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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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Rhiannon zusammen begraben hatte, war eine weitere offene Wunde, die ich zu berühren nicht ertragen konnte.
    Als die Zeit verging und die Wunde an meiner Seite heilte, schwand auch der Horror vor dem, was Clint getan hatte. Es wurde mir möglich, an ihn zu denken, ohne in Trauer zu versinken.
    Der erste Schneefall in Partholon roch nach ihm.
    Der Gesang der Vögel erinnerte mich an ihn.
    Jedes Mal, wenn die Seele eines Baumes mich rief, hörte ich das Echo seiner Stimme.
    Und ich konnte mit meinem Ehemann keine Liebe machen. Er hatte den Wechsel nur einmal angerufen. Als er in seiner menschlichen Gestalt vor mir stand, sah ich nur das Bild von Clint. Trauer überwältigte mich. Ich konnte nicht aufhören zu weinen. ClanFintan verwandelte sich zurück in seine zentaurische Gestalt und tröstete mich wortlos im Schutz seiner Arme.
    Seitdem hatte er nicht wieder versucht, mich zu lieben, und ich hatte ihn nicht darum gebeten.
    ClanFintan räusperte sich, und mir fiel auf, dass er noch auf eine Antwort wartete. Ich suchte und fand seinen Blick. „Heute geht es um Clint, nicht um sie.“ „Ich dachte, die Trankopfer wären für die Seelen der toten Kriegen“
    Mein Ehemann hielt meinem Blick stand.
    „Nein“, erwiderte ich zögernd. Wie immer fiel es mir schwer, mit ClanFintan über Clint zu sprechen. „Ich habe sie für Clints Seele mitgebracht. Es ist an der Zeit, dass ich mich dem stelle. Sein Opfer verdient es, gewürdigt zu werden.“
    „Wie du meinst, Rhea.“
    „Was, wenn er es irgendwie merkt?“ Meine Stimme brach. „Ich bin seitdem nicht wieder hier gewesen. Ich konnte ihm nicht einmal meinen Dank aussprechen.“ Mein Blick bettelte ClanFintan an, zu verstehen.
    „Ich danke ihm jeden Tag“, sagte er ruhig.
    Ich nickte, weil ich Angst hatte, beim Sprechen in Tränen auszubrechen. Ich hatte ClanFintan eine verkürzte Fassung meiner Erlebnisse in Oklahoma erzählt. Einiges hatte ich ausgelassen, um ihm den Schmerz zu ersparen, und anderes, um mir nicht noch mehr wehzutun, aber er hatte verstanden, dass Clint sein Leben dafür gegeben hat, dass ich zu meinem Ehemann zurückkehren konnte, in die Welt, in die ich gehörte.
    Ohne dass er es jemals laut aussprach, war ich sicher, dass er ebenso verstand, dass Clint mich geliebt hatte und ich ihn.
    In letzter Zeit hatte ich den zunehmenden Wunsch verspürt, zur alten Lichtung zurückzukehren. Es war eine Pilgerreise, die ich einfach unternehmen musste. Nach zwei Monaten hoffte ich, ausreichend genesen zu sein, um meiner Erinnerung und dem Verlust gegenübertreten zu können – und endgültig einen Abschluss zu finden.
    Vielleicht konnte ich sogar mir selbst vergeben.
    „Wir haben die Lichtung erreicht.“
    Victorias kräftige Stimme erscholl über ihre Schulter. Dougal folgte ihr, dann kamen Epi und ich mit ClanFintan an unserer Seite.
    Ich hielt Epi an und rief Victoria. Sie und Dougal schauten mich neugierig an.
    „Ich muss als Erste gehen“, sagte ich nur. Bevor sie etwas dagegen einwenden konnten, hob ich eine Hand. „Die Göttin hat mir versichert, dass mir nichts passiert.“ Und das hatte sie. Epona hatte mich sogar zu diesem Ausflug ermutigt. Als ClanFintan protestieren wollte, zog ich meine Trumpfkarte. „Würde ich irgendetwas tun, das unserer Tochter schaden könnte?“
    „Ich bleibe an deiner Seite.“ Das war eindeutig keine Frage.
    Ich nickte.
    „Victoria und Dougal, bleibt in der Nähe.“
    Auch sie nickten und warteten in angespannter Stille, bis wir die Lichtung erreichten.
    Als wir die Baumlinie durchbrachen, schloss ich die Augen. Langsam hob ich den Kopf und öffnete sie wieder. Die grünen Blätter der Zwillingseichen füllten den Himmel. Sogar jetzt, da ich wusste, was mich erwartete, war es ein Schock, sie in vollem Ornat zu sehen, nachdem ich gerade durch einen kahlen, blattlosen Wald geritten war. Es ging eine leichte Brise, und das zarte Geäst wiegte sich sanft in ihrem Rhythmus. Als wir näher kamen, ließ ich meinen Blick an ihnen entlang bis zu ihren dicken, moosbedeckten Stämmen gleiten.
    Ein Farbschimmer zupfte am Rand meines Sichtfeldes. Einen Augenblick drückte Furcht mir die Kehle zu, aber schnell merkte ich, dass es sich nicht um einen dunklen, öligen Schatten handelte. Mein Blick fiel auf den Boden, und ich schnappte überrascht nach Luft.
    „Was ist los, Rhea?“, wollte ClanFintan barsch wissen; ich hörte die Sorge in seiner Stimme.
    „Oh“, stieß ich atemlos und glücklich aus. „Es ist nichts Schlimmes.

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