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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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von der Seite des großen Verlages, dem ein Steg von der Bahn bis zur eigenen Drehtür gebaut worden war. Zu klein, die Frau. Zu zierlich. Perak drehte sich um und schaute zu den Schiffen, die dort drüben festgemacht waren. Sah sie ihn aus der Ferne und entschied sich gegen ihn? Wirkte er lächerlich in diesem naturfarbenen Leinenanzug? Wie ein höherer Beamter aus den Tropen, Abgesandter einer vergangenen Welt?
    Philip Perak fühlte sich unsicher. Sein Elan war dahin.
    Er setzte sich auf die silberblanke Bank, die sauber aussah.
    Das Schlimmste geschah, seine Hände wurden feucht.
    Die Bahn der Linie 3 lief ein, und er stellte erst da fest, dass es schon zehn Minuten über die verabredete Zeit war. Sollte alles umsonst gewesen sein? Perak wischte sich verstohlen die Handflächen an der hellen Hose ab.
    Eine Frau mit vollen Alditüten in der Hand stieg aus. Zwei junge Männer, die zu dem Verlag hinübergingen. Die Frau mit den Tüten streifte ihn fast. Sie wirkte angetrunken.
    Aus einer der Tüten fiel ein Teil zu Boden, und Perak bückte sich automatisch, um es aufzuheben. Doch er ließ es liegen, als er ein Wäschestück erkannte. Eine Unterhose vielleicht.
    Die Frau trollte sich zur Treppe, und Philip Perak erhob sich von der Bank, um ebenfalls zum Ausgang zu gehen.
    Die Dame, die auf ihn zukam, war groß und schön. Er hatte ganz vergessen, wie schön sie war. Das Haar sah aus wie Seide, und die Augen schienen ihm in dem weißen Licht der Bahnstation blauer und dunkler als Saphirblau.
    Ein Traum, dachte Perak, ein großer Traum.
    »Verzeihen Sie den seltsamen Ort«, sagte die Saphirblaue.
    Ihre Stimme war weich und wohl temperiert. »Ich arbeite da drüben«, sagte die Stimme und eine lange schmale Hand deutete auf das gegenüberliegende Ufer, dort, wo die Speicherstadt aufhörte und die neuen Bürohäuser an der Kehrwieder begannen.
    Einen Gedankensplitter lang tönte es in Peraks Kopf, ob da drüben auch Prostituierte ihr Domizil hatten.
    Die Saphirblaue lächelte, als läse sie den Gedanken. »Ich liebe das Besondere«, sagte sie, »ich handele mit Kunst.«
    »Wohnen Sie hier in der Nähe?«, fragte Perak.
    »Nein. Aber ich habe mein Auto hier stehen.« Diesmal zeigte die schmale Hand zur Überseebrücke. »Vielleicht wollte ich Sie noch einmal im gnadenlosen Licht dieser Station hier betrachten«, sagte die Saphirblaue, »es war nur ein kurzer Eindruck vor dem Schaufenster des Juweliers.«
    Perak sah an seinem hellen Leinenanzug hinunter und fühlte sich unwohl. Was hatte ihn geritten, den anzuziehen.
    »Sie haben bestanden«, sagte sie und legte die Hand auf den Leinenärmel. Kurze tiefrote Nägel. Hatte er nicht gerade gelesen, dass lange Krallen gewöhnlich waren?
    »Wären Sie einverstanden, zu mir zu fahren?«, fragte Perak. Warum es nicht verkürzen? Sie war eine souveräne Frau.
    »Sie wollen doch keinen schnellen Sex?« Die Saphirblaue lächelte. Ihm war klar, dass sie das Heft in der Hand hielt.
    Philip Perak schüttelte den Kopf. Nein. Er wollte keinen schnellen Sex. Er hätte Angst davor gehabt. Diesen Vogel einfangen wollte er. Prächtig wie Vera.
    »Ich könnte Ihnen auf dem Klavier vorspielen«, sagte er, »und vielleicht spielen wir dann das eine oder andere Spielchen?«
    »Das klingt wunderbar«, sagte die Saphirblaue.
    Sie stiegen die Treppe hinunter, und sie führte ihn das kurze Stück zu ihrem Wagen. Philip Perak stand das Herz still.
    Ein Aston Martin. Nicht das neueste Modell, aber dennoch, sie musste gut verdienen beim Handel mit der Kunst. Alle seine Träume erfüllten sich.
    Er hoffte nur, dass sie etwas aushielt. Doch konnte man sich bei ihr Zimperlichkeit vorstellen? Philip Perak stieg ein, und das kühle Leder des Sitzes, an dem er sich festhielt, tat seinen aufgeregten Händen gut.
    Die Saphirblaue drehte den Zündschlüssel.
    »Sagen Sie mir den Weg an?«, fragte sie.
    Philip Perak sagte den Weg an, und die Saphirblaue fuhr die ihm vertraute Strecke, und alles war anders für ihn.
    Die Leiche des älteren Herrn wurde am Abend des zwölften Juli gefunden. Es war eine der Leichen, die sofort mit dem Kiez in Verbindung gebracht wurde. Nicht, dass die Kripo dann in ihrem Eifer nachgelassen hätte, doch es ging ihnen weniger ans Herz, als eine tote junge Frau mit einer fragwürdigen Tätowierung am Hals es tat.
    Pit war es, der den Toten als Holländer Michel identifizierte, seit vierzig Jahren auf dem Kiez beschäftigt, in den letzten zehn in gehobener Position. Drogen.

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