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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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beneidete diesen Jef.
    Nick stellte die Gläser in die Spüle und nahm eines wieder heraus, um doch noch einen Gin Tonic zu trinken.
    Er nahm Leos Glas. Am Rand waren deutliche Spuren eines tiefroten Lippenstiftes. Nick hasste diese Ränder. Er war nicht einmal sicher, ob er tiefrote Münder mochte, und doch nahm er dieses Glas, als sei das ein Zeichen von Verbundenheit.
    Viel Gin und zu wenig Tonic. Er verkam zum Säufer.
    Nick trank und schlug Leos Blättchen auf, das noch auf dem Küchentisch lag. Lauter Leute mit Kindern auf dem Arm. Madonna hatte auch schon zwei. Es lief was schief bei ihm. Ein Leben als einsamer Wolf hatte er nie angestrebt.
    Er schlug das Heft zu und zögerte, es auf das Altpapier zu legen, das sich in seiner Besenkammer sammelte.
    Tacheles reden. Heiratsantrag. Es musste ernst gemacht werden. Notfalls eine Trennung. Viel war vom Zusammensein ohnehin nicht übrig geblieben.
    Nick legte das Heft auf den Ikea-Katalog, der auf einem Stapel Bildbände neben dem alten Ledersofa lag. Ganz brüchig war das Leder. Gab wirklich nicht allzu viel Glanz bei ihm. Früher einmal hatte Leo an dem legeren Stil Gefallen gefunden.
    Er ließ sich auf das Sofa fallen und dachte an fünf Frauen, deren Leben zu Ende war. Keine Kinder. Keine Sofas.
    Pit hatte seit dem Tag, an dem die fünfte Tote gefunden worden war, nichts, von sich hören lassen. Noch am Fundort hatte er Nick das Versprechen abgenommen, keiner Seele von den Tätowierungen zu erzählen. Nun ja. Die Seele Vera war schon vor dem Versprechen eingeweiht worden.
    Die gesamte Kripo musste inzwischen die Tattoos kennen. Doch überall nur Stillschweigen. Auch in den Zeitungen, die tagelang das Leid eines alten Mannes aus Georgien ausgeweidet hatten. Doch auch darüber schienen sie nun nichts mehr zu sagen zu haben.
    Nick leerte das Glas und stand auf.
    Er sollte wirklich anfangen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Hätte er nicht noch Geld von der großen Serie über das Elend der Alten in den Heimen, wäre er schon am Ende. Viel getan hatte er nicht in letzter Zeit.
    Wahrscheinlich war es das, was Leo auf die Nerven ging.
    All das Elend, das er aufspürte und fotografierte und längst nicht aus dem Kopf bekam, wenn die Bilder gedruckt waren.
    Keine Hochglanzdramen, wie sie bei Leo stattfanden.
    Einfach nur Elend. Traurigkeit. Tod.
    Er ging an seinen Schreibtisch und schaute auf die zehn Fotografien, die dort lagen. Zwei von jeder Toten. Eines zeigte den Kopf und den oberen Körper. Das zweite Foto zeigte nur den Hals. Würgemale. Einen winzigen Fleck.
    Nick ließ die Lupe liegen. Er kannte die Flecken zu Genüge.
    Welch kranker Geist, der Frauen tötete und ihnen kleine feine Klingen an den Hals setzte, um einen Spruch los zu werden.
    Wie viele wollte er noch umbringen, um verständlich zu sein?
    Alle gehen davon aus, dass es ein Mann ist, dachte Nick, ich auch. Würgten Frauen nicht?
    Erwürgen ist bei Sexualdelikten sehr häufig, hatte Pit gesagt.
    Keine der Toten war sexuell missbraucht worden.
    Er ging in die Küche und holte den Gin aus dem Kühlfach.
    Goss die Neige Tonic Wasser dazu, die noch in der Flasche war. »Stell dir vor, der Täter ist eine Frau«, sagte er laut.
    Vielleicht wurde er ja einfach nur betrunken.
    Anni Kock tat einen Spritzer Sidol auf den Lappen, der kein Lappen war, sondern ein Fetzen Schlafanzug. Vera heulte immer noch auf, wenn sie sah, was Anni da zum Polieren des Silbers und Wachsen der Möbel in Händen hielt.
    Der Schlafanzug war alt gewesen und voller Löcher. Darin durfte Vera nicht mal im Dunkeln erwischt werden. Diese Neigung, ein Lieblingsstück noch zu tragen, wenn es längst ein Lumpen war, hatte das Kind immer schon gehabt. Vera konnte ein Snob sein. Doch sie hing an alten Sachen.
    Gab eben nichts Besseres als ein Stück guten englischen Flanellschlafanzuges, um ein Türschild aus Messing zum Glänzen zu bringen. Anni hauchte und wischte.
    Gustav Lichte. Nicht mal ein eigenes Schild hatte Vera in achtzehn Jahren angebracht. Doch das würde jetzt anders werden, wenn dieser Klavierspieler erst mal hier einzöge.
    Dann konnten die beiden ihr Schild neben das von Gustav hängen. Fast fing Anni an, sich zu freuen.
    Kaum einer, der die Briefklappe noch nutzte. Anni hob den Deckel und brachte auch ihn zum Glänzen. Vor kurzem hatte der Klavierspieler einen Brief durchgeworfen, den Anni dann auf dem Boden der Diele fand. Konnte wohl gut Liebesbriefe schreiben, der Kerl. Vera war den ganzen Nachmittag durch die

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