Venusbrüstchen: Roman (German Edition)
lasse ich’s doch gleich. Nachher denken die Balinger, ich sei eine Hexe. Obwohl ich ja nun wirklich mit der Wahrsagerei aufgehört habe.
Mädels, ich habe eine turbulente Woche hinter mir. Gerald Hilberich ist noch hier (nee, eigentlich nicht, aber das kommt noch) und macht’s sich in der Abstellkammer gemütlich. Der Wurz ist abgereist. Nach der zweiten Nacht. Erst fragte ich mich, haben die zwei was miteinander, aber dann … Auch Männer haben Freunde.
Hilberich zahlte tatsächlich für eine Woche im Voraus. Schließlich kriegt er ja auch ein reichhaltiges Frühstück. Aber wenn er wirklich weiterhin bleibt, muss er sich das selber machen. Es verwundert mich jeden Tag, plötzlich im Haus einen Mann zu sehen.
Nun kommt es aber.
Es wurde Mittwoch. Eigentlich ein ganz normaler Vormittag. Eigentlich. Es klopfte an der Haustür. Da dies nur Leute aus dem Dorf machen, sagte ich zu Hilberich, machen Sie mal auf. Ich hörte eine Männerstimme. Ehe ich verstand, wer dort sprach, rannte mein Gast schon zurück, an mir vorbei, riss seine Jacke vom Haken und verschwand durch die offene Hintertür. Also jene, die in den Garten führt.
»Was ist denn los?«, fragte ich, ging zur Tür und dort stand Dirk Fischer, unser Dorfkriminalist und Hauptwachmeister.
»Komm rein.« Ich wollte, dass Dirk nicht länger draußen stand. Es wirkt nicht besonders, wenn schon morgens die Polizei ihre Aufwartung macht. In so einem kleinen Dorf spricht sich derartiges wie ein Flächenbrand rum. Dirk kam mit in die Küche. Ich goss Kaffee ein. »Was führt dich zu mir und warum rennt bei deinem Anblick mein Gast wie von Geistern gejagt davon?«
Dirk wirkte mit einem Mal sehr amtlich. »Bei dir wohnt zur Zeit –«, er zog ein Papier aus seiner Uniformjacke, »Gerald Hilberich. Richtig?«
Verdutzt nickte ich.
»Woher kennst du ihn?«
Ich erzählte, wer er war.
»Hat er schon auf dein Haus angezahlt?«, fragte Dirk nachdenklich und setzte gleich nach: »Du hättest mich ja auch mal fragen können. Wir, also Amanda und ich, suchen dringend Eigentum, genau so etwas wie dein Häuschen. Wir erwarten Nachwuchs.«
Hilberich hatte noch nicht angezahlt.
»Und daraus wird auch nichts«, erklärte Dirk. »Dieser Mann wurde vor anderthalb Jahren aus der JVA Stammheim entlassen. Bewaffneter Raubüberfall. Eine Filiale der Raiffeisenbank hatte er beehrt und eine Menge Geld erbeutet. Aber die Beute wurde nie gefunden. Hilberich hat alles abgestritten. Es kam zu einem Indizienprozess. Aber wenn er jetzt dein Haus kaufen will, na ja. Bis heute ist er arbeitslos, auch wenn er dir anderes erzählt hat. Und wenn er was bezahlt, dann kann es nur aus der Beute stammen. Womöglich zahlt er in bar. Dann wäre er ja fein raus. Du sagst, er wohnt schon bei dir? Hat er dafür was hingelegt?«
Ich nickte. »Bar.«
»Du musst mir das Geld aushändigen«, sagte er. »Die Scheine müssen überprüft werden.«
Ich sagte, dass ich es schon ausgegeben hätte.
»Aber auf dein Haus hat er noch nichts angezahlt?«
Gott, der Dirk wurde penetrant, und ich konnte das auch nicht glauben, was er mir über den Hilberich erzählte.
»Einen rechtskräftigen Vertrag habt ihr?«
Ich nickte.
Dirk trank seinen Kaffee aus, überlegte, stand auf. »Der Mann kann ja nicht weit gekommen sein. Ich sag meinen Kollegen Bescheid. Sollte er hierher kommen, rufst du mich sofort an. Jedenfalls solltest du mit deinen Gästen vorsichtiger sein.«
Mir fiel ein, was Hilberich gesagt hatte. Wegen dem Ärger mit seiner bisherigen Wohnung. Ich sagte es Dirk.
»Das wissen wir. Er ist mit seiner Miete im Rückstand.«
***
Dirk bekam Verstärkung, aber den Hilberich fanden sie auch mit dem Auto nicht. Inzwischen ist es Samstag geworden. Seine Sachen stehen hier rum, und er ist bis jetzt nicht wieder aufgetaucht.
Nicht gut, wenn das alles wahr ist. Aber warum sollte mir Dirk etwas Falsches erzählen? Abends schließe ich nun dreifach ab. Gucke draußen nach, ob er sich vielleicht in der leeren Regentonne versteckt. Aber – ich stelle abends Butterbrote und eine Thermoskanne Kaffee nach draußen. Und – wisst Ihr was? – morgens sind die Brote weg und die Kanne ist leer.
Was mache ich denn nun? Es Dirk erzählen? Dann sagt der, ich sei eine Mittäterin. Also warte ich ab.
Nur – den Verkauf meines Häuschens kann ich mir abschminken. Ich werde baldigst dem Dirk ein Angebot unterbreiten. Ich will hier weg, jetzt ganz besonders!
Gerade, als ich über die Höhe meines Angebots nachdachte,
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