate sie«, soll er gesagt haben.
    »Bliss Swami?«, fragt Venus, Hoffnung in der Stimme.
    Mau grinst und nickt. Venus schüttelt ungläubig den Kopf.
    »Ich hätte den beiden gar keine Liebesgeschichte zugetraut. Sie wohnen ja nicht mal in einem Zimmer.«
    »Sie führen eine sexlose Ehe.«
    »Du willst damit sagen, sie hatten nie Sex? Miteinander oder überhaupt?«
    »Bin ich Jesus? Wächst mir Gras aus den Taschen? Keine Ahnung!«
    »Er lebt wie ein Mönch, und sie lebt wie eine Nonne, nur dass sie verheiratet sind?«
    »Genau! Anyway, auf diese Weise können sie zusammen sein, aber er darf sein Keuschheitsgelübde nicht brechen.«
    Venus sieht sich mit Kopftuch und langem raschelndem Rock in der Morgenzeremonie sitzen, wimpernlos, Blumengirlanden aufreihend, stumm, den Zeigefinger aus dem Gebetssack spießend.
    »Aber warum haben sie dann geheiratet?«
    Mau pustet sich eine Haarsträhne aus der Stirn und hängt das Geschirrhandtuch über die Herdklappe. »Greencard. Liebe. Was weiß ich.«
    Bringfriede, deren gellende Schreie die Gäste in God’s Motel nicht nur unruhig machen, sondern zum Teil auch vertreiben, wird nachmittags von zwei Sanitätern abgeholt. Es heißt, sie bringen sie ins Bellevue, in die städtische Nervenklinik. Venus wäre besorgter, wäre vielleicht sogar mit ins Spital gefahren, wenn ihre Gedanken nicht fast vollständig von ihrem Mönch absorbiert wären. Den ganzen Nachmittag, den ganzen Abend und Großteile der Nacht denkt sie nach über den Spaziergangmit dem Swami und über Togas Ehe, über Besessenheit, Kotzefresserei und den emotionalen Stellenwert von Sex.
    Sie beobachtet Toga und Maria Magdalena. Plötzlich interessiert sie sich für dieses Paar. Sie gehen freundlich miteinander um, liebevoll, ruhig. Sie arbeiten gemeinsam, sie flüstern sich Dinge zu und lachen. Offenbar ist Maria Magdalena doch nicht stumm oder taub. Noch gestern waren ihr beide so langweilig und uninteressant gewesen. Nun sind ihre Phantasien entfacht. Wie keusch ist diese Ehe wirklich?
    »Hast du das mit der sexlosen Ehe gewusst?«, fragt sie Kuki.
    »Na klar«, sagt die, »jeder hier weiß das. Hier wurden Wetten abgeschlossen, ob das gut geht.«
    »Hast du das gewusst?«, fragt sie Benito.
    »Na, das merkt man doch«, sagt der. »Der totale Triebstau. Sie läuft rum wie drei Tage Regenwetter und er hat Sodbrennen und einen Putzfimmel. Die wären beide interessante Fälle für den Psychiater.«
    »Habt ihr das gewusst?«, fragt Venus Winter und Alien. Alien nickt, verdreht die Augen, deren Iris heute rot-blau kariert ist, und fuchtelt mit der Hand vor der Stirn herum. Winter lächelt verschämt und murmelt »Sorry!«.
    In der Nacht, in der sie zum ersten Mal allein in ihrem Zimmer schlafen wird, findet sie einen hastig hingekrakelten Brief von Strickliesl auf ihrem Bett. Zweifelsohne einen Beweis ihrer Zuneigung:
    »Liebste Venus!
    Bei Eutergeschwulst der Kuh muss man einen lebendigen Maulwurf in ein Tuch wickeln, ihm den rechten Vorderfuß abbeißen und ihn mit der Hand erwürgen.Mit derselben Hand, mit der man den Maulwurf erwürgt hat,

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